Fesseln der Gemeinden lösen

Bundesrats-Präsident Gottfried Kneifel | Foto: ÖVP/rubra

Bundesrat Kneifel: Bundesverfassung ändern, um Zusammenarbeit zu ermöglichen

Weder der National- noch der Bundesrat hätten sich bislang mit den Ergebnissen des 2005 abgeschlossenen Österreich-Konvents zu einer grundlegenden Staats- und Verfassungsreform beschäftigt, kritisiert der Bundesrats-Präsident.

StadtRundschau: Sie sind seit Jänner Bundesrats-Präsident. Wie sieht eine erste Bilanz aus?
Gottfried Kneifel: Landeshauptmann Josef Pühringer als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz und ich haben uns drei Punkte vorgenommen: den Beitrag zum Stabilitätspakt, die Pflegefondslösung und die Verwaltungsreform. Die Verhandlungen für den Pflegefonds laufen sehr gut, auch die Vorfragen der Beiträge der Länder zum Stabilitätspakt sind, glaube ich, auf Schiene. Bei der Verwaltungs- und Verfassungsreform muss man sich fragen, warum das bisher gescheitert ist. Ich glaube, weil man sie immer als großes Paket gesehen hat, das man auf einmal durchsetzen muss.

StadtRundschau: Genug Vorschläge für die Reform gäbe es ja, etwa die des Österreich-Konvents.
Kneifel: Der Österreich-Konvent steht an der Spitze der unerledigten Dinge auf der Agenda für Bundes- und Nationalrat. Keiner von beiden hat sich bisher mit dem Bericht beschäftigt, obwohl der 2005 abgeschlossen wurde. Da hocken 65 Experten eineinhalb Jahre zusammen, machen einen Endbericht, dann bleibt das unbehandelt in der Schublade. Welcher Konzern kann es sich leisten, 65 Unternehmensberater zusammenzuholen, einen Bericht verlangen und sagen: War nichts.

StadtRundschau: Fehlt der Mut zur Umsetzung?
Kneifel: Ja, das ist im System drinnen. Eine große Koalition ist ein schwieriges Konstrukt zur Umsetzung von großen Reformen. Der Bundeskanzler tut alles, damit der Vizekanzler Vizekanzler bleibt. Und der Vizekanzler tut alles, dass der Bundeskanzler nicht das bleibt, sondern Vizekanzler wird. Wir beschäftigen uns mit Fragen, ob die Kinder unter sieben Jahren Fahrradhelme tragen müssen, das sind derzeit die wichtigen Fragen der Republik.

StadtRundschau: Welche wichtige Frage wollen Sie angehen?
Kneifel: Ich habe mich auf einen Punkt konzentriert, der die Hauptforderung des Städte- und Gemeindebunds beim Konvent war: in der Bundesverfassung alle Hindernisse für Gemeindekooperationen zu beseitigen nicht nur im privatrechtlichen Bereich der Gemeinden, sondern auch im Hoheitsbereich. Ich bin gegen Zusammenlegungen von Gemeinden, aber dafür, dass man alle Fesseln der Gemeinden löst, die sie an einer Zusammenarbeit hindern. Sie dürfen derzeit gegenüber dem Bürger nicht zusammenarbeiten. Dafür muss man den Gemeinden die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten geben. Das Geld, das sie sparen, sollen sie behalten können, das wäre ein Quantensprung. Das geht in den Milliardenbereich hinein ohne sie zusammenzulegen und ihrer Identität zu berauben.Wir wollen das als Gesetzesantrag des Bundesrates einbringen und damit die Rolle des Bundesrates ändern. Von der Einspruchskammer, die bisher nur das Radl blockiert hat, zur Zuspruchskammer, die in die Speichen greift und weiterdreht. Der Bundesrat als Stimme der Regionen in Österreich und auch auf EU-Ebene. Die Länder selbst können beim europäischen Gerichtshof nicht klagen, das kann der Bundesrat.
StadtRundschau: Sie sind gegen die Zusammenlegung von Gemeinden wie sieht es auf Ebene der Bezirke aus?
Kneifel: Ja, sogar der Landesamtsdirektor Pesendorfer hat gesagt, wir könnten Eferding zu Grieskirchen dazugeben. Man könnte auch die Bezirkshauptmannschaften Urfahr-Umgebung, Linz und Linz-Land zusammenlegen, weil die von Urfahr und Linz-Land ohnehin exterritorial in Linz-Stadt sind. Da würden sich Synergien ergeben.

StadtRundschau: Sie haben auch angeregt, einzelne Institutionen von Wien in die Bundesländer zu verlagern. Wie waren die Reaktionen?
Kneifel: Positiv. Das verfolge ich weiter. In der Schweiz gibt es kaum zwei Einrichtungen in einer Stadt, auch in Deutschland ist alles aufgeteilt, nur in Österreich ist alles in Wien konzentriert. Wir hätten keinen Schaden, wenn etwa die Bundesimmobiliengesellschaft in Linz wäre. Man könnte auch ins Mühlviertel etwas hinstellen. Die damit verbundenen hochwertigen Diensposten hätten eine gute Auswirkung auf die Regionen.

Anzeige
Karin befördert mit Begeisterung Fahrgäste. | Foto: OÖVV/Kneidinger-Photography
4

Für den OÖVV am Steuer
Quereinsteiger im Bus: Ein neuer Job mit vielen Vorteilen

Es gibt Menschen, die von Kindheitstagen an auf das Buslenken als Traumberuf hinarbeiten. Die meisten Buslenkerinnen und Buslenker entdecken diesen abwechslungsreichen und krisensicheren Job aber erst im Laufe der Zeit für sich.Wir stellen heute vier Beispiele vor: Karin ist gelernte Konditorin, Kathrin war Tischlerin – beide hatten vorher auch Lkw-Erfahrung –, und Bernadette und Michael tauschten ihre Gastrovergangenheit mit einem Platz hinter dem Buslenkrad.  Übers Lkw-Fahren zum...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.