'Wir stehen vor dem Nichts'
Stellvertretend für die Belegschaft stand ein langjähriger Mitarbeiter Rede und Antwort.
HAINFELD (mg). Seit mehr als zwei Jahrzehnten arbeitet Josef (Name von der Redaktion geändert) bei der Firma Grundmann in Hainfeld. Aus Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen möchte er vorerst anonym bleiben.
BEZIRKSBLÄTTER: Wie würdest du die Stimmung im Betrieb beschreiben?
"Ich würde sagen, es herrscht eine Mischung aus Frustration, Resignation und Galgenhumor. Einige Kollegen glauben an die Ankündigungen der Firmenleitung und hoffen auf eine Rettung des Betriebs. Der Großteil der Belegschaft befürchtet aber das baldige, endgültige Aus."
Ihr wartet seit längerem auf eure Löhne?
"Ja, ich bekam zuletzt meinen Lohn für Mai ausbezahlt. Seitdem kam nichts mehr. Ich schlitterte dadurch, wie auch viele meiner Kollegen, in finanzielle Probleme. Ich habe eine Familie zu ernähren, auch der Kredit für unser Haus muss zurückgezahlt werden. Lange kann ich diese Situation finanziell nicht mehr stemmen."
Wie sieht die Zukunft aus?
"Alles andere als rosig. Viele meiner Kollegen sind wie auch ich 50 Jahre oder älter. Die Zahl der Arbeitsuchenden steigt ohnehin immer höher. Wer will uns denn am Arbeitsmarkt? Wenn es mit Grundmann zu Ende geht, hoffe ich persönlich stark auf Unterstützung seitens des AMS, etwa in Form einer Umschulung."
Wer ist schuld an der Situation?
"In meinen Augen ist nicht eine einzelne Person schuld. Über Jahre lief es schon nicht gut. Doch offensichtlich verschloss man immer wieder die Augen vor der Realität, machte weiter, ohne sich dem Markt anzupassen. Bei der Neuübernahme setzten wir große Hoffnungen in die neue Führung."
Billigkonkurrenz aus Asien soll am Niedergang schuld sein.
"Das mag teilweise zutreffen. Natürlich heizen uns diese Mitbewerber gewaltig ein. Doch darauf hätte sich die Firmenleitung einstellen müssen. Andere europäische Hersteller kommen doch auch mit der asiatischen Konkurrenz klar."
Wenn man sich umhört, bekommt auch die Politik ihr Fett ab.
"Die Firma bekam großzügige Förderungen. Doch wichtige Aufträge der öffentlichen Hand, die wir dringend gebraucht hätten, blieben in den letzten Jahren aus. Von den üblichen Mitleidsbekundungen verschwindet das Minus auf einem Konto nicht. Mehr als die Hälfte meiner Arbeitsjahre war ich bei Grundmann. Ich hätte nie gedacht, in diese Situation kommen zu können."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.