Bezirk Kufstein
81-Jährige muss die Nächte im Auto verbringen

Heidi H. (81) hält ihr Auto äußerst sauber, da sie dieses seit rund zwei Monaten als Schlafplatz nutzt. Auf der umgelegten Rückbank befindet sich ihr Bett in Form einer kurzen, dünnen Matratze. | Foto: Christoph Klausner
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Wie angespannt die Wohnungssituation in Tirol ist, zeigt das Beispiel einer 81-Jährigen, die seit rund zwei Monaten im Auto schlafen muss.

BEZIRK KUFSTEIN, BEZIRK KITZBÜHEL. Die 81-jährige Heidi H. hat ihr Arbeitsleben in Deutschland verbracht, seit einigen Jahren ist sie allerdings im Tiroler Unterland beheimatet. Kurz vor Weihnachten 2020 ist sie in ein Gästehaus in Kössen eingezogen. Die knapp 500 Euro Miete gingen sich gerade so aus. Die zusätzlichen Betriebskosten von 100 Euro schmerzten der älteren Dame allerdings sehr. Unterm Strich blieb da nicht mehr viel von ihrer Pension, die etwas über 1.000 Euro beträgt. Um etwas mehr Bares zu haben, ging sie laut eigenen Aussagen immer sehr sparsam mit Strom, Heizung und Wasser um, in der Hoffnung, dass nach der Betriebskostenabrechnung eine Gutschrift rausschauen würde. Allerdings kam es zu keiner solchen. Daraufhin entschloss Heidi H., die 100 Euro erst im Nachhinein zu bezahlen. Zum Missfallen der Vermieter. Dem Streit folgten rechtliche Schritte, sodass die 81-Jährige sich gezwungen sah, die Wohnung zu verlassen.

"Am 23. Juni packte ich dann meine Sachen und seitdem schlafe ich in meinem Auto",

erklärt die rüstige Rentnerin. Die 81-Jährige scheint erstaunlich gefasst mit der Situation umzugehen. Würde man der Dame auf der Straße begegnen, würde man nicht glauben, dass sie von Obdachlosigkeit betroffen ist.

Hinter dem Fahrer- und auf dem Beifahrersitz befinden sich Kleidung, Unterlagen usw. Die 81-Jährige hat die Suche nach der passenden, leistbaren Wohnung noch nicht aufgegeben. | Foto: Christoph Klausner
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Wenig Notunterkünfte im Unterland

Oliver Altmayer, Leiter der Sozialberatungsstelle Dowas in Kufstein, bestätigt, dass es in einem solchen Fall sehr schwierig ist, eine Wohnung zu bekommen. Von November bis April gibt es zwar Notschlafstellen in Kufstein, ansonsten fokussiere sich das Wohnungsangebot für Notfälle allerdings um Innsbruck. Dort gibt es sowohl das Alexihaus sowie die Städtische Herberge. Die Frauen- und Mädchenberatungsstelle Evita habe ebenfalls Notunterkünfte in Kufstein, allerdings für Frauen, die Opfer von Gewalt werden, was wiederum auf Heidi H. nicht zu treffe.

"Zudem ist eine 81-jährige Frau für viele nicht die Lieblingsmieterin",

kritisiert Altmayer. Oftmals müsse man als Mieter fast ein Leumundszeugnis vorlegen. Gerade in Kufstein bevorzugen viele Vermieter beispielsweise Studenten. Diese seien wenig in der Wohnung, nach kurzer Zeit oftmals wieder weg und meist mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet. 

Die Wohnungssuche

Heidi H. hat sich sich bereits mehrere Wohnungen angesehen. Den Kontakt bzw. die Adressen hat sie unter anderem von der Dowas-Beratungsstelle. Leider hat es bisher noch nicht geklappt, weil die Wohnungen entweder bereits vergeben oder ungeeignet waren. Manchmal findet Heidi H., die derzeit ohne Navigationssystem unterwegs ist, auch schlichtweg die Adresse nicht. Altmayer hat absolutes Verständnis dafür, auch Jüngere wären ohne Navi aufgeschmissen. Leider kann seine Einrichtung nicht direkt in Kontakt mit den Vermietern treten. Das hänge einerseits damit zusammen, dass sie selbst nicht die Ressourcen dafür haben. Andererseits würden bei vielen Vermietern sofort die Alarmglocken schrillen, wenn eine Beratungsstelle anklopft. Folglich fällt die Entscheidung dann meist auf einen anderen Mieter.

Belästigung am Telefon

Im heurigen Frühjahr sei Heidi H. bewusst geworden, dass sie aufgrund der Spannungen ihre Wohnsituation ändern müsse. Daher hat sie eine Annonce zur Wohnungssuche aufgegeben. Es dauerte nicht lange, als sich Franz aus dem Oberland meldete. Dieser hat zwar angeblich ein "großes Haus", seine nächsten Fragen zielten allerdings direkt auf Figur, Gewicht sowie Haarfarbe ab.

"Du suchst eine Frau und ich eine Wohnung, damit hat sich die Sache für mich erledigt",

sagte Heidi H. damals am Telefon zu diesem vermeintlichen Vermieter. Trotzdem habe Franz nicht aufgehört, sie ständig anzurufen. Erst ein Handyshop-Mitarbeiter konnte ihr schließlich weiterhelfen, indem dieser die Telefonnummer des ungewünschten Anrufers blockierte.

Dowas hilft auch mit Hauptwohnsitz

Menschen, denen es ähnlich wie Heidi H. geht, können sich an die Dowas-Beratungsstelle wenden. Was viele nicht wissen: Bei Obdachlosigkeit können Dowas-Standorte als Hauptwohnsitz angegeben werden. Nähere Infos dazu bzw. Kontaktdaten findest du hier.

Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.
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