Juwel oder Kopie?
Villa Weinmeister : "Der Abrissbescheid ist bereits raus"

Erhaltenswert oder nicht? Der drohende Abriss der Villa Weinmeister am Pöstlingberg sorgt für viele Diskussionen.  | Foto: Gerald Sopper
15Bilder
  • Erhaltenswert oder nicht? Der drohende Abriss der Villa Weinmeister am Pöstlingberg sorgt für viele Diskussionen.
  • Foto: Gerald Sopper
  • hochgeladen von Christian Diabl

Wird die Villa Weinmeister am Pöstlingberg abgerissen? Zwar halten sich die neuen Eigentümer, eine Linzer Immobilienfirma, noch bedeckt. Den Abrissbescheid haben sie offenbar aber bereits in der Tasche – mit dem Segen des Bundesdenkmalamts und sehr zum Unmut vieler Linzer Architekturfreunde.

LINZ. "Sehr betroffen" zeigt sich Walter Blumberger über den möglichen Abriss der Villa Weinmeister am Pöstlingberg. Der emeritierte Universitäts-Dozent erinnert sich noch gut an die Hausherrin Jucunda Wagner-Weinmeister, die ein sehr offenes Haus führte, in dem sich viele Künstler und Persönlichkeiten des Linzer Kulturlebens trafen. Es sind aber nicht nur Jugenderinnerungen, die ihn wehmütig stimmen. "Tatsächlich wird damit ein der Öffentlichkeit wohl weitgehend unbekanntes kleines architektonisches und historisches Juwel verloren gehen", sagt Blumberger.

"Ein für Linz wichtiges Objekt"

Auch Architekt Ulrich Aspetsberger kennt das Haus seit seiner Kindheit. Der Obmann des architekturforum oberösterreich fände einen Abriss "schade und auch problematisch". Das Haus Weinmeister habe eine ganz große Eigenständigkeit und sei gerade für Linz ein wichtiges Objekt. Genau genommen steht die Villa mit der Adresse Hohe Straße 121 knapp auf Puchenauer Gemeindegebiet. Das rund 3.500 m2 großen Grundstück liegt an einem viel begangenen Wander- und Spazierweg. 

Zweig der Rosenbauer-Familie

Entworfen und errichtet wurde das zweigeschoßige Gebäude im Landhausstil 1937 bis 1938 von Architekt Stephan Thiersch. Auftraggeber war die Familie Weinmeister, Nachkommen von Johann Rosenbauer, der den heute weltbekannten Feuerwehr-Fahrzeughersteller 1866 als Handelshaus für Feuerlöschgeräte in Linz gegründet hat. Julius Wagner, der Sohn Jucunda Wagner-Weinmeisters, hat das Unternehmen von 1981 bis 2011 geleitet und in die Weltspitze geführt. Seine Mutter hat das Innere der Villa mitgestaltet. Von besonderem Wert sind etwa die Holzdecke oder die Kachelöfen, die beide Eingang in die Datenbank des Stadtmuseums Nordico gefunden haben. Das Haus selbst wurde als eines von 215 Bauwerken in den Architekturführer „Architektur in Linz 1900-2011" aufgenommen. "Es gibt keine baulichen Veränderungen, die originale Charakteristik ist gänzlich erhalten geblieben, sogar Türen und Fenster sind noch mit den vom Architekten entworfenen Beschlägen ausgestattet", heißt es darin.

Haus ist "nicht denkmalwürdig"

Trotzdem hat das Bundesdenkmalamt das herrschaftliche Haus als "nicht denkmalwürdig" eingestuft. Die Überprüfung durch eine Amtssachverständige hat ergeben, dass "es vergleichbare Villen gibt, die die Zeit der 1930er Jahre in einem authentischeren Zustand dokumentieren", heißt es auf Anfrage – sehr zum Ärger von Linz-plus-Fraktionsobmann Lorenz Potocnik, der die Causa an die Öffentlichkeit gebracht hat. "Ich frage mich ernstlich, wozu der Denkmalschutz eigentlich da ist, wenn er nicht imstande ist, solche Bauwerke zu schützen", sagt er. Im konkreten Fall wäre laut Potocnik eine sanfte Nachverdichtung möglich gewesen, ein Abriss keinesfalls notwendig. Nun werde das Haus "Opfer von Investoren", so Potocnik, der auch schon von konkreten Plänen zur Errichtung von "profitorientierten Anlage- und Luxuswohnungen" wissen will. 

Park bleibt erhalten

Die neuen Eigentümer wollen sich noch nicht zu einem konkreten Projekt äußern. Es soll aber "unter anderem für unsere Kinder für die Zukunft hier Wohnraum geschaffen werden", sagt Michael Schwarzl, Geschäftsführer der "Immobilien-Atelier76 GmbH" zur BezirksRundSchau. Der Park mit altem Baumbestand bleibe bestehen und von bereits in anderen Medien kolportierten 32 Wohneinheiten könne keine Rede sein. Vielmehr liege allen Beteiligten eine nachhaltige und ressourcenschonende Immobilienentwicklung sehr am Herzen. Überrascht zeigt sich Schwarzl über das Interesse am Haus selbst. Das sei eine Kopie alter Herrenhäuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert aus den Bezirken Kirchdorf und Steyr-Land "ohne besondere kreative architektonische Schöpfung und ohne jede Authentizität in Anlehnung an seine Ahnen als privates Wohnhaus im Landhausstil", so Schwarzl.

Abrissbescheid bereits raus

Wohin die Reise geht, zeigt ein Blick in den Puchenauer Gemeinderat, wo das neue Projekt bereits im Bauausschuss vorgestellt worden ist – laut einem Sitzungsteilnehmer unter dem Namen "Park Residenz". Bürgermeister Friedrich Geyrhofer (ÖVP) betont, als Gemeinde keine Handhabe zu haben. Ein Abrissbescheid sei auf Antrag des Eigentümers bereits rausgegangen.

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.