Opferschutz
Evita blickt auf 15 Jahre Frauennotwohnungen in Kufstein
Die Frauen- & Mädchenberatungsstelle "Evita" spricht zum Jubiläum über die Entwicklung der Frauennotwohnungen im Bezirk Kufstein. Die Aufteilung der Betroffenen ist gleich geblieben, es gab aber noch nie so viele Anfragen von wohnungslosen Frauen wie heute.
KUFSTEIN, BEZIRK KUFSTEIN. Seit 15 Jahren gibt es im Tiroler Unterland eine Möglichkeit, für von Gewalt betroffene Frauen einen Zufluchtsort zu finden. Im August 2008 wurde die erste Frauennotwohnung durch die Frauen- & Mädchenberatungsstelle "Evita" in Kufstein eröffnet.
Frauen, die in solchen Opferschutzeinrichtungen Zuflucht suchen, sind häufig Opfer multipler Gewalt – meist besteht eine Verknüpfung von verschiedenen Gewaltformen. Die Wohnungen bieten Betroffenen Schutz und Sicherheit und sollen einen geschützten Rahmen schaffen, um in einer Krisensituation zu stabilisieren.
Wichtiger Schritt
Die Eröffnung in Kufstein war dabei ein wichtiger Schritt für die Frauen im Unterland, wie Elisabeth Lehmann, Geschäftsführerin von "Evita", erklärt. Die Beratungsstelle ist vom Land Tirol beauftragt als Opferschutzeinrichtung Sicherheit und Schutz zu bieten und richtet sich an Frauen und deren Kinder, die von Gewalt betroffen sind.
Nähe ist ein Faktor
Die Notwohnungen sind jeweils auf zwei Frauen mit ihren Kindern ausgerichtet und befinden sich im Bezirk Kufstein. Ein weiterer wichtiger Faktor. Vor 2008 gab es nur das Frauenhaus Tirol und "Frauen helfen Frauen" in Innsbruck.
"Wenn der Weg so weit ist, dann überlegt man es sich noch einmal mehr, ob man in ein Frauenhaus oder eine Frauenwohnung geht",
erklärt Lehmann die Motivation für die Eröffnung einer Frauennotwohnung damals. "Es ist wichtig und entscheidend in der Opferschutzarbeit, dass es nahe Anlaufstellen gibt", so Lehmann weiter.
Erweiterung 2011
Im Jahr 2011 erfolgte in Kufstein eine Erweiterung der Frauennotwohnung, seitdem bietet Evita in der Festungsstadt Platz für vier Frauen und ein Notbett. 2021 wurde eine zusätzliche Frauennotwohnung in Wörgl eröffnet, die als Übergangswohnung dient, da es Betroffenen oft nicht gelingt, nach dem sechsmonatigen Aufenthalt in der Opferschutzwohnung, eine eigene Wohnung zu finden. Grund dafür ist die schwierige Situation am Wohnungsmarkt in der Region.
Mehr wohnungslose Frauen
Dabei sei das Angebot im Bezirk derzeit ausreichend, die Entwicklung der Frauennotwohnungen in der Region eine "Erfolgsgeschichte", wenn man dies so nennen kann, wie Lehmann betont. Es komme aber auch immer darauf an, wie man den Begriff "Opferschutz" definiere. Derzeit kommen rund 25 Prozent aller Anfragen für die Notwohnungen von wohnungslosen Frauen – ein hoher Prozentsatz, der im Vergleich zu früher stark gestiegen ist. Von den 106 Anfragen im Jahr 2022 wurden 26 von wohnungslosen Frauen gestellt. Auch diese Frauen sind von häuslicher Gewalt betroffen, stellen aber für "Evita" eine besondere Herausforderung dar, denn die Beratungsstelle sei hier mit ihrer Struktur in diesen Fällen oft überfordert, erklärt Lehmann. So sind im Gegensatz zum Frauenhaus die Notwohnungen in Kufstein beispielsweise nicht betreut.
Man musste hier teilweise Frauen wegen Alkohol- und Drogenproblem ablehnen, oder weil diese so gefährdet waren, dass sie einen anderen Opferschutzplatz – wie das Frauenhaus oder einen Platz in einem anderen Bundesland – benötigten. "Natürlich kommt bei den wohnungslosen Frauen etwas hinzu", erklärt Lehmann. Sie sind auf der Straße Gewalt ausgesetzt oder begeben sich durch "Couchsurfing" in prekäre Situationen.
Ein Riesenschritt
Lehmann betont, wie wichtig es auch ist, immer wieder über das Thema Gewalt gegen Frauen zu informieren. Von großer Bedeutung ist auch, dass Betroffene wissen, dass es Hilfe gibt. Lehmanns Botschaft im Rahmen des 15-jährigen Jubiläums der Frauennotwohnungen in Kufstein:
"Es ist ein Riesenschritt mit so einem Thema irgendwohin zu gehen, sich zu öffnen, Vertrauen zu fassen und dann den Schritt zu machen, in eine Frauennotwohnung zu gehen. Man sollte Hochachtung vor allen Frauen haben, die das schaffen",
so Lehmann. Sie könne aber allen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, Mut machen, denn "es haben schon so viele geschafft".
Vor allem Österreicherinnen
Was in all den Jahren gleichgeblieben ist, ist die Aufteilung der von Gewalt betroffenen Frauen. Mit rund 60 Prozent sind die Klientinnen von "Evita" im Schnitt vorwiegend Frauen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, wobei ein Großteil aus dem Bezirk Kufstein kommt. Ein Blick auf die Statistik des vergangenen Jahres zeigt, dass innerhalb dieser 57 Prozent 36 Prozent Österreicherinnen mit Migrationshintergrund sind, 21 Prozent sind Herkunftsösterreicherinnen. Die restlichen Klientinnen kommen aus Ländern wie Deutschland, Bulgarien oder Rumänien.
Das Einzugsgebiet von "Evita" beinhaltet den Bezirk Kitzbühel, aber auch Schwaz und das Zillertal. Die Statistik zeigt weiters, dass 57 Prozent der Klientinnen aus dem Bezirk Kufstein kommen, 21 Prozent sind aus einem anderen Bezirk – hier vor allem aus dem Bezirk Kitzbühel. 14 Prozent der Klientinnen kommen aus der Stadt Kufstein selbst. Innerhalb der letzten 15 Jahre konnte "Evita" 30.000 Nächtigungen in den Frauennotwohnungen verzeichnen.
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