Augenoptiker brauchen (k)einen Online-Shop - Podiumsdisskusion über eine digitale Zukunft der Branche bei der Optik Austria
Zum zweiten Mal traf sich die Branche der Optiker und Hörakustiker am Freitag und Samstag in Wels zur größten Fachmesse in Österreich. Highlight der Veranstaltung war die Podiumsdiskussion, bei der über die Notwendigkeit diskutiert wurde, als Augenoptiker im Internet vertreten zu sein.
Bereits in seiner zweiten Auflage hat sich die Optik Austria, die Fachmesse für Augenoptiker und Hörakustiker, zum zentralen Treffpunkt für die Branche in Österreich entwickelt. Über 60 Aussteller und rund 500 Besucher trafen sich am Freitag und Samstag in Wels, um sich über aktuelle Trends und Entwicklungen auszutauschen.
Im Mittelpunkt stand vor allem die Podiumsdiskussion am Freitagabend unter dem Motto „Ihr Kunde ist online! Sie auch?“ Dabei wurde der Frage nachgegangen, in welcher Form sich Augenoptiker im Internet präsentieren müssen oder sollten, angesichts der Konkurrenz durch Onlinehändler.
„Ich bin kein Fan vom Onlinehandel. Meiner Meinung nach ist dieser tot“, mit dieser Aussage setzte Ewald Hofbauer, Geschäftsführer von opticon, der größten Kooperation von selbstständigen Optikern, gleich zu Beginn ein klares, zukunftsgerichtetes Statement. Seiner Meinung nach heißt die moderne und zukunftsträchtigste Variante „Multichannel-Handel“, also eine Kombination von Onlinehandel und stationärem Verkauf. Auch immer mehr Onlinehändler würden das erkennen. Laut Hofbauer müssten Österreichs Augenoptiker allerdings noch einen Schritt früher ansetzen: „Etliche Fachgeschäfte müssen erst ihre Hausaufgaben machen. Viele haben noch nicht einmal eine Website, geschweige denn ein responsive Design, also eine optimale Darstellung auf Smartphones“ so Hofbauer über die Problematik.
Dem stimmte auch Bernhard Aichinger von der Internetagentur e-conomix zu. Augenoptiker bräuchten zuerst eine professionelle Webpräsenz. Erst dann könne man über weitere Angebote nachdenken. „Das Internet bietet viele Chancen, es ist nur die Frage, wie man sie nutzt“, meint Aichinger. Im e-Commerce-Bereich können sich Augenoptiker etwa durch Service von der reinen Online-Konkurrenz abheben und mehr Beratung bieten. Die Dienstleistungskomponente sieht Harald Belyus von Optiker online, der größten Augenoptiker-Informationsplattform in Österreich, ebenfalls als großen Vorteil der Optiker. Ohne diese wäre die Branche seiner Meinung nach schon tot. „Wir sehen in Deutschland, dass die Akzeptanz für reinen Internetverkauf in unserer Branche nicht da ist. Selbst reine Online-Anbieter benötigen Partner und stationären Handel“, berichtet Ingo Rütten, Verlagsleiter und Chefredakteur des deutschen Branchenmagazins DOZ.
Ohne stationären Handel geht es also nicht, ohne Internet aber auch nicht, sind sich alle Teilnehmer einig. Doch wie sollte der Online-Auftritt der Branche idealerweise aussehen? „Im ersten Schritt benötigt ein Augenoptiker eine Website, die eine Art Online-Schaufenster darstellt und die Stärken des Unternehmens nach außen trägt“, meint Harald Belyus. „Jeder Optiker muss ein Alleinstellungsmerkmal finden und das dann auch online kommunizieren“, setzt Ingo Rütten sogar noch einen Schritt davor an. „Nach einem professionellen Webauftritt, sollten Fachoptiker dann vor allem in regionales Online-Marketing investieren, um genau ihre Zielgruppe anzusprechen“, so die Meinung von Online-Experte Aichinger. „Man kommt online an Zielgruppen, wie zum Beispiel Kinder und Jugendliche heran, die man sonst nur schwer erreicht als Augenoptiker“, nennt Harald Belyus einen weiteren Vorteil. Dafür müsse man allerdings die richtigen Kanäle, wie zum Beispiel Instagram, nutzen.
Gezweifelt wird allerdings an der Notwendigkeit eines Online-Shops, gerade für einzelne Augenoptiker: „Ich glaube nicht, dass man sich eine Brille bei seinem Haus & Hof-Optiker online kauft. Das macht man viel eher bei einem großen Anbieter“, analysiert DOZ-Chefredakteur Ingo Rütten. Dass Augenoptiker nicht unbedingt einen Online-Shop benötigen würden, liegt laut der Experten auch daran, dass sich die Branche von anderen in einem wesentlichen Punkt unterscheide: „Wir bieten mit Brillen Halbfertigprodukte an, die viele Stunden Beratung benötigen“, bringt es Ewald Hofbauer auf den Punkt. Fachoptiker sollten daher genau hier ansetzen und im Internet vor allem darauf aufmerksam machen, wie beratungsintensiv das Produkt Brille sei, so der allgemeine Tenor. „Wenn man im Internet eine Brille anbietet hat man nur eine schmale Datenbasis seiner Kunden zur Verfügung. Für eine Gleitsichtbrille, zum Beispiel, braucht es hingegen unbedingt Messungen des Augenoptikers“, warnt Ingo Rütten. „Das ist ja dann auch ein Sicherheitsthema“, gibt Bernhard Aichinger zu bedenken. Für ihn macht ein Shop nur im B2B-Bereich der Augenoptiker Sinn.
Abschließend geben die Experten folgende Ratschläge mit auf den Weg:
• Ewald Hofbauer: „Augenoptiker benötigen in erster Linie eine professionelle Website, die eine Dienstleistungs-Serviceplattform darstellt“
• Bernhard Aichinger: „Man muss online ganz klar den USP hervorheben und die Beratung in den Vordergrund stellen. Außerdem zahlt sich regionales Online-Marketing aus.“
• Harald Belyus: „Einen Online-Auftritt sollte man immer mit einem Ziel machen und sich genau überlegen, wo man punkten möchte. Dafür braucht es vielleicht gar keine Website, sondern nur eine Facebook-Seite oder einen Instagram-Account.“
• Ingo Rütten: „Jeder Optiker sollte sich im Internet so aufstellen, dass er gegen die großen Anbieter dagegenhalten kann. Dafür muss er in erster Linie eine vernünftige Dienstleistung / Produkt anbieten und den Kunden richtig ansprechen.“
Wirtschaftskammer Wien
Fachgruppe Wien der Gesundheitsberufe
http://www.wko.at/wien/gesundheit
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