Grafenegg
Die Kunst der Wiederholung
Lassen sie mich eine kleine Geschichte erzählen: am 16.11.2010 richtete ich für eine Pensionskasse ein Benefiz-Konzert zugunsten des Roten Kreuzes aus. Eine mühsame Sache, denn der Dirigent Jan Latham Koenig wollte unbedingt César Francks Symphonie in d-Moll aufführen. Ich hatte von diesem Komponisten noch nie etwas gelesen, geschweige etwas gehört. Also begab ich mich auf die Suche. In der Kärntnerstraße in Wien wurde ich bei EMI fündig. Zuerst starrten mich die Mitarbeiter ob meines Ansinnens an. Doch plötzlich sagte ein musikkundiger Mitarbeiter, César Franck, den Namen habe ich schon mal gehört, und begann zu suchen. Und er wurde tatsächlich fündig. Die CD mit dem genannten Stück sollte für mich jedoch frühestens in 14 Tagen verfügbar sein, was mich in Notstand brachte, weil die Proben ja schon begonnen hatten. Als ich die CD endlich in Händen hielt, schob ich sie im Auto sofort in den CD-Player, denn ich war ungeheuer neugierig. Was ich hörte war: Musik, herrliche Musik! Bei nächster Gelegenheit parkte ich mich ein, lauschte der Musik und schwor mir, dass ich mich nie mehr Stress aussetzen wolle. Doch dies hatte für mich Konsequenzen. Was ich unter einem tollen Chef begonnen hatte, wurde leider von seinem Nachfolger verbal vernichtet, obwohl er dieses Imageveranstaltung für sich reklamierte, ihm aber vermutlich nicht genug die Hände geschüttelt wurden, flog ich raus.
Zum Konzert in Grafenegg: Nach dem ich die CD rauf und runter gespielt hatte, wusste ich, worauf ich hören musste. Ich fand die Interpretation César Francks Symphonie in d-Moll des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich unter Yutaka Sado als eine sehr gelungene Aufführung. Der Komponist war ein Meister der Wiederholungen. In jedem Satz taucht das Grundthema auf. Man muss genau zuhören, will man die Nuancen erfahren. Frank hat nur eine Symphonie geschrieben, ehe er bei einem Unfall zu Tode kam. Im Alter von etwa 30 Jahren wandte er sich der Orgel zu und begann mit der Stelle als Organist an der Kirche Ste-Clotilde selbständige Musik für Orgel zu schreiben. Ein musikalischer Geist von dem viele Werke zu erwarten gewesen wären.
Wenn Günter Jauch fragen würde, wer oder was ist Coriolan würde mir einfallen, dass es etwas Italienisches aus grauer Vorzeit sein muss. Ja aber was, würde er fragen. Als Halbgebildeter erinnere ich mich, dass ich vor einiger Zeit das von Shakespeare geschrieben Stück – in der Kurzfassung - im Burgtheater gesehen habe. Ein verhaltensauffälliger Patrizier wird wegen Volksfeindlichkeit verbannt. Das kann und will er nicht hinnehmen. Also zieht er mit seinen Kumpanen gegen Rom. Seine Mutter versucht dem Feldzug Einhalt zu gebieten. Coriolan erfüllt den Wunsch seiner Mutter, was für ihn jedoch den Tod bedeutet, weil die Ehre beleidigt ist.
Die überlange Einleitung dient dem Verständnis, weil Ludwig van Beethoven dieses Werk vertont hat. Die Ouvertüre zum Trauerspiel (Allegro con brio) wurde in Grafenegg gespielt. Düster fällt das Vorspiel aus. Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich findet den richtigen Ton. Die umhüllende Dunkelheit lässt die Schwere des Erdenlebens fühlen.
Zum dritten Stück des zeitgenössischen Komponisten Bernd Richard Deutsch, das Konzert für Violoncello und Orchester, einer Auftragskomposition des Hessischen Rundfunks und des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich, finde ich keinen Zugang und enthalte mich daher auch der Kritik.
Was sie auch interessierten könnte sind die Schlossklänge 2020/2021. Der Konzertzyklus rund ums Jahr bringt wieder große Symphonik, selten gehörte Kostbarkeiten und festliche Konzertprogramme nach Grafenegg. Das vielseitige Programm mit dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich spannt einen Bogen von Carl Orffs dynamischer «Carmina Burana» bis zur prominent besetzten Sommernachtsgala - mit Golda Schultz, Benjamin Bruns und Rudolf Buchbinder. Der künstlerischer Leiter, Rudolf Buchbinder eröffnet mit dieser Gala die 15. Sommersaison in Grafenegg.
Reinhard Hübl
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