Ganze Stadt steht gegen ÖBB-Pläne auf

- Die neue Trasse soll doppelt so breit wie bisher werden.
- hochgeladen von Kurt Traxl
Brunner: „Wir lassen uns nicht überfahren“
„Die Stadt Leonding ist grundsätzlich nicht gegen den Ausbau der Westbahnstrecke, wir kritisieren nur wie das Projekt realisiert wird – ohne Rücksicht auf die Menschen die hier leben“, so Bürgermeister Walter Brunner. "Seit 2003 bemühen wir uns um eine verträgliche Lösung. Die Bedürfnisse Leondings wurden immer ignoriert, deshalb wurde auch vor drei Jahren die Bürgerinitiative ́Impulse Schiene Leonding ́ ins Leben gerufen. Doch seitens der ÖBB will man uns nicht hören, also müssen wir nun lauter werden. Wir lassen uns nicht überfahren!“
Alle zwei Minuten ein Zug mitten durch die StadtDie neue Gleisanlage wird inklusive der Begleitmaßnahmen wie Entwässerung, Lärmschutzwände und Begleitwege bis zu 40 Meter breit werden und das gesamte Stadtgebiet über die ganze Ausdehnung durchschneiden. Auf diesem neuen Gleisabschnitt werden in Zukunft täglich 600 Hochgeschwindigkeitszüge mit über 200 km/h im Abstand von etwa zwei Minuten vorbei fahren – und das Tag und Nacht. Der Güterverkehr soll intensiv ausgebaut werden, diese Züge sind zwar etwas langsamer unterwegs aber bekanntlich extrem laut.
Lärm gefährdet die Gesundheit
„Die ÖBB argumentieren, dass die Lärmbelastung sich nur marginal verschlechtern wird und daher keine besonderen Lärmschutzmaßnahmen nötig seien. Schon jetzt werden nachweislich die erlaubten Werte überschritten. Zudem muss man das Gesamtbild betrachten, wie die einbindende Pyhrnbahn mit fast ausschließlich Güterzügen, mit dem in diesem Bereich gebündelten Straßenlärm und dem Flugverkehr. Sollen wir in Leonding mit bisher unerreichten Spitzenwerten was die Lärmbelästigung betrifft leben müssen? Und das wirkt sich, wie zahlreiche medizinische Studien beweisen, negativ auf die Gesundheit unserer Bürger aus. Es kommt zu erhöhtem Stress, Konzentrations- und Schlafstörungen. Das ist nicht akzeptabel“, erklärt Bürgermeister Brunner. Wenn sich die Wohnqualität verringert, müssen wir mit wirtschaftlichen Auswirkungen wie Absiedlung oder Wertminderung von Immobilien und Grundstücken rechnen. Leonding verliert durch die Teilung der Stadt in Nord und Süd zudem seine Identität und Attraktivität als Wirtschaftsstandort, das dürfen wir nicht zulassen.“
Bahn soll tiefer gelegt werden
Die Stadt Leonding fordert daher eine Einhausung und Tieferlegung der Trasse. Nur so sind die negativen Auswirkungen vermeidbar. Eine von der Stadt beauftrage Planung der Tieferlegung und Einhausung wurde den ÖBB vorgelegt. Die technische Durchführbarkeit dieser Planung und ihre positiven Auswirkungen für die Stadt wurden von den ÖBB geprüft und bereits bestätigt. Dennoch weichen die ÖBB nicht von ihren Plänen ab. Dabei führen andere Streckenabschnitte der Westbahn, wie beispielsweise im Tullnerfeld, ebenfalls durch Tunnelanlagen, obwohl diese Regionen kaum besiedelt sind.
Gemeinsame Stimme Leondings
Der Gemeinderat hat letzte Woche einstimmig beschlossen, die Landesregierung und den Landtag per Resolution zu ersuchen, die Stadt Leonding in dieser Frage aktiv zu unterstützen.
Die Stadt Leonding fordert daher im ersten Schritt einen offenen, konstruktiven Dialog. „Zu Beginn der Verhandlungen wurde eine ehrliche Kommunikation versprochen, doch nach mehreren Gesprächen zwischen der Stadt Leonding und ÖBB wurde klar, dass sich die ÖBB keinen Millimeter bewegen wollen“, sagt Bürgermeister Brunner an. „So lassen wir uns nicht abspeisen. Für die Fraktionen im Gemeinderat ist das kein parteipolitisches Thema, es geht uns allen um die Sache. Wir werden auch die Leondinger Bürgerinnen und Bürger mobilisieren, gemeinsam dafür zu kämpfen, dass es auch weiterhin heißen kann ́Schön hier zu leben ́.“
Stellungnahmen der ÖBB:
ÖBB und BMVIT sind seit Jahren mit der Gemeinde Leonding in gutem Gespräch, um gemeinsam eine Lösung für die Wünsche der Gemeinde zu finden. In Leonding wird die Bahn wie bisher fahren, statt zwei werden vier Gleise vorhanden sein. Das ÖBB- Projekt bringt, im Vergleich zur heutigen Situation, einen umfangreicheren Lärmschutz und damit auch deutliche Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger von Leonding. Die Gemeinde Leonding möchte einen Teil der Weststrecke überdachen, um damit Grundstücke neben der Bahn aufzuwerten und mehr Lärmschutz zu erhalten. Dieser Wunsch einer Überdachung der Strecke ist technisch umsetzbar, bringt aber keinen zusätzlichen Lärmschutz. Am 19. Jänner 2015 fand der letzte gemeinsame Gesprächstermin statt, dabei haben die ÖBB auch angeboten, die Überdachung mit zu errichten, wenn die Gemeinde die Finanzierung sicherstellt. Die ÖBB kann das nicht mit dem ihr anvertrauten Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher. Wir reden dabei von Mehrkosten von über 100 Mio. Euro. Bei der Diskussion handelt es sich um ein Raumordnungsthema der Gemeinde Leonding, da kann die ÖBB nicht helfen. In den letzten Jahren der Planungsphase haben wir in insgesamt rund 50 Gemeindeforen in den betroffenen Standortgemeinden entlang der Bahnstrecke den Dialog gesucht und die Informationen zum Projekt an die Gemeindevertreter und Betroffenen weitergetragen. In der kommenden Woche werden zwei geplante ganztägige Informationsveranstaltungen in Hörsching und Leonding von den ÖBB für alle Betroffenen und Interessierten abgehalten. Das ermöglicht den Bewohnerinnen und Bewohnern der Standortgemeinden sich persönlich über das Projekt zu erkundigen und etwaige Fragen im Gespräch mit mehreren Fachexperten zu klären. In den vergangenen Tagen erhielten zudem die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Standortgemeinden per Postwurf eine Informationsbroschüre zum Projekt. Den ÖBB ist eine respektvolle Zusammenarbeit mit den Standortgemeinden auch weiterhin sehr wichtig. Wir beschreitet daher bereits seit Jahren den Weg der aktiven Bürgerbeteiligung. Information und Bürgerbeteiligung sind ebenso fester Bestandteil wie Arbeitsforen und Detailgespräche.
Im speziellen möchten wir nochmals auf das Thema Lärmschutz eingehen: Die Empfindung von Lärm wird subjektiv sehr unterschiedlich bewertet. Zum Beispiel wird Straßenverkehrslärm von Betroffenen stärker als Belästigung wie Schienenverkehrslärm empfunden. Die ÖBB sind daran gebunden gemäß den in Österreich gültigen Rechtsvorschriften für die schalltechnische Beurteilung der Schienenstrecken die Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung (SchIV) heranzuziehen. Das heißt, im Bereich Leonding können die Lärmgrenzwerte mit konventionellem Lärmschutz, also Lärmschutzwänden und Lärmschutzfenstern, eingehalten werden. Mit der von der Stadtgemeinde Leonding gewünschten Einhausung und Tieflage der Bahnstrecke würde man keinen zusätzlichen Lärmschutz erzielen.



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