"Mehr Geld und Macht für Frauen"

Die Linzer Frauenstadträtin Eva Schobesberger (Grüne) bekräftigt einmal mehr, dass "Frauen endlich gleich viel verdienen sollen wie Männer". | Foto: spm
  • Die Linzer Frauenstadträtin Eva Schobesberger (Grüne) bekräftigt einmal mehr, dass "Frauen endlich gleich viel verdienen sollen wie Männer".
  • Foto: spm
  • hochgeladen von Gabriele Hametner

Am 8. März ist wieder der Weltfrauentag. Was sind Ihre Ziele für Linz als Frauenstadträtin?
Wir leben nach wie vor in einer Gesellschaft, in der Frauen überall dort unterrepräsentiert sind, wo es um Macht und Geld geht und Männer dafür dort unterrepräsentiert sind, wo es um "weiche Faktoren" geht. Wie Betreuung, Pflege, Reproduktionsarbeit insgesamt. Ein weiteres Problem ist die "Gläserne Decke", dass Frauen kaum aufsteigen können und somit junge Frauen auch keine Role-Models haben, mit denen sie sich identifizieren können.

Welches ist das größte Problem?
Momentan ist es so, dass das Median-Einkommen von Männern in Oberösterreich um 60 Prozent höher ist als das von Frauen. Das ist eine unerträgliche Situation, weil das Median-Einkommen genau jenes Geld ist, das die Personen im Geldtascherl haben.

Warum ist das so?
Da spielen viele Faktoren mit. Die Erwerbsquote von Frauen ist zwar leicht steigend, sie sind aber meistens in Teilzeitjobs oder atypischen Beschäftigungssituationen, bei denen man am Ende des Tages so wenig verdient, dass man nicht davon leben kann.

Eines der Hauptziele ist also, dass Frauen und Männer für die gleiche Tätigkeit gleich viel verdienen. Warum passiert da nichts?
Es passiert schon etwas, aber nur schleppend. Ändern kann sich nur etwas, wenn Männer einen Teil ihrer Macht abgeben.

Männer sollen also weniger verdienen?
Nein, in erster Linie geht es darum, dass sich das Bewusstsein verändern muss. Denn momentan haben Firmenchefs noch immer das Gefühl, sie dürfen eine Position nicht mit einer Frau besetzen, weil ihnen diese sofort wieder ausfällt, wenn sie in Karenz geht und nie wiederkommt.

Wie kann man das verändern?
In Linz können wir mit Bewusstseinsänderung zwar etwas tun. Wichtig ist aber auch, dass es Betreuungsangebote gibt, bei denen man mit gutem Gewissen arbeiten gehen kann, weil das Kind gut aufgehoben ist. Da sind wir in Linz bei der Versorgung der über Dreijährigen gut aufgestellt.

Wie sieht es im Magistrat mit Frauen in Führungspositionen aus?
Bis auf die Magistratsdirektorin Martina Steininger und die ILG-Geschäftsführerin Wegscheider gibt es in der Unternehmensgruppe Linz in der obersten Etage keine Frau als Führungskraft.

Wie wollen Sie es schaffen, stadtintern mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen?
Momentan erneuern wir gerade das Frauenförder- und Gleichstellungsprogramm für den Magistrat. Dieses Programm wird per Gemeinderatsbeschluss auf die ganze Unternehmensgruppe der Stadt Linz ausgeweitet. In diesem Programm gibt es dann auch ganz klare Zielvorgaben.

Was für Ziele sind das?
Da haben wir auf die einzelnen Dienststellen heruntergebrochen, wie sich der Frauenanteil in den nächsten Jahren erhöhen muss. Wenn eine Stelle wegen Jobwechsel oder Pensionierung frei wird, ist das Ziel, diese mit Frauen nachzubesetzn. Das Gleichbehandlungsprogramm wird gerade überarbeitet und dann gleichzeitig auf die Unternehmensgruppe ausgedehnt.

Wird das noch im ersten Halbjahr 2014 durch den Gemeinderat gehen?
Ja, ich hoffe so bald wie möglich.

Wird es eine Mehrheit geben?
Davon bin ich überzeugt.

Es gibt ja immer wieder Kritik an Quoten.
Ja, aber das ist Blödsinn. Weil Quoten greifen immer nur dann, wenn Frauen gleich qualifiziert sind. Sonst greift nie eine Quote. Und ich bin insofern eine Verfechterin der Quote, weil sich nichts ändert, wenn es keine klaren Vorgaben gibt.

Das heißt, es geht darum, qualifizierte Frauen zu finden?
Jein. Das ist eine Grundvorgabe, wo es hingehen soll. Außerdem bemüht man sich, die Verteilerkreise der Ausschreibungen zu erweiteren, damit sich qualifizierte Frauen bewerben. Hier passiert viel informell. Im Magistrat gibt es beispielsweise ein internes Netzwerk für Abteilungsleiterinnen, die sich immer wieder treffen.

Was passiert, wenn diese Ziele nicht erreicht werden?
Es gibt einen Bericht, in dem sich die Zuständigen erklären müssen, warum die Stelle nicht mit einer Frau nachbesetzt wurde.

Wie sieht es im öffentlichen Dienst mit Einkommensunterschieden aus?
Auf den ersten Blick gibt es keine Unterschiede. Wenn man genauer hinsieht, merkt man, dass Männer höher eingestuft sind und mehr Zulagen bekommen. In Österreich gibt es dazu bisher noch keine Untersuchung. Da bleibe ich aber dran. Aus Deutschland gibt es Studien, in denen man herausgefunden hat, dass die Unterschiede zwischen 20 und 40 Prozent sind. Das ist zwar ein bisschen besser, als in der Privatwirtschaft aber im öffentlichen Dienst gibt es trotzdem auch das Problem, dass Frauen durch längere Ausfallszeiten die Vorrückungen fehlen.

Warum wird das Thema Gleichberechtigung und Feminismus so heftig kritisiert?
Weil die Angst vor einem Machtverlust sehr hoch ist. Was ich absurd finde.

Oft gibt es den Vorwurf, Feministinnen sind Männerfeinde.
Das ist ja ein Blödsinn. Ich bin überzeugte Feministin und habe nichts gegen Männer. Ganz im Gegenteil.

Was haben Männer vom Feminismus?
Wenn man einen Teil der Macht abgibt, gibt man auch einen Teil der Verantwortung ab. Es ist ja nicht so, dass es den Männern allen gut geht. Und gleichzeitig hat man den Vorteil, seine Kinder kennenzulernen, bevor sie erwachsen sind. Denn wenn man um sieben Uhr außer Haus geht und erst spät am Abend nach Hause kommt, trifft man seine Kinder nicht. Und darunter leiden Männer auch. Wenn sich die Verantwortlichkeiten ein bisschen ändern, profitieren in Wahrheit alle davon.

Gibt es auch Formen von Feminismus, die Sie kontraproduktiv finden? Zum Beispiel Femen?
Nein, das würde ich nicht sagen. Ich könnte mich aber von meiner Persönlichkeitsstruktur her nicht oben ohne mit einer Botschaft auf der Brust irgendwo hinstellen. Das würde ich nicht schaffen. Ich finde es allerdings trotzdem großartig, dass die Frauen das machen. Sie haben damit viel bewirkt.
Man muss auch seine eigene Sichtweise auf den Feminismus immer wieder hinterfragen. Bei mir ist es Jammern auf hohem Niveau. Für die breite Masse geht es aber um die Existenz. Das ist auch ein Grund, warum mir "Feminismus und Krawall" so gut gefällt. Denn bei dieser Gruppierung kommen die Frauen aus unterschiedlichsten Ecken.

Sie sagen immer, ein Ziel als Frauenstadträtin ist, dass Sie Ihre Funktion abschaffen, weil sie nicht mehr notwendig ist. Wie lange wird es dauern, bis es Gleichberechtigung gibt?
Das traue ich mich nicht zu sagen. Wenn ein Wunder passiert und es ist übermorgen so, bin ich die glücklichste Frau der Welt. (überlegt) Auf der einen Seite gibt es auf europäischer Ebene gute Bestrebungen, Quoten in Aufsichtsräten zu fixieren. Und gleichzeitig gibt es in unseren Geschäften Buben- und Mädchenspielzeug. Und mit dem Mädchenspielzeug kann man beispielsweise nichts bauen oder technisches Geschick entwickeln. Das finde ich ganz schlimm, dass Kinder schon so auf Rollenzuschreibungen fixiert werden.

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.