"Wir sind die dritte Kraft"

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BezirksRundschau: Die Landwirtschaftskammer und Agrarlandesrat Max Hiegelsberger haben in einer Aussendung kritisiert, dass die großen Handelsunternehmen wie Rewe, Spar und Hofer die Erzeuger immer mehr unter Druck bringen.
Erich Schönleitner: Als Pfeiffer Handelsgruppe sind wir mit unserer Zielpunkt-Beteiligung sicherlich mit Abstand der größte regionale Lebensmittelhändler in Österreich. Vor knapp zwei Jahren haben wir ein CSR-Programm gestartet. Der Frischefokus ist uns ganz wichtig. Und da sind wir dann auch sofort beim Thema Regionalität. Es geht um das Erkennen, dass man bei der Lebensmittelwirtschaft die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet. Man muss daher so zusammenarbeiten in der Kette, dass jeder Marktteilnehmer einen entsprechenden Ertrag hat, um investieren zu können. Und zum Schluss muss für den Kunden ein respektabler Preis herauskommen. Zudem verwehre ich mich gegen die Volatilitätsgläubigkeit, die etwa bei Jungmanagern immer mehr Platz gegriffen hat. In unserer Branche sitzen ja alle im selben Boot. Die Wertschöpfungskette startet bei der Landwirtschaft, das ist uns bei Pfeiffer sehr wohl bewusst. Die Optimierung muss daher immer über die Wertschöpfungskette erfolgen, nicht in einem Teilbereich.

Das heißt, es geht hier um Fairness. Wie gelingt es Ihnen, dies auch den Kunden zu vermitteln?
Unser Vorteil ist, dass wir ein 151 Jahre altes Familienunternehmen sind. Mit klaren Grundhaltungen und Werten sowie einer klaren Struktur. Dadurch können wir auch schnell reagieren. Da wir in einer ländlichen Struktur angesiedelt sind, sind auch unsere Mitarbeiter bodenständig aufgewachsen. Wenn diese rausgehen, sehen sie sofort, wie es den Bauern geht. Die Mitarbeiter wissen, wie Obst und Gemüse wachsen. Einem Kind in der Stadt muss man das im Bilderbuch zeigen. Wir sind einfach regional. Und das versuchen wir bestmöglich zu leben.

Sie sind ja nicht nur im Lebensmittelhandel tätig, sondern auch im Gastronomiesegment.
Bei der Gastronomie sind wir Marktführer in Österreich.

Die Menschen kennen Zielpunkt und Unimarkt, die Holding dahinter hingegen nicht. Wie kann man die Pfeiffer Holding in ein paar Sätzen beschreiben?
Pfeiffer ohne Zielpunkt hat 3000 Mitarbeiter mit Zentrale in Traun. In der Gastrobranche kennt uns jeder Wirt. Da haben wir gute und illustre Partner. Unimarkt hat von allen Lebensmittelhändlern im heurigen Jahr sicherlich das größte Wachstum. Von knapp 115 Standorten auf etwa 130. Unimarkt wächst heuer sicher um zehn Prozent oder mehr an Umsatz. Natürlich auch durch die Übernahme der Zielpunkt-Märkte in Oberösterreich.

Welche Bundesländer decken Sie mit Unimarkt ab?
Hauptsächlich Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark und Salzburg.

Wie sieht die Strategie für Zielpunkt in den anderen Bundesländern aus?
Da haben wir auch einige Pläne. In Wien sind wir die Nummer zwei hinter Billa. Gar nicht so weit dahinter. Da haben wir knapp 140 Standorte. Zudem sind wir im Burgenland, in Niederösterreich und Teilen der Steiermark.

Haben Sie an eine Expansion in die restlichen Bundesländer gedacht?
Nein. Wir sind nicht in Kärnten, Tirol und Vorarlberg vertreten. Und das ist auch nicht angedacht.

Stichwort Multipack und Lebensmittelverschwendung. Da machen Sie auch bei einer Initiative des Landes mit. Handelt man da nicht gegen das eigene Geschäft?
Die Grundidee kommt aus unserem bodenständigen Verständnis der Natur gegenüber heraus. Uns ist die Haltung zuwider, dass einer viel kaufen muss, um einen billigen Preis zu bekommen. Wir haben zwar noch nicht den ganzen Weg geschafft. Deshalb haben wir im Frischebereich angefangen. Der ist auch augenscheinlicher. Der Begriff der Mindesthaltbarkeit ist auch oft nicht günstig gewählt. Ein Käse muss zum Beispiel auch heranreifen. In manchen Bereichen wäre der Begriff des "best before" aus dem angloamerikanischen Bereich besser. Unser Ausstieg aus dem Multipackbereich hat bei den Molkereiprodukten einen Rückgang gebracht. Rein kaufmännisch gesehen müsste man da reagieren. Aber wir sind kein börsenotiertes Unternehmen, das alle drei Monate Bericht erstatten muss. Und wir stehen zu unseren Grundsätzen.

Werden Sie diese Strategie dennoch durchziehen?
Ja. Wir wollen weg von dem Warengruppenrabatt. Würde man das durchspielen, würde man den Konsumenten für dumm verkaufen. Weil das heißt: Du hast als Konsument früher zu teuer gekauft.

Sind die Rabatte und Aktionen im Lebensmittelhandel nicht auch Folge dessen, dass es so viele Supermärkte gibt?
Auch, aber in einer intensiven Wettbewerbsstruktur dürfte es keine kartellrechtlichen Diskussionen geben. Weil das regelt dann der Markt von selbst. Wir wollen zu den intelligenteren Wettbewerbsaktionen kommen. Wohl wissend, dass wir diesen Stein der Weisen noch nicht gefunden haben.

Die Margen im Handel sind gering. Wie kann man diese Rabatt-Strategie auch wirtschaftlich überleben?
Wir sind eine strategische Handelsgruppe, die sehr klar denkt und nicht hitzig den großen Marktteilnehmern etwas nachahmt. Bei gewissen Aktivitäten haben wir ein gutes Herzblut, an die Themen heranzugehen. Da liegt daher ein gutes Potenzial an Kreativität, das es zu heben gilt. Man muss sehr konsequent in der Umsetzung von Themen sein.

Wo steht Pfeiffer im Österreichvergleich?
Wir bezeichnen uns als die dritte Kraft. Wir kommen mit den Marktanteilen von Zielpunkt, Unimarkt und Nah & Frisch auf einen Marktanteil von zehn Prozent. Wir streben aber keine Marktanteile an. Das ist für uns kein Steuerungsthema. Unser Ziel ist ein nachhaltiges, gutes Wachstum. Alle Unternehmensbeteiligungen der Pfeiffer Holding sollen daher ihr jeweiliges Ertragsstandbein schärfen.

Der Vorjahresumsatz lag bei 770 Millionen Euro. Wie ist man heuer am Weg?
Zielsetzung ist deutlich über der Inflationsrate zu wachsen.

Und gelingt das heuer?
Ja.

Wo wollen Sie in Oberösterreich noch Standorte schaffen?
Im Einzelhandel kommen bei Unimarkt 17 Standorte dazu. Das sind die Zielpunktmärkte plus Neubauten von Unimarkt. Dann gibt es drei, vier Standorte bei Nah & Frisch, die wachsen. Fokus von Zielpunkt ist Wien. Die Revitalisierung des Großhandelsmarktes in Traun um acht Millionen Euro haben wir vorige Woche abgeschlossen.

Aus der Werbung heraus hat das "Functional Food" bei Ihnen noch nicht den Stellenwert, wie etwa beim Mitbewerb.
Das stimmt. Man müsste sonst jedem Wettbewerb hinterherlaufen. Das ist nicht unser Anspruch und hier sind wir bewusst nicht auf den Zug aufgesprungen. Das Thema "Functional Food" gibt es ja schon länger. Wir kennen das ja aus dem Drogeriemarktbereich. Dort legen die Nahrungsergänzungsmittel zu.

Zur Gastronomie. Wie entwickelt sich da das Geschäft?
Das Gastropotenzial in Österreich beträgt ein Drittel des Lebensmitteleinzelhandels. Und obwohl der oberösterreichische Tourismus heuer leicht zurückgegangen ist, hat der Bereich dennoch zugelegt. Wir wachsen stärker als der Markt und der Markt wächst generell. Weil die Systemgastronomie versucht nachzuverdichten. Es ist aber ein harter Wettbewerb. Insbesondere, wenn es um Ausschreibungen geht.

Heutzutage reicht es als Mitarbeiter nicht mehr, die Verpackungen in die Regale zu schlichten.
Stimmt. Die Anforderungen werden mehr. Wir waren eine der Ersten, die in den C+C-Großmärkten Wein-Sommeliers hatten. Damals haben alle gesagt, dass das nicht klappen kann, Winzerweine im Großmarkt zu verkaufen. Mittlerweile haben wir dafür ein eigenes Profit-Center. Spezifische Produkte benötigen auch die dementsprechenden gut ausgebildeten Fachkräfte.

Apropos Fachkräft: Der Handel jammert immer, diese seien sehr schwer zu finden.
Wir haben etwa 150 Lehrlinge. Bei uns fangen jährlich ungefähr 40 bis 50 an. Und die muss man hegen. Wir legen auch auf unsere älteren Mitarbeiter Wert. Weil diese extrem viel Know-how haben. Und das nutzen wir auch für das interne Training. Wir denken auch darüber hinaus, wie man dieses Know-how nach der Pensionierung nutzen kann. Zudem setzen wir auch viele Mitarbeiterprogramme um.

Und wie ist die Qualifikation der Jugendlichen, die sich als Lehrling bewerben?
Wir haben eine gute Überdeckung, aber im Lebensmittelhandel ist das nicht so leicht. Man muss für die Sichtbarmachung des Lehrberufs sicher mehr tun. Da sind wir Unternehmer gefragt. Mit allen mitzujammern hilft wenig. Da ist man am Abend froh, dass man mitgejammert hat, hat aber dadurch keinen neuen Mitarbeiter.

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