Ein Benefiz-Abend als Chanson-Knüller
Was für ein Theaterabend in der Burg! Eine Sternstunde künstlerischer Verausgabung, ein Chanson-Abend gestaltet mit Liedern von und mit den zwei Besten dieses Faches. Die wechselvolle Geschichte von Marlene Dietrich und Edith Piaf, zwei Frauen, die nicht unterschiedlicher sein könnten und trotzdem (oder deswegen) sich sehr nah standen und zu besten Freundinnen wurden.
Die von Prof. Meryn initiierte Benefiz-Veranstaltung „Nein zu Arm und Krank“ auf der berühmten und, wie viele sagen, der besten deutschsprachigen Theaterbühne wird zu einem Triumpf zweier Hauptdarstellerinnen. Die feinsinnige, hinter der rauen Fassade sensible, Sona MacDonald und die unglaublich vielseitige, mal traurige, mal euphorische Maria Happel spielen die Geschichte von zwei Stars, als wären sie von den Geistern Dietrichs und Piafs besessen. Sona sagte einmal: „Es wäre schön am Burgtheater aufzutreten.“ Am Sonntag war es so weit: Was für ein großartiges Debut. Hoffentlich folgen weitere Engagements dort, die ihrer schauspielerischen Größe entsprechen. Die Herren Marcus Kiepe und Dirk Nöcker sind Stichwortbringer für die Geschichte, die sich von 1950 bis 1990 zwischen beiden Frauen abspielt. Die hervorragende Alexandra Henkel als eine vielseitige Zwischen-Moderatorin besticht durch ihre burschikose Darstellung.
Da es sich um einen Chanson-Abend handelt, sind das Orchester mit den Solisten Philipp Jagdschutz (Klavier) und Milos Todorovic (Akkordeon) ein wichtiger Bestandteil der Aufführung. Sie liefern den musikalischen Sound für die auftretende Marlene und Edith, die ihre weltberühmten High-Lights singen. Das Team um Burgtheater-Direktor, Matthias Hartmann, kann sich glücklich schätzen, so eine professionelle Aufführung mit Herz und Gefühl nur für einen Abend auf die Bühne zu bringen.
Der Titel „Spatz und Engel“ entspricht dem Pseudonym der beiden Diven, unter dem die Welt sie kannte. Während die eine, Piaf, aus der Gosse stammend, das Auf und Ab zwischen Drogen, Alkohol und dem Zweifel an ihrem künstlerischen Vermögen, den Aufstieg in den nur wenigen zugänglichen Künstlerhimmel schafft und an ihm zerbricht, ist die andere längst ein anerkannter Weltstar durch ihre anerzogene Disziplin und Absage an das Nazi-Deutschland. Die Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft war der logische Ausdruck ihrer konsequenten Haltung. Wenn beide gemeinsam auf der Bühne stehen, verschmelzen sie zu einer Einheit künstlerischer Einzigartigkeit.
Das Schlusslied ist ein versöhnlicher Abschluss mit Standig Ovations, dem dann noch eine offensichtlich nicht geplante Zugabe folgt. Ein Abend, den es noch einmal gibt, am 4.6., allerdings nicht als Benefiz-Veranstaltung. www.burgtheater.at
Reinhard Hübl
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