Dopingskandal
Lassen wir doch die Kirche im Dorf

Die Kirche in Seefeld, Tirol, Österreich
  • Die Kirche in Seefeld, Tirol, Österreich
  • hochgeladen von van Veen

Ich schau mir das Bild des Schreiberlings in der Kolumne eines renommierten Blattes an, der diese fast schon dämliche und überflüssige Frage stellt: Wozu Doping? Mitte Vierzig, dickes Gesicht, wahrscheinlich Bierbauch. Okay, ich gebe zu, man muss nicht alles selbst ausprobieren, um darüber schreiben zu können. Aber weder das positivste aller Hochgefühle, jemals über eine Ziellinie gelaufen zu sein und das Letzte aus dem Körper rausgeholt zu haben, noch letztendlich die Krux, zu entscheiden, widerstehe ich der Versuchung, oder mach ich das jetzt, scheinen dem Autor dieses Artikels geläufig zu sein.
Vor drei Tagen sehe ich mir die WM in Seefeld an: Langlauf der Herren. Aha, das Startloch zweier Österreicher bleibt leer. Nein, nicht schon wieder, fährt es mir durch den Kopf. Razzia bei den Österreichern und fünf Athleten festgenommen. Während des Ergofahrens google ich die beiden. Waren das nicht die sympathischen Jungen, die im Teamsprint den sechsten Platz holten? Mir erscheint ein Déjá-Vu, ein Erinnerungsflash an die Olympiade vor 13 Jahren in Turin. So schnell ist es vorbei mit den Langlaufprofis aus Liezen und Vorarlberg: Festnahmen - Geständnisse – Suspendierungen. „Langlaufprofi“ – was bedeutet das eigentlich? Dass du bestenfalls Zeit deines Lebens mit dem Sport so viel verdienst, dass du davon in der Pension noch leben kannst. Das ist aber ein Best-Case-Scenario.
In den Zeitungen sucht man durch die Dopingfälle nach nachvollziehbaren Gründen, warum zu Illegalem im Sport gegriffen wird: aus Geldgier, der Verträge und der Sponsoren wegen oder wegen Publicity bzw. Berühmtheit, lese ich da. Ein Reporter names Geiler, der im Kurier vom 1.3. einen Artikel publiziert, schreibt hingegen: Als er kurz vor der WM einen der zwei österreichischen Doper in Seefeld zum Interview trifft, erzählt dieser von den Entbehrungen, die ein Langläufer in Kauf nehmen muss. Für all die Anstrengungen fällt der Ertrag meist mickrig aus. „Ich habe in meiner ganzen Karriere bisher 1200 Euro Preisgeld verdient“, berichtet einer der betroffenen Langläufer.
Das entschuldigt jetzt kein Dopingvergehen, aber es erklärt, weshalb einige Athleten bei der Aussicht auf Aufmerksamkeit, wie sie die Langläufer nun bei der Heim-WM in Seefeld erfahren, schwach werden. Viele der ÖSV-Langläufer tun sich schwer, Kopfsponsoren zu lukrieren oder einen Arbeitsplatz zu finden, bei dem sie neben dem Sport eine Ausbildung bekommen.
Sicherlich mögen Verdienst/Geld/Sponsoren der Grund sein, doch als Begleiterscheinung von etwas, das vorrangig zu bewerten ist: der Ruhm/ die Lorbeeren/ das Treppchen. Da zählen Erster, Zweiter oder Dritter, noch dazu bei einer Weltmeisterschaft - wer möchte als 50. oder 60. einen internationalen Bewerb beenden und Null mediale Aufmerksamkeit bekommen?
Nochmal: ich guttiere kein Doping, es liegt mir auch fern zu pauschalieren, dass in Ausdauersportarten alle Sportler gedopt sind. Aber auch die allgemeingültige Schwarze-Schafe-Theorie stimmt schon lange nicht mehr, selbst wenn sie von Turin angefangen bis jetzt immer herhalten muss.
Jeder ist für seine Handlungen selbst verantwortlich. Auch wenn das Handy noch so einladend auf dem Beifahrersitz liegt, ab dem Moment, wo ich es beim Autofahren in die Hand nehme, mache ich mich strafbar. Ab dem Zeitpunkt, wo ich aktiv mit einem Arzt Kontakt aufnehme und ihm ca. €5000 pro Saison für die "Sonderbetreuung" zahle, muss ich damit rechnen, dass mein illegales Handeln auffliegt. Auch wenn die durch Blutdoping prognostizierte Leistungssteigerung nur 5-10 Prozent beträgt, so muss eine derartige Leistungsentwicklung sowohl auffliegen als auch JEDEM Trainer auffallen. Also bitte! Aber keineswegs gefallen, es sind die Betroffenen, die fallen. Es reicht, dass sie medial wie eine heiße Kartoffel fallengelassen worden sind.
Fazit:  es handelt sich um keine Schwerverbrecher. Es ist ein Verbrechen, wofür sie büßen werden. Es reicht schon, dass sie ihren Lebensinhalt verloren haben, denn sie werden nie wieder ihren Lieblingssport (richtig) ausüben können. Sie fungieren als Déjá-Vu, als Sündenbock für alle bisherigen Doper, sie beinhalten Annahmen, Mutmaßungen über alles, das noch unentdeckt worden ist. Es reicht, dass sie Schande über viele in einer Sportart an einem österreichischen Austragungsort gebracht haben. Es reicht, dass sie Schande über den ganzen österreichischen Sport gebracht haben. Aber: Lasst doch die Kirche im Dorf und femt sie nicht wie den letzten Dreck.

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