St. Marx
Kreisverkehr wird zum Erdäpfelacker
Ein Kreisverkehr in St. Marx wurde zum Schauplatz einer Kunstaktion: Mit einer "Kreiskartoffel" soll auf Klimakrise und "falsche Stadtplanung" aufmerksam gemacht werden.
WIEN/LANDSTRASSE. "Hier schlafen Wiener Kreiskartoffel", ist auf einem Schild zu lesen: Der Kreisverkehr an der Kreuzung Schöpsstraße/Leopold-Böhm-Straße wurde zum Kunststandort. Das Zentrum des Kreisverkehrs wurde dabei zu einem Erdäpfelacker, auf einer Skulptur aus Wassertanks ist der Schriftzug "Sind im Weltkrieg" zu lesen.
"Unser Ziel ist, die Bewohner auf die Stadtplanung aufmerksam zu machen, bei der nur das Auto im Zentrum steht", ist von Elisabeth Falkinger, Stefanie Hilgarth, Christoph Schwarz und Hanna Schwarz, den Initiatoren der Kunstaktion, zu hören. Hintergrund: Um dem Klimazielen von Paris gerecht zu werden, wurde immer wieder der Weltkriegs-Vergleich bemüht: So schreibt Nobelpreisträger Joseph Stiglitz "Die Klimakrise ist unser Dritter Weltkrieg", Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb forderte einen "ähnlichen gemeinsamen Kraftakt wie der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg."
Ein "Krieg gegen den Planeten"
Laut den Künstlern ist "ein Erdäpfelacker mitten in der Stadt in unserem kollektiven Gedächtnis als verzweifelte Antwort auf Lebensmittelknappheit im Weltkrieg abgespeichert. 'Sind im Weltkrieg' wiederum deutet die menschengemachte Ausbeutung der Erde in noch nie gekanntem Ausmaß als Krieg gegen den Planeten."
Weil Autos überproportional viel Platz in Anspruch nehmen, wil man auf die ungleich Verteilung des öffentlichen Raums aufmerksam machen: "Die Wiener Kreiskartoffel soll ein Stück ungenutztes Brachland als Entfaltungsspielraum zurückgeben. Als Hybrid zwischen Nachbarschaftsprojekt, Kunstaktion, Sozialer Skulptur und symbolischer Geste genau dort, wo Autoverkehr toten Raum produziert und Kunst sonst nur zur Legitimation verkehrspolitischer Wachstumsdogmen zum Zuge kommt.
Projektdauer: 9. Mai bis 31. Oktober 2021
Ort: Kreisverkehr Schöpsstraße/Leopold-Böhm-Straße
Mit freundlicher Unterstützung von: Biohof Adamah, OBI St. Marx, Wiener Wasser - MA31
Herzlichen Dank an den Bezirk Landstraße und die zuständigen Magistratsabteilungen der Stadt Wien!
Gefördert von: KÖR (Kunst im Öffentlichen Raum)
Mehr Infos unter www.kreiskartoffel.net
KünstlerInnenbiographien:
Elisabeth Falkinger (*1988, Rohrbach/OÖ) – Bildende Künstlerin und Gärtnerin. In ihrer vielfältigen künstlerischen Arbeit analysiert Elisabeth Motive und Inszenierungen von Landschaft. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem komplizierten Verhältnis von Mensch und Ding. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in den USA studierte Elisabeth Landschaftsdesign/kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien bei Mario Terzic und Paul Petritsch. Seit 2014 ist ein roter Traktor aus dem ukrainischen Theresiental ihr künstlerisches Alter Ego.
www.elisabethfalkinger.com
Stefanie Hilgarth (*1982, Graz) – Bildende Künstlerin und Illustratorin. Studierte bei Dorit Margreiter an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit Architektur, Design und Film. Arbeitet als Illustratorin im Kunst und Kulturbereich und begleitet Christoph Schwarz seid einigen Jahren mit Zeichnungen bei Filmprojekten unter anderem für das Volkskundemuseum Wien.
www.illuqueen.com
Christoph Schwarz (*1981, Wien) – Filmemacher und Medienkünstler, mit seinen autofiktionalen Kurzfilmen sowohl im Ausstellungskontext wie auf Festivals präsent. Themenfelder Fake/Fiction, Individuation & Korrumpiertbarkeit, Stadtentwicklung. Christoph befindet sich 2021 in einem ökonomischen Sabattical, über das er gerade seinen ersten Langfilm SPARSCHWEIN dreht. Christoph hat zwischen 2016 und 2020 die künstlerische Entwicklung der Notgalerie filmisch und co-kuratorisch begleitet, sein Film über die Seestadt Aspern „Die beste Stadt ist keine Stadt“ gewann 2020 den Österreichischen Kurzfilmpreis.
www.christophschwarz.net
Hanna Schwarz (*1979, Wien) – Ethnologin, Pädagogin & Verkehrsaktivistin. Initiatorin von geht-doch.wien, einem Verein, der sich für die Rechte von Fußgänger*innen im öffentlichen Raum einsetzt. Hannas Kernthema ist Vernetzungsarbeit, sie engagiert sich bei Platz für Wien und den Teachers for Future.
www.geht-doch.wien
Infotext auf der Wassertankskulptur:
Auf diesem Kreisverkehr wachsen WIENER KREISKARTOFFEL. Eingesetzt, gepflegt und am Ende verspeist von Stadtgärtnern und Nachbarinnen. Die Vorherrschaft des Autoverkehrs in der Stadt versiegelt Böden und erzeugt toten Raum, den wir mit dieser Aktion für die Menschen zurückgewinnen wollen. Warum wir bei einer so friedlichen Tätigkeit von Weltkrieg sprechen? Das Ausmaß der Zerstörung, mit der sich die Menschheit in die Ökosphäre einschreibt, hat planetare Grenzen gesprengt. "Die Klimakrise ist unser 3. Weltkrieg", sagt man in England. Die gesamtgesellschaftliche Anstrengung, um die menschengemachte Erderhitzung einzudämmen, wird in Österreich mit dem Wiederaufbau verglichen. Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit war es allerdings Auflage, während der Öffnungszeiten des Handels den Kreisverkehr nicht zu betreten und unsere Botschaft abzuwandeln. Damit offenbaren sich die Prioritäten: Montag bis Samstag befinden wir uns im Weltmarkt. Am Sonntag darf der Planet gerettet werden.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.