Lavanttal
Wenn die Onlinewelt zur unüberwindbaren Hürde wird

- Albert Wutscher, Landesobmannstellvertreter des Seniorenbundes Kärnten (links), und Thomas Richter, Bundes- und Landesobmann des Seniorenrings, berichten über die Probleme ihrer Mitglieder in der digitalen Welt.
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Vor allem ältere Menschen haben mit der Onlinewelt oft zu kämpfen, wenn es etwa um das Stellen von Anträgen oder Bankgeschäfte geht. Im Wolfsberger Rathaus wird über die Einrichtung einer eigenen Anlaufstelle für solche Fragen angedacht.
LAVANTTAL. Die zunehmende Digitalisierung stellt vor allem ältere Menschen immer häufiger vor Probleme im Alltag. Immer mehr Behördenwege können nur noch digital erledigt werden. Wer im Umgang mit Internet, Smartphone und Computer nicht fit ist, läuft Gefahr, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. „Viele alltägliche Tätigkeiten werden für Senioren immer komplizierter“, bestätigt Thomas Richler, Obmann des Seniorenrings in Österreich und im Bundesland Kärnten. „Das beginnt schon damit, dass man bei einigen Banken kein Geld mehr am Schalter einzahlen kann, man muss das an einem Automaten erledigen. Ganz schlimm ist es an den Bahnhöfen, wo die Schalter ja kaum noch besetzt sind“, so Richler. „Nicht zuletzt sind viele Anträge nur noch auf digitalem Wege möglich.“
Anlaufstelle gewünscht
Seiner Ansicht nach sei es unbedingt erforderlich, dass es zumindest in den Gemeindeämtern einen Ansprechpartner für Senioren gäbe, der bei derartigen Problemen weiterhilft, denn „wer keine Enkel oder Verwandte hat, die sich in der Online-Welt auskennen, der ist sprichwörtliche aufgeschmissen.“ Behördenwege sollten grundsätzlich auch auf analogem Wege ermöglicht werden.
Schamgefühl spielt mit
Von selbst würden die Senioren kaum technische Hilfe in Anspruch nehmen. „Da spielt natürlich auch viel Schamgefühl mit“, so Richler. „Auch wenn man eine bestimmte Aufgabe am Computer oder Handy von jemandem erklärt bekommt, passiert es ganz schnell, dass man das wieder vergisst. Und da man ja nicht lästig sein und niemandem zur Last fallen will, fragt man lieber kein zweites oder drittes Mal nach.“ Vor allem jene Menschen ab 75 sehen sich derzeit zunehmend mit diesen Problemen konfrontiert. Der Seniorenring-Obmann hofft, dass sich die Situation im Lauf der Zeit wieder entspannen wird. „Ich gehe davon aus, dass jene Menschen, die heute etwa 50 Jahre alt sind, in ihrer Pension weniger Probleme mit der Digitalisierung haben werden. Viele von ihnen haben während ihrer Erwerbstätigkeit den Umgang mit Computern erlernt.“
Übergangsfrist gefordert
Auch Albert Wutscher, Landesobmann-Stellvertreter und Bezirksobmann des Kärntner Seniorenbundes, kennt die Probleme: „Aus unserer Erfahrung sind die Mitglieder des Seniorenbundes digital versiert und nutzen häufig Plattformen wie WhatsApp und Facebook. Dennoch stellen Erledigungen von Amtswegen und Online-Banking für viele eine Herausforderung dar. Hier fehlt es oft nicht nur an digitalen Kompetenzen, sondern auch an einem Gefühl der Sicherheit. Deshalb fordert der Kärntner Seniorenbund, dass Verwaltungs-, Bank- und Versicherungsangelegenheiten zumindest in den nächsten zehn Jahren weiterhin analog abgewickelt werden können. Diese Übergangsfrist ist notwendig, um alle Generationen schrittweise in die digitale Welt zu integrieren.“
Positiver Trend
Der Seniorenbund Kärnten stehe in engem Kontakt mit dem Gemeindebund und setzt sich dafür ein, dass die ältere Generation Unterstützung bei digitalen Amtswegen erhält. „Die Unterstützung der Gemeinden variiert je nach verfügbaren Ressourcen, zeigt jedoch überwiegend einen positiven Trend“, so Wutscher.
Digitalkurse
Doch auch der Seniorenbund selbst geht beispielhaft in die digitale Zukunft. In ganz Kärnten werden Workshops zur Nutzung von Handy, Tablet und Laptop angeboten. Durch die Unterstützung ehrenamtlicher „Digital Natives“ wird das generationsübergreifende Verständnis für die digitale Welt gefördert. Gemeinsam mit Kooperationspartnern wie A1 und der Landespolizei Kärnten bietet der Seniorenbund zudem Kurse und Vorträge zum sicheren Umgang mit dem Internet an. Die Angebote stoßen auf großes Interesse. Allein im Bezirk Wolfsberg hat Wutscher in den letzten zwei Jahren Kurse mit gesamt 1.250 Teilnehmern organisiert.

- Bgm. Hannes Primus (SPÖ), Stadträtin (FPÖ)
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Antrag im Gemeinderat
Auf politischer Ebene machte zuletzt die Wolfsberger Stadträtin/Bundesrätin Isabella Theuermann (FPÖ) auf das Thema "digitale Hürde" aufmerksam. Im Wolfsberger Gemeinderat stellte sie den Antrag auf Einrichtung einer eigenen Anlaufstelle im Rathaus, die Kronen Zeitung berichtete darüber. „Es geht nicht nur um ältere Menschen, sondern um alle, die keinen Internetzugang oder zu geringe Kenntnisse im Umgang mit dem Internet haben“, so Theuermann. „Bei Themen wie Heizkostenzuschuss und zuletzt dem Reparaturbonus haben wir gesehen, dass hier Handlungsbedarf besteht.“
Alles nur geklaut?
Irritiert über Theuermanns Vorstoß zeigte sich die ÖVP-Fraktion mit Sprecherin Waltraud Beranek. Sie wirft der FPÖ Ideenklau vor: "Wir haben schon am 13. Juli des Vorjahres einen sinngemäß gleichlautenden Antrag eingebracht. Daraufhin fanden Gespräche mit der zuständigen Referentin Michaela Lientscher statt, auch die Wolfsberger Senioren- und Pensionistenvereine wurden eingebunden. An der Umsetzung einer Info- und Servicestelle wird schon seit Monaten intensiv gearbeitet und sie steht kurz vor der Umsetzung. Von Seiten der Stadträtin Theuermann wurde in all der Zeit kein Interesse an Mitarbeit bekundet."
"Schicken niemanden weg"
Und was meint Bürgermeister Hannes Primus (SPÖ) dazu? „Dass wir Menschen mit IT-Problemen im Rathaus weiterhelfen, ist für uns bereits jetzt eine Selbstverständlichkeit. Unsere IT-Abteilung ist täglich mit derlei Anliegen beschäftigt, auch die Mitarbeiter im Sozialamt stehen immer mit Rat und Tat zur Seite. Ich selbst habe schon Formulare und Wohnungsansuchen für Bürger ausgedruckt, wenn es nötig war. Wir schicken sicher niemanden weg, der sich an uns wendet“, so Primus.


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