Selbsternannte Tugendwächter auf dem Vormarsch
POLITICAL CORRECTNESS - Selbsternannte Tugendwächter auf dem Vormarsch
Was sind Tugendwächter? Brauchen wir solche in der heutigen Zeit? Und wenn ja, welche Personen stecken dahinter?
Beginnen wir am Anfang.
Per Definition sind Tugendwächter Personen, die über das sittliche, moralisch einwandfreie Verhalten anderer wachen.
In Österreich hat sich in der letzten Zeit, ein regelrechter Tugendterror entwickelt. Die selbsternannten "politisch Korrekten" wähnen sich im Besitz der alleinigen Wahrheit und verweigern deshalb jedes Recht auf Widerspruch. Dies gilt in erster Linie für die in Österreich vorherrschenden Tabuthemen: die nationalsozialistische Geschichte Österreichs, die Frauen sowie die Ausländer. Und wenn man sich diesen Themen doch aufgeschlossen nähert, schlägt unbarmherzig die "Faschismuskeule" nieder. Ist man mit diesem Totschlagargument als Faschist, Rassist oder Sexist erfolgreich verunglimpft worden, wird man zum Aussätzigen degradiert, dem keine Gelegenheit mehr geboten wird, seinen Standpunkt darzustellen.
So ist es seit geraumer Zeit aus vermeintlich antidiskriminierenden Gründen nicht mehr korrekt, von Zigeunern zu sprechen. Nur im Deutschen - und wirklich nur im Deutschen! - heißt es jetzt politisch korrekt «Roma und Sinti», wobei diese Bezeichnung vollkommen inkorrekt ist, da es sich hierbei lediglich um die zwei Hauptstämme der Zigeuner handelt. Im Grunde genommen ist die generalisierende Bezeichnung «Roma und Sinti» sogar rassistisch, da sie die kleineren Zigeunerstämme, wie z. B. die Lalleri, die Manusch, die Joneschti, die Polatschia, die Sikligars, die Boschi oder die Calé ignoriert und damit diskriminiert.
Auch sollte beispielsweise ein Knastinsasse politisch korrekt besser als „sozial Separierter“ bezeichnet werden, ein Cowboy besser als „Funktionär der Rinderkontrolle“, ein Erdbeben als „geologische Korrektur“ und ein Obdachloser als „residentiell flexibel“. Wer impotent ist, ist „erektionalbegrenzt“. Wer kleinwüchsig ist, ist „vertikal benachteiligt“ beziehungsweise „vertikal herausgefordert“. Der Glatzkopf leidet nicht unter Haarausfall, sondern unter „follikulärer Regression“. So sind denn in der Welt der politisch Korrekten alle wichtigen Probleme gelöst: von der Impotenz bis zum Haarausfall.
Merken Sie etwas? Die Diskussionen drehen sich nur noch um die korrekte, nichtdiskriminierende Bezeichnung. Die Politische Korrektheit scheitert aber an dem Versuch, tatsächliches Verständnis für die Belange der Minderheiten zu erzeugen.
Nur nebenbei bemerkt: Das Binnen-i findet sich fast ausschließlich als Anhang von positiven oder zumindest neutral besetzten Wörtern wie ProfessorInnen, KünstlerInnen etc. Haben Sie schon einmal von VerbrecherInnen, MörderInnen
oder TerroristInnen gehört? Auch von den Wörtern Folterknechtin (oder besser Foltermagd), Faulpelzin oder Dickschädelin hat Gender- Mainstreaming bisher
die Finger gelassen
Der Amoklauf von Tugendwächtern
Ein Beispiel: Das Thema Asyl ist in Österreich derzeit allgegenwärtig, die Debatte ist aufgeheizt und unser Land scheint derzeit nicht in der Lage zu sein, die vielen Flüchtlinge angemessen unterzubringen. Kritiker sprechen von unzumutbaren Zuständen in den völlig überfüllten Flüchtlingsunterkünften, insbesondere in einer Einrichtung im niederösterreichischen Traiskirchen. Hunderte Menschen schlafen dort in Zelten oder gar unter freiem Himmel.
Vor einigen Wochen schrieb nun ein 17-jähriger Lehrling auf Facebook, scheinbar ohne über die Folgen seines Tuns nachzudenken, einen diskriminierenden Satz über Flüchtlinge, den einige Tugendwächter an den Arbeitgeber des Lehrlings weiterreichten. Dort zog man die Notbremse – und beendete den Lehrvertrag mit sofortiger Wirkung.
Persönlich finde ich seine Aussage (die ich hier nicht wiedergeben will) absolut entbehrlich, dennoch sollte man jedem Menschen immer auch eine Chance geben, über sich und sein Tun nachzudenken und daraus zu lernen. Hundert Stunden freiwillige Arbeit und eine öffentliche Entschuldigung wären hier auch ein Weg gewesen.
Jene Tugendwächter aber, die das Posting an den Arbeitgeber gemeldet, sich somit nicht nur mit einer Anzeige begnügt haben und sich nun daran erfreuen, dass es Konsequenzen gab, übersehen dabei wie nahe sie bereits an der Blockwart-Mentalität dran sind.
Blockwarte gab es in der Nazizeit - in jedem Block (Häuserblock/Wohnviertel) ein Blockwart als Bindeglied zu den Nationalsozialisten. Diese sollten damals Augen und Ohren offen halten und Verstöße melden. Also eine sehr hässliche Sache!
Ohne die Aussage des 17jährigen Burschen auch nur im Ansatz gutheißen zu wollen, aber wäre eine vergleichbare Hysterie eigentlich vorstellbar, wenn ein sogenannter „Linker“ gegen „rechts“ hetzt? Auch diese „Hetzer“ gibt es vermehrt in sozialen Medien wie Facebook usw. Hier wird scheinbar mit zweierlei Maß gemessen. Ich denke es ist mittlererweile salonfähig geworden – der sogenannte Kampf gegen Rechts. Nur der gilt als demokratisch, der „links“ ist, beziehungsweise zumindest „rechts“ ablehnt. Ein fairer und offener Disput wird schlichtweg außer Kraft gesetzt. Freie Meinungen und Gedanken werden in bestimmte Bahnen gelenkt, um ein Meinungsmonopol zu errichten. Das reicht bis in den Alltag hinein. Die Diktatur des Guten ist zum Massenwahn geworden.
Political Correctness wendet sich letzten Endes genau gegen das Gut, zu dessen Verteidigung wir gerade durch unsere Geschichte besonders aufgerufen
sind: unsere Meinungsfreiheit.
Was in den sechziger Jahren als sinnvolle Auseinandersetzung mit der Diskriminierung von Minderheiten begonnen hat, endet heute als pauschale
Dämonisierung und Stigmatisierung aller Andersdenkenden.
Montesquieu wusste bereits: „Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt
es auch keine Freiheit“.
Unserer Gesellschaft wäre geholfen, würde sie beherzigen, was Voltaire bereits im 18. Jahrhundert gesagt hat: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht. Ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug dafür kämpfen, dass sie Ihre Meinung frei äußern können.“ Ein Satz, der entwaffnet und die politisch Korrekten als die eigentlich Intoleranten entlarvt.
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