Feuerwehrfrau Kerstin Koch: (Fast) Allein unter Männern

Einer der spektakulärsten Einsätze von Kerstin Koch: Der Donaulagerbrand im Jahr 2008. | Foto: Linz AG
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  • Einer der spektakulärsten Einsätze von Kerstin Koch: Der Donaulagerbrand im Jahr 2008.
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Die Stadt Linz sucht Frauen zur Berufsfeuerwehr. Derzeit gibt es noch keine hauptberufliche Feuerwehrfrau. Mit einer Informationsveranstaltung am 16. Mai will sie deswegen gezielt Frauen und Mädchen dafür interessieren. Mit dabei ist auch Kerstin Koch (36) von der Betriebsfeuerwehr der Linz AG, die an diesem Tag über ihre Erfahrungen Auskunft geben wird. Die StadtRundschau hat im Vorfeld mit ihr gesprochen.

Seit wann sind sie bereits bei der Feuerwehr?
Ich arbeite bei der Linz AG und bin 2003 der Betriebsfeuerwehr beigetreten, weil ich nach einem Ausgleich zum Büroalltag gesucht habe. In Linz gibt es eine Berufsfeuerwehr, vier Freiwillige Feuerwehren und neun Betriebsfeuerwehren. Ich bin die allererste Frau gewesen, die im Bezirk Linz-Stadt zur Feuerwehr gegangen ist und war damals alleine unter ca. 900 Männern.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Der Kommandant war sich bewusst, dass es Skeptiker geben wird, gab mir aber eine Chance. Anfangs herrschte Verwirrung unter den Kameraden und die erste Zeit war hart. Ich hab klar gemacht, dass ich keine Sonderstellung möchte, sondern einfach ein Teil vom Ganzen bin. Ich kam schon bald als Schriftführerin ins Kommando, besuchte Lehrgänge, absolvierte Leistungsabzeichen und war beliebte Ansprechperson, wenn einer etwas brauchte. Heute bin ich fixer Bestandteil der Linz AG Betriebsfeuerwehr, mittlerweile Lotsenkommandantin, Schiffsführerin, Bewerterin an den OÖ-Landesfeuerwehrleistungsbewerben und werde von meinen Kameraden voll akzeptiert.

Gibt es inzwischen mehr Feuerwehrfrauen in Linz?
2012 kam Daniela Hirnschrodt dazu, ebenfalls bei der Linz AG. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Frauen zur Feuerwehr gehen. Als erste hatten wir es natürlich viel schwerer. Ich bin in eine Männerdomäne eingebrochen und musste mir meinen Platz erkämpfen. Je mehr Frauen es probieren und mitmachen, desto besser kann man sich gegenseitig unterstützen.

Was gehört zu Ihren Aufgaben als Feuerwehrfrau?
Ich gehöre zur Gruppe Center. Wir werden von unserer Netzleitzentrale, vorwiegend wenn Einrichtungen der Linz AG betroffen sind, per Pager alarmiert. Wir sind sofort da, wenn etwa Brandmelder anschlagen, eine Straßenbahn entgleist und in die Schienen gehoben werden muss, oder etwas im Fernheizkraftwerk oder Hafen passiert. Bei gröberen Vorkommnissen im Stadtgebiet, etwa großen Bränden, stehen wir auch bereit um die Berufsfeuerwehr zu unterstützen. Die Aufgaben sind sehr vielfältig. Wir haben auch eine Tauchgruppe, die zum Stützpunkt 1 gehören. Als 2010 ein Ruderer aus dem Kanu in den Traunsee gefallen ist und vermisst wurde, habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir mit Boot und Taucher bei der Suche helfen.

Bei der Feuerwehr gibt es also viele Möglichkeiten zur Spezialisierung und Weiterbildung?
Ja, es gibt spezielle Ausbildungen, etwa in den Bereichen Atemschutz, Funk, Technische Hilfeleistung, Strahlenschutz, Tauchen, Höhenrettung, eine Sprengausbildung und vieles mehr. Ich selbst habe elf Leistungsabzeichen und war die zweite Frau überhaupt, die das Wasserwehr-Leistungsabzeichen in Gold geschafft hat.

Gibt es einen Einsatz, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Das war sicher der Gefahrengut-Lagerbrand im Hafen 2008. Im Lager befanden sich zahlreiche brennbare Stoffe und ätzende Chemikalien. Als wir ankamen, stand das Gebäude bereits in Vollbrand, die schwarze Rauchwolke war kilometerweit zu sehen, es gab immer wieder Explosionen. 80 Mann von allen Linzer Feuerwehren waren im Einsatz. Einen Brand in diesen Dimensionen erlebt nicht jeder Feuerwehrmann.

Hat man in solchen Momenten Angst?
Angst darf man nicht haben, aber man muss sich natürlich der Gefahr bewusst sein. Der wichtigste Grundsatz ist: Man muss das Feuer verstehen, um es löschen zu können. Wir haben in zahlreichen Ausbildungen gelernt, wie man damit umgehen muss und es ist eine große Herausforderung, das Gelernte umzusetzen, denn bei solchen Einsätzen herrscht Ausnahmezustand. Das lernen wir bei Übungen, die regelmäßig alle zwei Wochen stattfinden.

Was müssen Frauen mitbringen, wenn sie zur Feuerwehr wollen?
Wichtig ist eine gewisse Grundfitness und Kraft. Man sollte sportlich, mutig und mental gefestigt sein und darf keine Angst vor Schmutz und Gefahren haben. Man muss sich im Klaren sein, dass man selbst erst dann ins Haus geht, wenn alle anderen hinauslaufen. Das braucht Zivilcourage. Wichtig ist auch Teamfähigkeit, denn man muss sich blind auf seine Kameraden verlassen können. Man muss für den Dienst bei der Feuerwehr brennen.

Warum sind in Linz so wenige Frauen bei der Feuerwehr?
Wir sind in der Stadt bei weitem noch nicht am selben Niveau wie am Land, wo es in den Freiwilligen Feuerwehren viele Mädchen und Frauen gibt. Die Freiwilligen Feuerwehren im Linzer Stadtgebiet haben nur ein kleines Kontingent an Plätzen. Wenn man diese gesetzliche Verordnung lockern würde, wäre es sicher einfacher. Als Feuerwehrfrau bei der Berufsfeuerwehr ist es natürlich noch einmal etwas anderes. Zudem ist das Berufsbild sehr herausfordernd und viele haben Angst vor der Aufnahmeprüfung. Diese Scheu wollen wir den Frauen und Mädchen beim Impulstag nehmen.

Was würden Sie interessierten Frauen raten?
Es einfach zu probieren. Die Feuerwehr ist unglaublich spannend und vielfältig. Der Dienst bringt einen auch persönlich weiter. Man lernt viel fürs Leben und kann seinen Horizont erweitern. Ich persönlich lebe und handle nun viel vorausschauender. Und man kann anderen Menschen helfen.

Was wünschen Sie sich vom Impulstag?
Es ist in den Köpfen vieler Frauen drinnen, dass Frauen das nicht können oder sich das nicht zutrauen. Das wollen wir ändern. Für den Feuerwehrdienst ist nicht jeder geeignet, auch viele Männer nicht. Frauen bringen jedoch viele nützliche Kompetenzen mit. Wenn sich eine Frau dafür interessiert, sollte sie auch die Möglichkeit bekommen, zur Feuerwehr zu gehen. Das Geschlecht sollte egal sein, wenn man freiwillig sein Leben aufs Spiel setzt, um anderen zu helfen.

INFOTAG

Sportliche Frauen zwischen 19 und 25 Jahren können sich am Infotag am 16. Mai, ab 14 Uhr, ein Bild von der Berufsfeuerwehr und ihren vielfältigen Aufgaben machen. Bei der Hauptfeuerwache in der Wiener Straße 154 gibt es packende Demonstrationen, Einblicke in den Feuerwehralltag, Führungen durch die Feuerwache und Infos zu Aufnahme bei der Berufsfeuerwehr im September 2014. Es werden auch zahlreiche aktive Feuerwehrfrauen anwesend sein, die von ihren Erfahrungen berichten.

Alle Infos auf www.linz.at/feuerwehrfrauen

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