Tamsweg
Samsons erste Erwähnung ist eine Wirtshausrechnung aus 1720
Die nachvollziehbare Geschichte des Samsontragens im Salzburger Lungau beginnt 1720 in Tamsweg. Historiker Klaus Heitzmann, Obmann des Lungauer Heimatmuseums Tamsweg, erläuterte gegenüber der SalzburgerLand Tourismus GmbH (SLTG) die Hintergründe dieses Brauchtums.
TAMSWEG, LUNGAU, SALZBURG. Der Salzburger Bauernherbst wird am Samstag, 20. August 2022, in Tamsweg, in der Ferienregion Salzburger Lungau, offiziell eröffnet. BesucherInnen erwartet an ein abwechslungsreiches Programm mit einem großen Festumzug mit zahlreichen geschmückten Festwägen, dem Samson, Volkstanzvorführungen sowie traditionelle Handwerksvorführungen. Am Sonntag dann, 21. August 2022, findet ebenfalls in Tamsweg ein Fest anlässlich des 300-jährigen Bestandsjubiläums des Tamsweger Samson mit Festumzug und großem Samsontanz aller zwölf Samsone statt.
Der Historiker Klaus Heitzmann, Obmann des Lungauer Heimatmuseums Tamsweg, erläuterte gegenüber der SalzburgerLand Tourismus GmbH (SLTG) im Vorfeld die Hintergründe dieses Brauchtums, das laut der SLTG seit zehn Jahren auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Unseco steht. Den gedanklichen Austausch zwischen der SLTG und Klaus Heitzmann kannst du im folgenden nachlesen:
SLTG: Der Samson aus Tamsweg ist der „Urvater“ aller Umzugsriesen im Lungau. Was ist der Nachweis für seine – mindestens – 300 Jahre alte Existenz?
KLAUS HEITZMANN: "Die erste Erwähnung ist eine Wirtshausrechnung der Fronleichnamsbruderschaft aus dem Jahr 1720. Damals wurde dem Samsonträger bei der Prozession Essen und Trinken bezahlt. Das ist unsere einzige Quelle."
SLTG: Warum ist der Brauch ausgerechnet und ausschließlich im Salzburger Lungau entstanden?
HEITZMANN: "Das Brauchtum steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wirken der Kapuziner im Lungau. Diese haben über viele Jahrhunderte den Lungau geprägt: zunächst als Bettelorden, ab 1644 als Mönche im Kloster Tamsweg. Der Samson ist ein Barockphänomen ebenso wie das Prangstangentragen: Das Samontragen war ursprünglich Teil der Prozession an hohen katholischen Feiertagen, bei denen auf Schauwägen biblische Darstellungen für die Öffentlichkeit zelebriert wurden."
SLTG: Mit dem Begriff Samson wird unmittelbar die Legende des Kampfes gegen die Philister bei Lehi erwähnt. Ist diese Information wirklich die entscheidende, wenn es darum geht, den Samson-Brauch zu erklären?
HEITZMANN: "Ja natürlich. Die Samson-Figur hält eine Eselskinnbacke in der Hand. Mit dieser soll der biblische Samson tausend Philister erschlagen haben. Auch die langen Haare sind als Symbol der Kraft unserer Riesen zu verstehen."
SLTG: Im Zuge der Aufklärung wurde das Samsontragen verboten, konnte aber dank des Traditionsbewusstseins der Bevölkerung nicht ausgelöscht werden. Wie ist dieses Auf und Ab historisch zu erklären?
HEITZMANN: "In den letzten beiden Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts beeinflusste die Aufklärung auch den Salzburger Erzbischof Hieronymus Colloredo. Der geistlichen Obrigkeit war es zunehmend ein Dorn im Auge, dass der Prunk bei den Prozessionen immer mehr die Kernbotschaften des Evangeliums überlagerte. Das vernunftorientierte Denken sollte Einzug halten. Viele für die Einheimischen wichtige Traditionen wurden aus diesem Grund verboten, etwa das öffentliche Aufstellen von Weihnachtskrippen oder auch das Samsontragen. Der Brauch versinnbildlichte für die Obrigkeit rückständiges Denken, doch für die Einheimischen stand das Traditionsbewusstsein im Vordergrund. Sie ließen sich den Brauch nicht ganz nehmen und verlagerten den Samsonumzug auf die Nachmittage nach den Prozessionen."
SLTG: Es gibt zehn Samsonfiguren im Lungau und zwei in der Steiermark. Wie ist dieser Zusammenhang zu verstehen?
HEITZMANN: "In Murau gab es auch ein Kapuzinerkloster. Dies wird wohl ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass 1745 ein Samson von Tamsweg nach Murau verkauft wurde. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Samson bereits in sieben Gemeinden des Lungaus und der Steiermark getragen. Spätere Ursprünge des Samsonbrauchs haben weit profanere Gründe: So wurde beispielsweise anlässlich von Hochzeiten oder des für den Lungau typischen Ladübertragens bei der Wahl eines neuen Bürgermeisters ein neuer Samson gebaut. Der Unternberger Samson entstand überhaupt nur aus einem Lausbubenstreich im Jahr 1900."
SLTG: Warum werden einige der Samsonfiguren von Zwergen begleitet und was ist der Sinn dahinter?
HEITZMANN: "Den Zwergen werden verschiedene Deutungen zugestanden, am auffälligsten ist der Größenunterschied und damit das Gegensatzpaar Riese und Zwerg. Letztendlich dienen sie dazu, um mit ihren Späßen die Menschenmenge auf Distanz zu halten und so für Sicherheit zu sorgen."
SLTG: Wie sind die Fakten des inneralpinen Umzugsriesen zusammenzufassen?
HEITZMANN: "Bis zu 6,5 Meter hoch, 65 bis 105 Kilogramm schwer, gefertigt aus Holz, mit Markenzeichen der langen Haare sowie der Eselkinnbacke, beides Kraftsymbole. Der Samson wird von einem Samsonträger getragen und von vier 'Aufhabern' flankiert. Einige der Riesen werden von zwei Zwergen begleitet, so auch der jubilierende Tamsweger Samson. In den letzten Jahrzehnten wurde es üblich, dass eigene Samsongruppen mit viel Engagement die Weiterführung des Brauchtums organisieren."
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