"Die Pathologie steht eher am Anfang einer Behandlung als am Ende"
Für Pathologen ist es stets ärgerlich, wenn wieder mal in Fernsehkrimis die Pathologie mit der Rechtsmedizin verwechselt wird. Farid Moinfar, Leiter des Instituts für klinische Pathologie und Prosektur am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz, spricht im Interview über das falsche Bild vieler Menschen von seinem Beruf, seine wahren Aufgaben und die beste Erfindung der Welt.
Das triste Dasein der Pathologie in vielen Filmen steht in krassem Gegensatz zu dem, was einen im Institut für klinische Pathologie und Prosektur am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz erwartet. Kein Kämmerchen im Keller, sondern ein einladender, großer Raum im Zwischenstock, in dem mehrere Mitarbeiter zusammenarbeiten. Auch der neue Leiter der Pathologie, Farid Moinfar, ist alles andere als ein unmotivierter Grantler á la Josef Hader im Film "Aufschneider". Er strahlt dieselbe Freundlichkeit und Ruhe aus wie sein Arbeitsplatz.
Hauptsächlich arbeitet der Pathologe nämlich nicht, wie oft fälschlich angenommen, im Seziersaal, sondern vor dem Mikroskop. Wie kommt es zu diesem falschen Bild? „Obduktionen und Autopsien sind historische Aufgaben der Pathologie. Inzwischen haben sich die Aufgaben stark verändert. Leider werden zudem viele amerikanische Krimis und Serien falsch übersetzt. Was man dort sieht, sind meist Gerichtsmediziner, keine Pathologen“, sagt Moinfar.
Ursache von Krankheiten
Während sich die Gerichtsmedizin mit Spurensicherung, der Suche nach Verletzungen und toxikologischen Gutachten beschäftigt, sind die Aufgaben der Pathologie ganz andere. "Die Pathologie steht eher am Anfang einer Behandlung als am Ende." Sie beschäftigt sich mit dem Krankheitsverlauf, den Ursachen von Krankheiten und dem Untersuchen von Gewebsproben. Die Pathologie wird nicht nur bei bereits verstorbenen Patienten zu Rate gezogen, sondern beschäftigt sich zu 95 Prozent mit dem lebenden Menschen.
Auswirkungen auf Behandlungserfolg
"Wenn etwa in einer Brust eine suspekte Wucherung entdeckt wird, wird eine Probe entnommen. Der Pathologe untersucht die Gewebeprobe und kann so feststellen, ob die Wucherung gutartig oder bösartig ist", erklärt Moinfar. Pathologen tragen demnach eine hohe Verantwortung: "Diese frühzeitigen Informationen des Pathologen sind wesentliche Entscheidungsgrundlagen für die Wahl der weiteren Behandlungsschritte. Macht der Pathologe einen Fehler, kann das markante Auswirkungen auf den Erfolg der Behandlung haben. Pathologen tragen also einen großen Teil dazu bei, die Überlebenschancen eines Patienten zu erhöhen."
Pathologen sind zudem integraler Bestandteil der sogenannten Tumorboards. Dabei handelt es sich um fast tägliche stattfindende Treffen von Kollegen verschiedenster Fachrichtungen, in dem die Vorgehensweise bei Medikation, Operation und Therapie – meist bei Tumorerkrankungen – anhand aktueller Patientenfälle besprochen wird. Die Pathologen sind von Anfang an in diesen Zirkel eingebunden. "Ein Pathologe muss heute ein Teamplayer sein", so Moinfar.
Diagnose und Forschung
Der gebürtige Perser hat sein Interesse für die Mikroskopie bereits während des Studiums in Wien und Graz entdeckt. "Ich wollte immer wissen, wie die Zellen aussehen und was gewisse Zellen so bösartig macht." Inzwischen hegt Moinfar eine Liebe und enthusiastische Begeisterung für das technische Gerät: "Ich halte das Mikroskop für eine der wichtigsten Erfindungen unserer Zeit." Am Ende seines Studiums entschied er sich daher für die Pathologie: "Es handelt sich um ein sehr dynamisches Fach. Man ist diagnostisch tätig, aber auch in der Forschung. Das ist wichtig, denn ohne Forschung bleiben wir immer, wo wir sind. Wir Pathologen können innovative Ideen liefern und damit neue Therapien anstoßen. Dazu muss man immer bereit sein, ein Dogma in Frage zu stellen."
Infos für Patienten
Der Leiter der Pathologie plant, sein Institut am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern künftig ein Stück weit zu öffnen: "In Graz hatte ich oft direkten Kontakt mit Patienten, etwa wenn der Wunsch nach mehr Informationen da war. Ich könnte mir vorstellen, das in ähnlicher Form künftig auch in Linz anzubieten. Für manche Patienten ist es eine unglaubliche Erleichterung, verständlich die Ursachen ihres Leidens aus einer ganz anderen fachlichen Perspektive erklärt zu bekommen.
Zur Person
Mit 1. Mai 2014 übernahm Farid Moinfar die Leitung des Instituts für klinische Pathologie und Prosektur am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz. Moinfar war zuletzt als Oberarzt am LKH Graz tätig, wo er die Einheit für Mamma-Pathologie und Gynäkologische Pathologie sowie die „Unit of Molecular Breast & Gynecologic Pathology“ leitete.
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