Nach 82 Jahren wieder zurück im Stift Göttweig
Geraubt und geschenkt?

Krems im Flaggenschmuck. Diese Postkarte schrieb die Familie Wasservogel nach Palästina. Im Hotel "Alte Post" war die SS einquartiert. 
Archiv: Robert Streibel
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  • Krems im Flaggenschmuck. Diese Postkarte schrieb die Familie Wasservogel nach Palästina. Im Hotel "Alte Post" war die SS einquartiert.
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Bei der Übernahme der „Alten Post“ in Krems durch den neuen Besitzer Othmar Seidl wurde auch ein schmiedeisernes Gitter an das Stift Göttweig übergeben. Manche sprachen auch von einem Geschenk. Diese Rückkehr eines Kunstwerkes nach einer so langen Zeit wirft einige Fragen auf. Kann etwas das geraubt wurde eigentlich dem ursprünglichen Besitzer geschenkt werden?

Bevor die Geschichte erzählt wird, ist wie heutzutage so üblich eine Triggerwarnung notwendig. Die heute lebenden Personen haben nichts mit dem Raub zu tun und der erhobene Zeigefinger ist keine Geste, die angebracht ist. Doch wie bei geraubten Bildern ist die Provenienzforschung ein interessantes Feld.

Das Stift Göttweig wurde durch die Gauhauptstadt Krems in der Zeit des Nationalsozialismus „eingezogen“. Während sonst im Deutschen Reich Klöster durch das Reich eingezogen wurden, legte der Oberbürgermeister Franz Retter alles daran, damit die Stadt Besitzerin des Klosters wurde. Der Stadtarchivar Dr. Hans Plöckinger sah damit eine alte Schuld beglichen, denn das Stift sei immer so etwas wie ein Bollwerk gegen das deutsche Reich gewesen.
Im Jahr 1941 wird das Kremser Stadtmuseum neu eröffnet und die „Kleine Volks-Zeitung“ schreibt am 16. September 1941 aus diesem Anlass, dass es Dank des Einschreitens durch den Oberbürgermeister dem Kremser Heimatforscher Dr. Plöckinger möglich wurde, einen großen Teil der bisher im Stift Göttweig verborgenen Kunstschätze durch deren Aufstellung im Stadtmuseum nunmehr erstmalig der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Nicht alle Kunstschätze landeten im Museum und nicht wenige fanden den Weg in Büroräume des Bürgermeisters oder zu Privatpersonen. In dieser „Aktion“ dürfte auch das schmiedeiserne Gitter, das über dem Eingang ins Refektorium angebracht war, aus Göttweig „verschwunden“ sein.
Nach dem Krieg sollen bei weitem nicht alle Kunstschätze restituiert worden sein und es gab einen Pater, der, wenn er bei besseren Kreisen in Krems zum Essen eingeladen war, eine besondere Angewohnheit hatte. Bevor er sich auf einen alten Stuhl setzte, dreht er diesen einfach um, um sicherzugehen, dass er nicht vielleicht auf einem Stuhl aus Göttweig sitzen würde, den er dann nach der Nachspeise gleich mitnehmen könne.

Wie das schmiedeiserne Gitter in die „Alte Post“ kam, darüber gibt es keine Details, außer dem Hinweis, dass der Besitzer alles rechtmäßig gekauft habe. Gemeinsam mit Pater Johannes Paul aus Göttweig konfrontierte ich 2016 nach einem hervorragenden Backhuhn die Besitzerin des Hotels mit der Geschichte des schmiedeisernen Gitters. Sie war überrascht und erklärte, dass sie keineswegs an eine Rückgabe denken würde. Wir zeigten Verständnis gewährten ihr eine Nachdenkpause und versprachen, in einem halben Jahr wieder zu kommen.
Dass es in der Handhabung dieser Geschichte verschiedene Möglichkeiten gegeben hatte, muss hier wohl nicht extra betont werden. Ein publizistischer Skandal hätte auch zum Erfolg geführt, doch wir entschieden uns für Diplomatie.

Nach einem halben Jahr hieß es, dass sobald die Familie das Hotel verkaufen würde, das Gitter dann an das Stift zurückgegeben werde. Eine ungewisse Geschichte, doch Pater Johannes Paul, meinte schmunzelnd. „Zeit sei ein besonderes Gut und in der katholischen Kirche sind 2000 Jahre keine Größe.“

Im Jahr 2021 wurde tatsächlich die „Alte Post“ verkauft und die Besitzerin hielt ihr Wort und der neue Besitzer schenkte dann dem Stift das Gitter, ohne jedoch die Geschichte des Raubes näher zu betonen. Manche mögen dies für eine noble Geste halten. Ein Happy End mit einem Wermutstropfen, der ein Viertelliterglas füllen würde.

Dieses „Geschenk“ ist nur möglich gewesen, weil für manche Menschen, Geschichte kein lästiges Beiwerk ist, sondern ein wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie und unseres Zusammenlebens. Und ein historischer Blick hilft auch gegen begangenes Unrecht.

Es hat 82 Jahre gedauert bis ein geraubtes Gitter restituiert wird. Ein wirklicher Freudentag nur für jene, die die Geschichte kennen.

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