Pflege, Betreuung und Erziehung? Männersache!

Beim Boys’ Day können Zwölf- bis 18-Jährige in soziale Beruf hineinschnuppern und selbst mit anpacken. | Foto: Boys’ Day
  • Beim Boys’ Day können Zwölf- bis 18-Jährige in soziale Beruf hineinschnuppern und selbst mit anpacken.
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  • hochgeladen von Nina Meißl

"Das Thema Familie und Kinder hat mich schon interessiert, als ich selbst noch ein Kind war. Daher habe ich eine Ausbildung zum Kindergarten- und Hortpädagogen gemacht und anschließend die Sozialakademie besucht", sagt Markus Kraxberger, der heute als Sozialarbeiter im Familienzentrum Pichling arbeitet. Auch für Berufs- und Sozialpädagoge Can Lichtenberg war "schon mit 16 Jahren klar, dass ich in den Sozialbereich möchte". So wie diesen beiden geht es nur den wenigsten jungen Männern. Obwohl Frauen und Männern theoretisch jede Ausbildung und jeder Beruf offensteht, findet in der Praxis immer noch eine überwiegend geschlechtstypische Berufswahl statt. Laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer bilden weiterhin die Berufe Metall-, Elektro- und KFZ-Technik die Spitze der beliebtesten Lehrlingsausbildungen bei Burschen. Das hat sich in den vergangenen 30 Jahren kaum verändert. Die Berufsgruppen Soziales und Erziehung hingegen sind mit einem Frauenanteil von mehr als 70 Prozent ein klar weiblich dominierter Bereich.

Spannende Einblicke

Um das zu ändern, findet heuer zum neunten Mal der Aktionstag "Boys’ Day" statt. Zehn- bis 18-Jährige sollen damit für Erziehungs- und Pflegeberufe begeistert werden. Soziale Einrichtungen wie Kindergärten, Krankenhäuser oder Altenheime bieten am 10. November Schnuppermöglichkeiten an. So lernen die jungen Burschen neue Berufsfelder kennen und können auch gleich mit anpacken und mithelfen. Vorzugsweise männliche Mitarbeiter stellen den Teilnehmern ihren Beruf in der Praxis vor. Zusätzlich bieten Workshops an Schulen die Möglichkeit, Themen wie Arbeits-, Berufs- und Zukunftsvorstellungen, Männlichkeitsbilder und Geschlechterklischees zu diskutieren. "Initiativen wie der Boys’ Day sind unbedingt notwendig, damit Barrieren für Burschen, in den Sozialbereich zu gehen, möglichst abgebaut werden", sagt Kraxberger.

Späte Berufung

Die meisten jungen Männer kommen erst beim Zivildienst in Kontakt mit der Arbeit im sozialen Bereich. Einer davon ist Martin Lehenauer. Er absolvierte seinen Zivildienst in einem Altenheim. Als ihn sein ursprünglich erlernter Beruf im Bereich Gastronomie/Eventmanagement nicht mehr erfüllte, erinnerte er sich an die rückblickend "sehr wertvolle Zeit". Heute lässt sich der 37-Jährige zum Fachsozialbetreuer Altenarbeit ausbilden und arbeitet im Caritas-Seniorenwohnhaus St. Anna in Linz. "Ich arbeite gerne mit Menschen und eine sinnvolle Tätigkeit war mir sehr wichtig, ebenso wie ein Beruf mit gesicherter Zukunft. In meinem vorigen Beruf habe ich beinahe alles erreicht, was auf der Karriereleiter möglich war, und war trotzdem nicht glücklich. Jetzt bin ich viel zufriedener. die Dankbarkeit unserer Bewohner ist ein sehr schöner Lohn und gibt mir die Sicherheit, eine sinnvolle und wichtige Tätigkeit auszuüben."
Ähnlich geht es Christoph Knapp. Der 39-Jährige war Fluglehrer und Rettungssanitäter und befindet sich nun ebenfalls in der Ausbildung zum Fachsozialbetreuer Altenarbeit: "Ich schätze besonders die Aufgabe, ältere Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen und sie wieder herzlich lachen zu sehen. Natürlich tat ich mich mit manchen Dingen am Anfang schwer, etwa bei der Körperpflege. Aber im Unterricht lernt man Fähigkeiten, die einem helfen, sich als Spezialist im Hinblick auf alte Menschen zu sehen und das ist eine ehrenvolle und verantwortungsvolle Tätigkeit."

Türöffner

Männliche Bezugspersonen wie Kindergärtner, Pfleger oder Volksschullehrer in Zukunft werden dringend gebraucht. "Viele Jugendliche und junge Erwachsene kommen aus einem geschiedenen Elternhaus. Meist hat der Vater die Familie verlassen und da kann ich mich als Bezugsperson, als Role Model oder einfach als ,großer Bruder' anbieten", erzählt Can Lichtenberg aus seinem Alltag als Sozialarbeiter. Diplomkrankenpfleger Alfred Kapplmüller aus Linz weiß, dass es in diesem Berufsfeld beide Geschlechter braucht: "Die Pflege wird dadurch verbessert und das Team gestärkt." Markus Kraxberger vom Familienzentrum Pichling sieht seine Rolle als "Türöffner": "Damit der Zugang für Männer in die Beratung gelingt, braucht es oft einen gleichgeschlechtlichen Berater. Das Reden über sich selbst – was für Burschen und Männer oft nicht einfach ist – wird so möglich."

Sozialpädagoge Tom Zuljevic-Salamon rät jungen Burschen, die sich für eine Ausbildung im Sozialbereich interessieren: "Lass dich von deinem Weg nicht abbringen, mach eine gute Ausbildung, trau dich und bleib dir selbst treu!"

Boys’ Day
Zum neunten Mal findet heuer am 10. November Aktionstag "Boys’ Day" statt, um mehr Männer für Erziehungs- und Pflegeberufe zu begeistern. In Oberösterreich öffnen heuer 86 Einrichtungen ihre Türen für interessierte Burschen. Anmelden kann man sich noch über die Aktionslandkarte auf www.boysday.at

Gewinnspiel
Alle Schulklassen, die dieses Jahr am Boys’ Day teilnehmen, können an einem Wettbewerb teilnehmen. Als Hauptpreis winken 1000 Euro für die Klassenkassa. Der Contest lädt ein, sich mit der Zukunft zu beschäftigen: Wie müsste ein Pflegewohnhaus im Jahr 2040 aussehen, um interessant und geeignet für Pflegebewohner und Pflegepersonal zu sein? Wie kann es gelingen, dass sich mehr Männer für Pflegeberufe interessieren? Teilnahme bis 30. November auf contest@boysday.at

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