Lavanttal
Kinderschutzzentrum kann nicht mehr alle Anfragen bewältigen

Susanne Pichler-Baumgartner, Thomas Presslauer, Sandra Haag und Petra Ragger bilden das Team des Delfi-Kinderschutzzentrums in Wolfsberg. | Foto: MeinBezirk.at
  • Susanne Pichler-Baumgartner, Thomas Presslauer, Sandra Haag und Petra Ragger bilden das Team des Delfi-Kinderschutzzentrums in Wolfsberg.
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Die Delfi Kinderschutzzentren in Kärnten – eines davon ist in Wolfsberg stationiert – berichten über immer stärkere Nachfrage. Längst kann nicht mehr alles abgearbeitet werden. Im Lavanttal klingt die Katastrophe vom St. Andräer See 2022 noch nach. Für Fachkräfte, die Gewaltfälle bei Minderjährigen vermuten, wurde eine eigene telefonische Beratungsstelle eingerichtet.

WOLFSBERG. Immer dann, wenn Minderjährige in körperlicher oder psychischer Form von Gewalt betroffen sind, bieten sich die Delfi Kinderschutzzentren Kärnten der Kinderfreunde Kärnten als Anlaufstelle an. Hier helfen Sozialarbeiter, Psychotherapeuten und klinische Psychologinnen kostenlos und vertraulich weiter. Kinderschutzzentren sind in Klagenfurt, Spittal, Villach, Hermagor und Wolfsberg stationiert, im Lavanttal stehen aktuell sechs Fachkräfte den betroffenen Kindern und deren Angehörigen zur Seite.

Bedarf wird immer höher

Der Wolfsberger Psychotherapeut Thomas Presslauer ist seit 2013 dabei und fungiert als Bereichsleiter für ganz Kärnten. „Wir begleiten Kinder und Jugendliche von der Offenlegung eines sexuellen Missbrauchs oder eines Gewaltmoments über die psychosoziale Begleitung in Gerichtsprozessen bis hin zur traumatischen Aufarbeitung der Erlebnisse“, fasst Presslauer zusammen. Vor allem in Unterkärnten sei die Lage prekär: „Die Anfragen übersteigen unsere Kapazitäten bei weitem“, so Presslauer. „Wir müssen immer wieder Priorisierungen vornehmen. Jugendliche, die sich von sich aus bei uns melden, sexuelle Gewalt und akute Krisen behandeln wir bevorzugt. Leider müssen wir immer wieder Leute wegschicken, weil wir nicht genügend Kräfte haben.“ Finanziert werden die Kinderschutzzentren zur Gänze vom Land Kärnten. Immerhin ist man in Wolfsberg positiv gestimmt, dass es in absehbarer Zeit eine Aufstockung des Teams um eine weitere Psychologin geben wird.

Gewalt, Vernachlässigung, Scheidung

Allein im Vorjahr betreute der Standort Wolfsberg 108 Minderjährige und 162 Angehörige, insgesamt verzeichnete man 1.493 Klientenkontakte. 6.100 waren es in ganz Kärnten. Spitzenreiter bei den Gründen, warum sich Menschen an das Kinderschutzzentrum wenden, ist körperliche und psychische Gewalt sowie Vernachlässigungen, gefolgt von hochstrittigen Eltern und sexueller Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie. „Stark im Kommen sind leider Scheidungen bzw. Trennungen der Eltern, die nicht ‚normal‘ ablaufen, sondern bei denen ein starkes Misstrauen zwischen den Elternteilen herrscht und viel vor Gericht ausgefochten wird“, meint Presslauer. „Das belastet Kinder oft über die Maße.“

Trauma St. Andräer See

Neben den genannten Gründen hat es das Team des Kinderschutzzentrums aber auch immer wieder mit außergewöhnlichen und besonders gravierenden Fällen zu tun. So begleitete man im Vorjahr minderjährige Opfer eines in Völkermarkt ausgehobenen Kinderpornorings bei den folgenden Gerichtsprozessen. Eine bisher noch nie dagewesene Herausforderung war auch das Unwetter am 18. August 2022 am St. Andräer See, bei dem zwei Kinder ums Leben kamen und viele weiter Personen schwer verletzt wurden. „Diese Katastrophe kam für alle unerwartet. Es gab auch keine vergleichbaren Ereignisse, an denen wir uns hätten orientieren können“, blickt Presslauer zurück. Knapp 30 Familien wandten sich nach einem Infoabend an das Kinderschutzzentrum. Die Leiden waren vielfältig, von Kindern, die beim kleinsten Windstoß in Angstzustände verfielen, bis hin zu solchen, die schwerste Verletzungen gesehen oder sogar selbst erlitten haben. Heute, fast zwei Jahre später, bilanziert Presslauer: „Wir konnten einigen Kindern dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Doch manche sind nach wie vor bei uns in Behandlung.“

Für Pädagogen und Funktionäre

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die auf einer professionellen Ebene mit Kindern zusammenarbeiten – etwa Pädagogen und Vereinsfunktionäre – an ihren Schützlingen Anzeichen wahrnehmen, die auf physischen oder psychischen Missbrauch hindeuten. Dies können beispielsweise körperliche Hinweise sein (blaue Flecken) als auch auffällige Veränderungen im Verhalten des Kindes, beispielsweise wenn ein ansonsten sehr aufgewecktes Kind plötzlich sehr in sich gekehrt erscheint, oder wenn es Aussagen tätigt, die Alarmglocken schrillen lassen.

Bis zu fünf Anrufe pro Tag

Speziell für diese Berufsgruppen haben die Kärntner Kinderschutzzentren heuer eine eigene Fachberatung ins Leben gerufen. Unter der Nummer 05 700 69 999 erhalten diese Fachkräfte professionelle Beratung, was sie in so einem Fall tun können – auf Wunsch auch anonym. Der Service wird gut angenommen: pro Tag verzeichnet man in Kärnten zwischen drei und fünf Beratungen, wobei sich vor allem Kindergartenpersonal und Pädagoginnen mit Fragen meldet.

Schritt für Schritt

Zielgruppe des Angebots sind alle Fachkräfte, die beruflich oder ehrenamtlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Im Gespräch erfolgt eine gemeinsame Einschätzung der vorliegenden Situation, um dann Handlungsoptionen und weitere Schritte zu erarbeiten und zu planen. Fachkräfte werden dadurch in ihrer eigenen Handlungssicherheit gestärkt. „Die Unterstützung von Fachkräften in herausfordernden, nicht alltäglichen Situationen ist ein Baustein im Kinderschutz. Kinderschutz ist unsere gemeinsame Aufgabe“, meint Susanne Pichler-Baumgartner, die Kinderschutzfachberaterin vom Delfi Wolfsberg

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