Ein FEST, mit den ÖBB zu reisen!
Warum die ÖBB kreativ und engagiert den FEST-Tarif erfunden haben und wie sie den Bahnfahrern nicht unter die Arme sondern in die Taschen greifen
Das soll mal einer sagen, die ÖBBlerInnen seien nicht kreativ und willens, ihre Finanzmisere in den Griff zu bekommen! Das ganz Gegenteil ist der Fall! Nur ist die gefinkelte Kreativität, wie man Budgetlöcher stopft, auf Anhieb gar nicht so leicht zu durchschauen.
Kommen Sie mit auf einen kleine Ausflug und ich zeige Ihnen, wie sehr sich die ÖBBlerInnen abmühen, dem Steuerzahler nur ja nicht unnötig zur Last zu fallen.
Da hat man in Stockerau zum Beispiel - eh schon lange! - den Schalterdienst auf wenige, kurze Augenblicke reduziert, damit nur ja keine kostenintensiven Überstunden anfallen. Die Arbeit verrichten nun auch schon ein paar Jährchen Fahrkartenautomaten. Leider streiken auch diese verflixten Dinger ganz nach ÖBB-Manier auch manchmal. Um auf die Statistik der Ausfallhäufigkeit endlich mit Stolz und Zufriedenheit blicken zu können hat man nun in Stockerau die Zahl der Automaten von zwei auf einen einsamen Blechtrottel reduziert. Hauptsache die Statistik schaut wieder gut aus. Die Schlangen vor dem letzten einsamen Blechtrottel auch.
Dass der Automat sich nicht womöglich am Wechselgeld derwürgt und ständig kostenintensiv frische Münzen nachgefüllt werden müssen, nimmt er nur ziemlich genau abgezählte Beträge und reagiert echt verschnupft, wenn man eine Fahrkarte um zum Beispiel 9 Euro womöglich mit einem Zwanziger zahlen möchte.
Ja, nun steht man als gelernter und über die Jahre disziplinierter und daher geduldiger Fahrgast in der Schlange vor dem letzten, einsamen Automaten, blickt mit einem Auge nervös auf die Uhr und dem anderen auf die lange Schlange. So! Der Zug ist nun auch weg. Aber eh egal, den Zwanziger hätt der Automat sowieso nicht genommen und das Bankomat-Modul ist auch wieder kaputt.
So, das passiert mir nicht noch einmal, denke ich als lern- und anpassungsfähiger Fahrgast. Für den Wochenendtrip nach Moskau kaufe ich mir die Fahrkarte zum Flughafen doch gleich vorweg im Internet. Kein Warten in der Schlange und kein zickiger Automat, der meine großen 20-Euro-Scheine und meine Bankomatkarte verschmäht. Doch groß ist das Erstaunen: Das Internet spuckt nur den sündteure CAT als einzige Verbindung zum Flughafen aus. Keine Spur von einer ganz gewöhnlichen und entsprechend günstigen Schnell- oder Regionalbahn. Nicht mit mir denke ich und eine halbe Stunde später habe ich das Internetsystem auch schon in die Knie gezwungen und drucke stolz und zufrieden gleich das Hin- und Rückfahrticket zum Normaltarif aus.
Auf dem Weg zu Bahnhof suhle ich mich noch einmal im Gedanken, den Sanierungsbemühungen der Bahn auf meine Kosten doch ein Schnippchen geschlagen zu haben. Doch irgendwie habe ich in Erinnerung, dass der Preis von 9,20 Euro so hoch doch noch nie zuvor war. Von leichten Zweifeln über meinen Sieg gegen die ÖBB geplagt, stelle ich mich mit den zwei ausgedruckten Tickets in die Reihe der Wartenden beim zickigen und einsamen Fahrkartenautomaten. Jetzt will ich es wissen, sage ich mir und tippe gespannt die Fahrt zum Flughafen in den Automaten. Das darf doch nicht wahr sein! Entfährt es mir zum Schreck der wartenden Schlange. Das Ticket am Automaten ist um ganze 2 Euro billiger als im Internet! Jetzt haben mich die ÖBB doch noch erwischt, einen Sanierungsbeitrag zu leisten.
Gemächlich von Station zu Station gleitend sinniere ich über mein finanzielles Missgeschick. Da plötzlich, kurz vor Schwechat ereilt er mich, der Geistesblitz. Die zwei Euro mehr sind vermutlich eine Gebühr für mehr Sicherheit beim Erwerb einer Fahrkarte. Dass es einem tatsächlich noch zeitgerecht gelingt eine Fahrkarte in Händen zu haben, statt dem zickigen, einsamen Automaten sie dann doch nicht zu entlocken, muss einem doch zwei Euro wert sein – oder? Das ist es: Der von findigen ÖBBlerInnen geschaffene Fahrkarten-Erwerbs-Sicherungs-Tarif – kurz FEST genannt!
Während ich noch bewundernd über diesen genialen Sanierungsschachzug der ÖBBlerInnen sinniere, wird mir klar, wie gut diese zwei Euro für Hin- und die zwei Euro für die Rückfahrt mit dem FEST investiert sind. Eine mich sanft aus meinen Gedanken rüttelnde freundliche Stimme vom Band klärt mich auf. Wer es nicht schafft, einen Fahrschein dem einsamen zickigen Automaten zu entlocken darf sich mit 65 Euro in Bar oder 95 Euro per Erlagschein an den kreativen Sanierungsbemühungen der ÖBB großzügig beteiligen. Frohes FEST!
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