Mit Zwang nur bei Lebensgefahr
KREMS. KREMS. Eingerollte Zehennägel und übelriechende verkrustete Geschwüre. So wurde ein 74-jähriger Insasse der Justizanstalt Stein in die Sonderkrankenanstalt. Eigentlich hätte der wegen versuchten Mord verurteilte Häftling seine Haftstrafe längst verbüßt. Doch der Mann mit schweren psychischen Problemen ist ein Pflegefall.
Der 'Falter' deckte die Geschicht von Wilhelm F. auf, der Behandlung ablehnte. Deshalb saß er im Maßnahmenvollzu in Stein.
Vollzugsdirektor Christian Timm kennt als ehemaliger Leiter die Justizanstalt Stein genau. "Ich habe damals mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass Insassen mit psychischen Störungen nicht nach Stein gehören. Trotzdem: An diesem Vorfall darf nichts beschönigt werden. Aber Stein hat die schwierigsten Insassen in Österreich. Es gib sehr wohl Therapien, ärztliche Behandlungen, etc. doch wenn diese von Insassen abgelehnt werden, können die Beamten sie nicht dazu zwingen. Bei der Hygiene ist die Privatspähre zu wahren. Eine Zwangsbehandlung kann nur bei Lebensgefahr angeordnet werden." Timm erklärt, dass die Möglichkeiten für psychisch Kranke Häftlinge gering sind. "Diese sollten in kleinen mit speziell geschultem Personal untergebracht werden. Es gibt Strukturschwächen in Österreich, in anderen Staaten ist das besser geregelt. Schockiert zeigte sich Volksanwältin Brinek über den Bericht im „Falter“, der die Verwahrlosung im Maßnahmenvollzug untergebrachten Häftling aufzeigt. Die Volksanwaltschaft wird mit ihren Kommissionen die begonnene Menschenrechtsprüfarbeit in den Strafvollzugsanstalten verstärkt fortsetzen um derartige Missstände in Zukunft verhindern zu helfen.
„Der tragische Fall von Versagen verweist auf ein Strukturproblem, das mehrere Ebenen umfasst. Ich erwarte mir rasche Konsequenzen und werde ein Prüfverfahren einleiten.“ Ziel ist es, dass zügig ermittelt wird, wie es zu der skandalösen Vernachlässigung des Untergebrachten kommen konnte.
Drei Beamte der Justizanstalt Stein wurden bereits vom Dienst suspendiert.
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