„Immer ist irgendwas“ von Andreas Nastl
Sehr feine Geschichten. Frisch eingetroffen!
VON MANFRED KELLNER
LANGENLOIS Fünf Bücher hat der Langenloiser Andreas Nastl seit 2004 bereits veröffentlicht - vom autobiografischen Roman „Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach?“ über die Dialektbände „Wia ma da Schnowe gwoxn is“ und „eigfleischte wegetaria - und aundare meakwüadichkeitn“ bis zu „Miss Verständnis - und andere ganz, halb oder gar nicht lustige Geschichten“ und - in Koproduktion mit Wolfgang Kühn - „Vostviecha“. Dazu kam 2019 und 2020 ein Solo-Kabarett-Programm mit dem Namen „Vorsicht Fräskante“. Jetzt legt Nastl unter dem Titel „Immer ist irgendwas“ einen Band mit Erzählungen vor - voller „Geschichten aus dem Reich, in dem die Sonne nie aufgeht“, so der Untertitel.
Das Schreiben von Geschichten, so erzählt Andreas Nastl gern, und so schreibt er es auch im Vorwort seines neuen Buches, „ist für mich wie das Sammeln von außergewöhnlichen Steinen, die am Weg liegen“. Unzählige davon gäbe es, aber nur wenig würden beachtet, betrachtet oder gar aufgehoben. Schön, dass sich der Autor die Mühe gemacht hat, die Geschichten, die er am Wegesrand erlebt oder erdacht hat, aufzuheben und vor allem aufzuschreiben.
Berichte über das Absurde im Normalen
So berichtet Nastl in seinem neuen Buch über die Normalität des Absurden - oder zumindest über das Absurde im Normalen. Er setzt in seinen Texten auf skurrile Wendungen, auf nicht erwartete Schlusspassagen, auf Witz im besten Sinne des Wortes. Denn für ihn, so unterstreicht er, heißt schreiben auch, die Wahrheit in einen heiteren Mantel zu packen - und sie so unter die Leute zu bringen. Doppelbödiges und Hintergründiges findet sich immer wieder, man muss schon aufpassen auf das, was man liest, damit es einem nicht plötzlich so geht wie dem Migranten, der die Frage der österreichischen Supermarktkassiererin „Sackl a?“ als Gruß „Sag Allah!“ versteht und ihn fürderhin als „Grüß Gott!“ verwendet. Sorgsam beschreibt Nastl seine Szenerien, spitzt gern kabarettistisch zu und bleibt dabei doch immer so dicht an der Realität, dass man schon genau lesen muss, um zu erkennen, dass die eigene Umgebung, ja: man selbst gemeint ist.
Wo die Sonne nie aufgeht...
Schon der Buchuntertitel kann unterschiedlich verstanden werden: als Geschichten, die im Weinkeller erzählt werden, wo ja die Sonne nie aufgeht - oder als Geschichten aus der tiefsten, der dunkelsten Provinz. Die Erzählungen selbst lassen beide - und wahrscheinlich noch mehr - Lesarten zu: Da geht es etwa um die nächtliche Ruhestörung durch einen Marder im Hinterhof, um die Eignung der Nasenflöte für Fensterkonzerte oder um die Grenzen von Deutsch-für-Ausländer-Kursen, die an der Supermarktkasse jäh deutlich werden. Da wird über den Weinkeller von damals sinniert, über die Weisheiten der Mutter und die Schlauheit des Vaters oder über die überraschenden Eigenschaften eines Käpt’n auf einem Touristensegler im Mittelmeer. Nastl breitet eine überraschende Steinsammlung von Menschen unterschiedlichster Wesensart aus - die sowohl viele Erscheinungsarten tiefster Provinz abdeckt als auch die Möglichkeit, über sie im Keller beim Wein trefflich herzuziehen.
Aber so oder so: Es ist eine lesenswerte Sammlung von sehr feinen Geschichten. Wer sie nicht zu Ostern geschenkt bekommt, sollte sie sich bei nächster Gelegenheit selbst kaufen. Und lesen!
>>> Andreas Nastl: Immer ist irgendwas
Weitra 2022, 208 Seiten, Hardcover,
ISBN: 978-3-99126-051-6, 20 Euro
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