Einschläferung droht
Ohne Weihnachtswunder sind 20 Hunde zum Tode verurteilt

Im Gespräch mit Sissy Lippitz, ihre Tochter beruhigt derweilen Jordi | Foto: MeinBezirk.at
  • Im Gespräch mit Sissy Lippitz, ihre Tochter beruhigt derweilen Jordi
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Besonders im Winter schwer erreichbar liegt hoch über Frantschach ein Hof, der für viele Tiere die Endstation ihres Lebens ist - was hier jedoch keineswegs Negatives bedeutet. Auf dem Hof von Familie Lippitz landen Tiere, die ohne deren Hilfe nicht mehr am Leben wären. Endstation im Paradies, sozusagen. All das steht nun jedoch an der Kippe, den Tieren droht die Einschläferung. Wir waren kurz vor Weihnachten zum Lokalaugenschein vor Ort.

FRANTSCHACH. Sissy Lippitz führt gemeinsam mit ihrem Ehemann und den zwei Kindern den Verein "Secure Base", der in erster Linie Herdenschutzhunden ein Zuhause bietet. Der Hof hier in Frantschach, der von den vier gutmütigen Menschen betrieben wird, ist der einzige derartige in Österreich. Wie lange es diesen noch gibt, steht jedoch in den Sternen.

Eine Menge trauriger Schicksale

Jeder Hund hier hat eine eigene Geschichte, ein meist tragisches Schicksal prägte den vorherigen Weg. Das gilt auch für Baikal: Er sollte bei einem Landwirt im Herdenschutz eingesetzt werden, wurde hierzu im Internet bestellt - bei der Lieferung dann die Überraschung, er war blind: "Damit war er nicht mehr erwünscht und so kam Baikal zu uns", schildert Sissy.

"Sie lieben sich ohne Ende"

Im Gehege lebt er gemeinsam mit Epona, sie kam kurz nach Baikal zu Familie Lippitz und zwar ungefähr zu dieser Zeit im Jahr, denn sie war ein Weihnachtsgeschenk: "Doch sie war aus Ungarn und kupiert, daher bekam die beschenkte Mutter Angst und so kam sie hierher", schildert die Frau das Schicksal. "Für Baikal war dieser ‚Neuzugang‘ aber wunderbar, denn er orientierte sich sofort an Epona. Jetzt sind beide ein eingespieltes Team, sie lieben sich ohne Ende."

"Es stand schlecht um ihr Überleben"

Der einzige Hund, der hier aus dem Ausland aufgenommen wurde, ist Zora. Sie wuchs bei einem Vermehrer in Ungarn auf, der die Tiere keineswegs artgerecht gehalten hatte. Die ersten eineinhalb Jahre ihres Lebens verbrachte sie nur in einer Kiste. Zora kam vor eineinhalb Jahres zu uns, sie hatte enorme Angst und es stand schlecht um ihr Überleben. Familie Lippitz versuchte dann aber mit einem Trick, Zora auf die Beine zu helfen: "Wir haben ihr Aragon als Welpen hingesetzt und gaben ihr damit eine Aufgabe. Es funktionierte, seitdem macht sie riesige Entwicklungsschritte", ist Sissy stolz.

Viele Notfallstiere leben hier

"Eingesperrt zu sein, das ist für sie das Schrecklichste überhaupt", erklärt Sissy und führt aus: "Herdenschutzhunde brauchen eine Aufgabe - wären sie nur im Zwinger oder in einem Tierheim, würden sie verkommen und gefährlich werden." So bekommen jene Hunde, bei denen es möglich ist, eine ihrem Wesen entsprechende Aufgabe. Sie kümmern sich um Ziegen, Schafe und Gänse - und auch sie sind Notfallstiere: "Sie wurden als Wegwerftiere abgegeben - als Tiere, die niemand haben wollte", gibt Sissy zu bedenken. Nun bilden sie gemeinsam mit den Hunden eine Symbiose.

Joke aus der "Militärlinie"

Am anderen Ende des Geländes lernen wir Joke kennen - jenen Hund, mit der wohl tragischsten Vorgeschichte: "Er stammt aus einer Militärlinie, die ticken noch einmal anders", warnt Sissy. Joke wurde von Leuten angeschafft, die sich mit einem solch scharfen Hund profilieren wollten. "Als er hierher kam, war er zwar erst acht Monte alt, doch er hatte zuvor bereits acht Besitzer gehabt, die er alle schwer verletzte. Anfangs war er gar nicht zugänglich, er hatte große Schmerzen - seit der Behandlung akzeptiert er immerhin uns", erklärt Sissy Lippitz.

Zwei Hektar für die Hunde

Das Bild, das sich uns vor Ort präsentiert, ist kein alltägliches am Hof. Die Hunde sind nämlich nur deshalb in den Gehegen, weil wir vor Ort waren. Ansonsten haben die Herdenschutzhunde Platz auf zwei Hektar, die komplett eingezäunt sind, teils sogar doppelt. Dieses Areal ist wiederrum in Abschnitte eingeteilt, sodass jeder Hund nach seinen Bedürfnissen mit den Tieren arbeiten und sich frei bewegen kann.

"Eltern und Geschwister eingeschläfert"

Zu Jordi hat überhaupt nur die Familientochter Zugang, sie war bereits drei Mal beschlagnahmt. Die Mutter erklärt: "Am Ende war die Frage vonseiten der Behörden: Entweder sie kommt hier zu uns oder sie wird eingeschläfert." Daneben finden wir Gitte, die Schwester von Joke - sie hatte zuvor bereits sechs Besitzer. Sissy schildert: "Es sind nur noch die beiden Hunde am leben, ihre Geschwister und auch die Elternhunde wurden aufgrund der Gefährlichkeit bereits eingeschläfert."

Kalea ist das "Küken"

Ebenso tragisch ist das Schicksal von Kalea, dem "Küken" hier, das erst wenige Monate hier in Frantschach ist. Sissy skizziert: "Sie hatte eine wunderbare Familie mit Kindern und einem Frauchen, die sie sehr geliebt hat. Der Partner wurde jedoch nicht akzeptiert. Zu ihr kommen wir noch nicht wirklich ran."

Tragik, als Bezugsperson starb

In einem weiteren Gehege leben zwei typische Kaukasische Owtscharkas: "Beide waren als Herdenschutzhunde im Einsatz und es funktionierte alles wunderbar. Doch dann starb ihr Besitzer, ein alleinstehender Mann, der mit ihnen abgelegen lebte. Damit brach den Hunden die Bezugsperson weg, sie waren nicht mehr haltbar und auch bei uns dauerte es lange, bis wir einen Zugang zu ihnen gefunden haben - aber man sieht: Es funktioniert", strahlt die Familienmutter.

Große Überraschung bei Heino

Eine große Überraschung erlebten wir bei Heino, vor dem wir eigentlich im Vorhinein gewarnt wurden - er soll einer jener Hunde vor Ort sein, die noch nicht zugänglich seien. Als sich unsere Redakteurin Evelyn ihm näherte, um die vermutet wilden Reaktionen filmisch festzuhalten, blieb Heino jedoch seelenruhig: "Das war der Funke, den man bei Herdenschutzhunden immer wieder erlebt. Hunde, die zu niemandem zugänglich sind, finden einen Menschen dann plötzlich von Anfang an toll", zeigt sich selbst Sissy berührt.

Hunde in Rochaden im Haus

Im Haus, wo wir uns zum Gespräch über die Lage einfinden, ist überraschenderweise ebenfalls ein Hund anwesend: "Sie sind soziale Wesen und möchten auch Familienzugang haben. In Rochaden kommen diejenigen, bei denen es möglich ist, regelmäßig auch ins Haus und sogar auf die Couch", erklärt Sissy Lippitz.

"Jemand muss die Hunde auffangen"

Doch wie kam es überhaupt dazu, dass Sissy und ihre Familie sich der Hilfe für die Herdenschutzhunden verschrieben haben? Die Mutter erzählt: "Ich kam vor 20 Jahren wie die Jungfrau zum Kind zu meinem ersten Herdenschutzhund, eigentlich wollte ich einen Familienhund". Sie gibt gleichzeitig auch zu: "Ich habe mit diesem Hund damals so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann. Eine Abgabe kam aber nicht infrage, ich habe mich mit der Hündin beschäftigt und sie hat mich so sehr weitergebracht – es war eine Faszination. Diese Hunde sind hier in Österreich zwar total fehl am Platz, aber wenn sie schon hierherkommen und scheitern, dann soll es jemanden geben, der sie auffängt."

"Kommen aus dem Osten"

Grundsätzlich kommen die Rassen, aus denen sich die Gruppe der Herdenschutzhunde meist rekrutiert, aus dem Osten - etwa aus Russland oder aus der Ukraine. Dort haben sie ihre menschlichen Bezugspersonen, um die sie sich kümmern, doch der Schutz von Schafherden zählt zu ihren primären Aufgaben: "Sie müssen die Schafe gegen Wölfe schützen, aber auch gegen Viehdiebe – von hierher rührt ihr Wesen, sie handeln mit ihrem Instinkt und eigenständig", erklärt die Expertin.

Corona-Rückzahlung als Ende?

Wie all dies zu stemmen ist? Die Familie arbeitet abseits ihrer eigentlichen Jobs in Schichten für und mit den Hunden. Finanziert wird dies aber nicht etwa von staatlicher Stelle: "Das wäre schön, aber finanziell wurde uns bisher so gut wie gar nicht unter die Arme gegriffen", gibt Lippitz zu bedenken. Die Pandemie und all ihre Begleiterscheinungen verschlimmerten die finanzielle Situation aber, schließlich kam ein Drama rund um die Corona-Förderungen hinzu: "Die Hilfe war rasch da, wir waren erleichtert und konnten Hundefutter einkaufen. Wir haben trotzdem all unser Erspartes aufs Vereinskonto eingezahlt, weil wir den Verein nicht ins Minus laufen lassen und transparent arbeiten wollten. Bei der Überprüfung hieß es dann, wir hätten keinen Einnahmenausfall gehabt."

Gibt´s ein Weihnachtswunder?

Nun müssen 20.000 Euro in sechs Monaten zurückgezahlt werden - eine Summe, die privat nicht zusätzlich noch zu stemmen ist. Passiert nicht noch ein (Weihnachts-)Wunder, dann droht die große Tragödie: "Unsere Tiere haben die Euthanasie-Freigabe, wir sind für 90 Prozent die Endstation. Wo soll es nach einer Endstation weitergehen?", stellt Sissy mit nachdenklicher Miene die Katastrophe in den Raum.

Möglichkeit zu spenden

Familie Lippitz ist also auf Hilfe angewiesen. Wer helfen möchte und sich auch dazu in der Lage sieht, einen kleinen Teil beizutragen, kann dies gerne auf der Homepage des Vereins "Secure Base" unter diesem Link tun.

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