Sommergespräch
KPÖ-Grünn: "GWG soll auf die gestundeten Mieten verzichten"

KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn fordert mehr Maßnahmen für Menschen, die aufgrund der Corona-Krise in Not geraten sind. | Foto: BRS/Diabl
3Bilder
  • KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn fordert mehr Maßnahmen für Menschen, die aufgrund der Corona-Krise in Not geraten sind.
  • Foto: BRS/Diabl
  • hochgeladen von Christian Diabl

Sommergespräch mit KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn über die Corona-Krise, die wachsende soziale Kluft in Linz und ihre Pläne für die Wahl 2021.

LINZ. Gerlinde Grünn (52) vertritt die KPÖ seit 2009 im Linzer Gemeinderat.

Die Corona-Krise hat uns nach wie vor fest im Griff. Was war bislang ihr eindrücklichstes Erlebnis in Bezug auf die Pandemie?
Am meisten hat mich ganz am Anfang die Ruhe in den Straßen beeindruckt. Wir sind oft in der Früh spazieren gegangen, kein Flugverkehr, fast kein Autoverkehr, fast keine Menschen auf der Straße, die Luft war eindeutig sauberer. Das ist mir bis jetzt am meisten in Erinnerung geblieben.

Wie sind Sie persönlich durch diese erste Phase gekommen?
Mein Mann und ich waren im Homeoffice und haben da unsere Dinge erledigt. Wir haben uns natürlich auch Sorgen gemacht, weil wir beide Eltern haben, die zur Risikogruppe gehören. Ich habe eine Mutter, die schon über 80 ist. Da haben die Sorgen überwogen, dass nichts passiert und man die Eltern besuchen und versorgen kann.



"Der 1. Mai ist wie Weihnachten für Christen"

Heuer ist der 1. Mai ausgefallen. Was heißt das für eine Partei wie die KPÖ?
Natürlich ist der 1. Mai für Kommunisten sowas wie Weihnachten für Christen, der höchste Feiertag im Jahr. Aber eine Demonstration war einfach noch nicht möglich. Wir haben stattdessen eine Zoom-Veranstaltung gemacht. Das war nett, aber natürlich lebt der 1. Mai vom Zusammenkommen und den Festen.

Wie ist die Stadt Linz bislang durch die Krise gekommen?
Die Stadt hat großes Glück gehabt, zumindest was die Krankheitszahlen anlangt, die relativ gering geblieben sind.



"Das Krisenmanagement war nicht schlecht"

Sind Sie mit dem Krisenmanagement zufrieden?
Wenn man zugutehält, dass auch unsere Stadtregierung noch nie mit so einer Situation konfrontiert gewesen ist, war das Krisenmanagement in der ersten Zeit nicht schlecht.

Was hat gut geklappt?
Es hat eine gute Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung gegeben und die Gesundheitsämter haben gut gearbeitet. Auch die Zusammenarbeit im Magistrat hat funktioniert. 

Was ist weniger gut gelaufen?
Der Solidaritätsfonds war eine gute Idee und ist rasch umgesetzt worden. In der Praxis merkt man jetzt aber, dass die Limits sehr eng gesteckt sind, damit jemand etwas beanspruchen kann. Da gehört nachgebessert.

Für das Krisenmanagement der Stadt Linz gibt es unerwartetes Lob von kommunistischer Seite – zumindest was die erste Phase der Corona-Krise betrifft. | Foto: BRS/Diabl
  • Für das Krisenmanagement der Stadt Linz gibt es unerwartetes Lob von kommunistischer Seite – zumindest was die erste Phase der Corona-Krise betrifft.
  • Foto: BRS/Diabl
  • hochgeladen von Christian Diabl

Was war die Rolle einer Gemeinderätin in so einer Krise?
Die Stadtregierung hat alle Agenden an sich gezogen. Es wäre im April eine Gemeinderatssitzung gewesen, die aber aufgrund der Corona-Krise abgesagt wurde. Deshalb war es für Mitglieder des Gemeinderates, die nicht in der Stadtregierung vertreten sind, nicht möglich einzugreifen. Diese demokratischen Rechte waren ausgesetzt.

War das für Sie okay?
Eine bessere Informationspolitik an die Gemeinderäte wäre wünschenswert gewesen. Aber in einer erstmaligen Situation, kann es schon passieren, dass man da nachlässig wird. Weil man vielleicht selber mit der Situation überfordert ist und viel um die Ohren hat.

Die Corona-Krise verstärkt die soziale Kluft noch weiter. Viele Kompetenzen liegen aber bei Bund und Land. Was kann eine Stadt wie Linz da tun?
Bei der Daseinsvorsorge kann die Stadt sehr wohl etwas tun. Zum Beispiel hat die GWG Mieten gestundet. Was wird passieren, wenn die irgendwann bezahlt werden müssen, die Menschen aber aus ihrer Notlage noch nicht heraus sind? Auf diese Situation muss man vorbereitet sein, denn die persönliche Krisensituation wird für viele Menschen im Herbst noch nicht vorbei sein. Man könnte zum Beispiel einen Mietfonds einrichten. Oder die GWG verzichtet auf die gestundeten Mieten, wie sie es ja auch bei Geschäftslokalen macht.


"Auf keinen Fall brauchen wir Sparprogramme"

Was für Ideen hat die KPÖ noch?
Ich mache mir große Sorgen um die Frauenarbeitslosigkeit. Frauen sind überproportional betroffen, weil sie in Branchen, wie Gastronomie oder Handel arbeiten, in denen es starke Arbeitsplatzrückgänge gibt. Da brauchen wir was, um Frauen zu stützen, vielleicht einen Solidaritätsfonds speziell für Frauen, der zum Beispiel Ausbildungen anbietet. Wir brauchen auch etwas für Menschen, die in der Kultur beschäftigt sind und bis heute keine Perspektive haben. Auf gar keinen Fall brauchen wir Spar- und Kürzungsprogramme, wie sie schon im Gespräch waren, zum Beispiel beim Umweltticket oder dem Aktiv-Pass. Gerade der Aktiv-Pass ist eine wichtige Stütze für viele Menschen und besonders für viele Frauen.

Seit unserem letzten Sommergespräch ist ein Jahr vergangen. Wie hat sich Linz – abseits von Corona – seitdem entwickelt?
Letztes Jahr war vor allem die Klimakrise Thema. Wir sollten uns nicht täuschen, nur weil wir jetzt eine Gesundheits- und eine Wirtschaftskrise haben, ist die Klimakrise nicht gegessen. Aber die zuständigen Stadtpolitiker haben leider noch immer nicht erkannt, dass wir dringend eine Verkehrswende brauchen, weg vom motorisierten Verkehr, hin zu sozialen und ökologischen Mobilitätsformen, wie öffentlicher Verkehr, Fußgänger und Radfahrer. Leider sind die Versäumnisse da nicht weniger geworden.

Der autofreie Hauptplatz ist gerade krachend gescheitert. Wer ist dafür verantwortlich?
Leider ist Stadtrat Hein nach zwei Tagen in die Knie gegangen und hat das Projekt vorzeitig abgebrochen.

Die Gründe dafür werden heftig diskutiert, Erklärungen reichen von Corona bis zum Regen. Wie sehen Sie das?
Es ist kein Geheimnis, dass Linz ein Problem mit dem Verkehr hat und so ein Projekt nicht vom ersten Tag an sang- und klanglos funktionieren wird. Ich würde unterstellen, dass man diesen Versuch nur gewagt hat, um danach sagen zu können, dass es nicht geht.


Autofreier Hauptplatz: "Das ist ausgesprochen schwach"

Man hätte also länger durchhalten müssen?
Ja und man hätte im Vorfeld besser informieren müssen. So haben Menschen, die mit dem Auto unterwegs sind vielleicht gar nicht gewusst, dass an diesem Tag der Hauptplatz zu ist. Die Pop-up-Spur auf der Nibelungenbrücke war eine besondere Situation, aber das Versammlungsrecht kann man nicht als Ausrede nehmen, bis 2024 zu warten. Das ist ausgesprochen schwach und angesichts der Bewerbung der Stadt Linz als Klimahauptstadt vollkommen unmöglich.

Sie haben den Kautionsfonds initiiert. Anfang Juli haben 17 Linzer davon profitiert. Asylwerber sind jedoch ausgenommen, ist das ein Wermutstropfen?
Prinzipiell bin ich stolz darauf, alleine im Gemeinderat so viel Unterstützung gefunden zu haben. Dass die Ausführung, was die Zugangsberechtigung und auch die Dotierung betrifft, verbesserungswürdig ist, ist keine Frage. Aber es gibt ihn zumindest einmal.

Was sind Ihre wichtigsten Themen für das nächste Jahr?
Neben der verkehrspolitischen und der ökologischen Frage, ist die soziale Frage ein Schwerpunkt bei uns. Was die Stadt momentan zur Krisenbewältigung für die Bevölkerung zur Verfügung stellt, ist zu wenig, um Menschen in Not wieder auf die Füße zu helfen.

Bei der Wien-Wahl im Oktober gibt es wieder einen Versuch mit einem linken Bündnis in den Gemeinderat zu kommen. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Die Situation ist für kleine Gruppen in einer Lage, wie wir sie jetzt haben, besonders schwierig. Man muss Unterstützungserklärungen sammeln, damit man kandidieren kann, kann das aber nicht im Internet machen, sondern muss die Menschen wirklich auf der Straße ansprechen. Das ist normalerweise schon kein einfacher Prozess. Prinzipiell bin ich davon überzeugt, dass eine starke Linksbewegung nur entstehen kann, wenn sich möglichst viele zusammenfinden. In dem Sinn ist es positiv, wenn die immerhin schon auf Bezirksebene etablierte KPÖ mit neuen interessierten Menschen gemeinsam kandidiert. Ich wünsche ihnen das Beste.

Gerlinde Grünn deutet an, bei der Wahl im nächsten Jahr wieder als Spitzenkandidatin der KPÖ zur Verfügung zu stehen. | Foto: BRS/Diabl
  • Gerlinde Grünn deutet an, bei der Wahl im nächsten Jahr wieder als Spitzenkandidatin der KPÖ zur Verfügung zu stehen.
  • Foto: BRS/Diabl
  • hochgeladen von Christian Diabl

In Linz ist die Hürde geringer und die KPÖ seit zwei Perioden wieder im Gemeinderat vertreten. Wird es 2021 trotzdem zu einem breiteren Bündnis kommen?
Es wird so sein, wie immer. Wir haben auf unseren Listen immer Parteimitglieder und Unabhängige gehabt und laden alle ein, die mit uns kandidieren möchten.

Auch andere linke Gruppen?
Natürlich wird es Gespräche geben.

Die sind dann aber im Namen KPÖ mitgemeint, nicht wie in Wien, wo das Bündnis „Links“ heißt?
Nachdem die KPÖ seit zwölf Jahren im Gemeinderat vertreten ist und sich diesen Platz hart erkämpft hat, werden wir wahrscheinlich unter diesem Namen mit Zusätzen antreten. Aber das wird bei uns erst entschieden.


Wahl 2021: "Werde zur Verfügung stehen"

Werden Sie Spitzenkandidatin?
Wenn ich gewählt werde, werde ich zur Verfügung stehen.

Mit dem Ziel eines zweiten Mandats?
Wie immer geht es darum, das, was man hat, zu verteidigen. Das ist ja kein Selbstläufer. Eine Verdoppelung wäre schön und es ist nicht ausgeschlossen. Aber wir wissen alle nicht, was kommt. Die Planbarkeit gibt es zurzeit nicht. Aber wir sind dabei und man muss mit uns rechnen.

Anzeige
Karin befördert mit Begeisterung Fahrgäste. | Foto: OÖVV/Kneidinger-Photography
4

Für den OÖVV am Steuer
Quereinsteiger im Bus: Ein neuer Job mit vielen Vorteilen

Es gibt Menschen, die von Kindheitstagen an auf das Buslenken als Traumberuf hinarbeiten. Die meisten Buslenkerinnen und Buslenker entdecken diesen abwechslungsreichen und krisensicheren Job aber erst im Laufe der Zeit für sich.Wir stellen heute vier Beispiele vor: Karin ist gelernte Konditorin, Kathrin war Tischlerin – beide hatten vorher auch Lkw-Erfahrung –, und Bernadette und Michael tauschten ihre Gastrovergangenheit mit einem Platz hinter dem Buslenkrad.  Übers Lkw-Fahren zum...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.