Offene Herzen als Türöffner und Wegbereiter

- Wolfgang Almstädter (3. v. rechts) mit "seinem Team" und vier Flüchtlingen aus Afghanistan.
- hochgeladen von Heinz Riedmüller
Langenlois beherbergt im Zuge einer Kooperation zwischen Pfarre und Gemeinde seit Jahresbeginn 2015 bis zu 16 Kriegsflüchtlinge - inklusive Verpflegung und aktiver Alltagsgestaltung. Eine Bestandsaufnahme in zwei Teilen.
Die beiden Institutionen des Ortes am Loisbach folgen dem gemeinsamen Anliegen, sich aktiv dem Thema Asyl zu stellen, statt nur darüber zu reden. Während seitens der Pfarre zwischen sechs und acht Flüchtlinge aus dem Irak untergebracht sind, gewährt Wolfgang Almstädter in seinem Haus in der Bahnstraße bis zu acht Asylwerbern aus Afghanistan Unterkunft.
„Die Gemeinde hat mich, da in meinem großen Haus eine Wohnung frei war, gefragt und ich habe spontan zugesagt“, erzählt Almstädter, künstlerisch umtriebiger Inhaber einer kleinen Werbeagentur. „Ich war rasch überfordert von den administrativen Aufgaben. Ebenso schnell ist mit der Hilfe vieler Freiwilliger aus der Stadt ein Stein ins Rollen gekommen, eine unglaubliche Welle der Solidarität entstanden, die alles einfacher gemacht hat“, blickt der Idealist bescheiden in Richtung einer kleinen Tafel an der Wand der Gemeinschaftsküche. Sie ist das Zentrum des Geschehens, auf dem alles Wichtige für jeden zugänglich notiert wird: Neben regelmäßigen Deutschkursen alle Arztbesuche, Arbeitseinsätze und Visiten: der montägliche Besuch des Sozialarbeiters, um die 38,50 Euro pro Kopf und Woche auszubezahlen und die 14-tägige Visite der Diakonie, wo es um spezielle Bedürfnisse oder Anliegen der Flüchtlinge geht. Beides wesentliche Bestandteile des Asylverfahrens, an dessen Ende die - aus Sicht der Antragsteller bestenfalls positive - Asylentscheidung steht.
Asylverfahren: Spießrutenlauf mit ungewissem Ausgang
Der Ablauf ist vielschichtig, beginnt mit einem Erstgespräch in Traiskirchen: Motive für die Flucht und Ziele, woher, wohin, warum. Möglichst zeitnahe folgt ein zwischen drei und fünf Stunden dauerndes Interview mit Dolmetschern. Details zur Flucht, zur jeweiligen Herkunft, zu Familie, Freunden, Lebensgewohnheiten usw. werden abgefragt. Innerhalb von sechs Wochen ein positiver oder negativer Bescheid. Je besser vorbereitet ein Asylwerber zum Interview kommt, umso größer seine Chancen auf einen positiven Bescheid. Lern-, Arbeits- und Integrationsbereitschaft sind Top-Faktoren.
Folgt ein Negativ-Beschied, erhält der Antragsteller Sekundärschutz und bekommt eine zweite Chance. Im Falle eines positiven Interview-Ausgangs darf sich der Asylwerber in Österreich Wohnsitz und Arbeit suchen. Bereits vier ehemalige „Almstädter-Schützlinge“ konnten diese Hürde meistern. Zurzeit bereiten sich sieben afghanische Kriegsflüchtlinge auf ihr Interview vor, ein weiterer ist nach gemeisterter Hürde bereits auf Suche nach einem Zuhause und Job. Die bei Almstädter Untergebrachten sind ausschließlich anerkannte Asylwerber mit Aufenthaltsberechtigungskarte - diese ermöglicht es ihnen, ausschließlich bei Arbeitgebern mit Gemeinwohl-Charakter („Heimatgemeinden“, gemeinnützige Vereinigungen, Arche Noah Schaugärten etc.) einer Tätigkeit zu einem Lohn von max. 110 Euro/Monat nachzugehen. Tatsächlich liegt das monatliche Einkommen weit darunter.
„Es ist ein Kommen und Gehen geworden, laufend wird nachbesetzt“, freut sich Almstädter, der zurzeit nicht ans Aufhören denkt: „Wir sind im Ort bereits so gut organisiert, dass ich ohne weiteres sogar auf Urlaub gehen könnte“. Der Gastgeber vertritt trotz aller Solidarität die Ansicht, dass Überschaubarkeit ein entscheidender Faktor für das Funktionieren, das Wechselspiel von Solidarität und Achtung ist. "Wir dürfen bei aller Ambition die Menschen in den Gemeinden nicht mit einer überdimensionalen Anzahl an Flüchtlingen überfordern, da könnte die Stimmung rasch kippen". Die Bürgerservicestelle des Rathauses, Herr Schiegl, und Pastoralassistent Leitner sind nach wie vor auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, in Langenlois Kriegsflüchtlinge aus den Krisenregionen aufzunehmen.
Bei meinem Besuch im Haus von Wolfgang Almstädter findet gerade Deutschunterricht statt. Je eine aktive und eine ehemalige Lehrerin sowie eine Mitarbeiterin der Donau-Uni legen sich ins Zeug, um den lernwilligen jungen Männern die wesentlichen Grundlagen unserer Sprache zu lehren. Die Stimmung ist mehr als gut, auf beiden Seiten freut man sich über die raschen Lernfortschritte, die den Flüchtlingen den Weg in eine bessere Zukunft ebnen sollen. Wolfgang Almstädter bietet mir an, etwas über die Fluchtmotive und die Reaktion der Bevölkerung auf die neuen Mitbewohner in Langenlois zu erzählen. Ich folge ihm gespannt in den Garten, wo ein paar Hühner unaufgeregt nach Futter suchen.
Teil 2 demnächst: Flucht als letzter Ausweg und Solidarität als erster Zugang.
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