Wiener Unternehmen
In den Produkten von "ZIRP Insects" ist der Wurm drin
Insekten essen? Was für manche unvorstellbar klingt, ist für andere wiederum längst Realität. Auch ein Beschluss der EU-Kommission erlaubt die Verwendung einiger Insektenarten in der Nahrungsmittelindustrie. "ZIRP Insects" ist ein Unternehmen, das seit 2017 Lebensmittel wie Burger-Pattys oder Proteinriegel aus Insekten herstellt.
WIEN/WIEDEN/MARGARETEN. Ein Beschluss der EU-Kommission schlug bereits dieses Jahr große Wogen: Am 24. Jänner wurden Heimchen und die Larven des Getreideschimmelkäfers – sogenannte Buffalowürmer – für die Nahrungsmittelproduktion zugelassen. Für Wanderheuschrecken und Mehlwürmer gab es diese Erlaubnis schon länger. Aktuell dürfen laut EU-Gesetz also vier Insektenarten in gefrorener, getrockneter oder pulverisierter Form in Lebensmitteln verarbeitet werden.
Proteine sind lebensnotwendig – Datteln, Avocado, Hülsenfrüchte, Nüsse oder tierische Produkte wie Milch, Eier, Geflügel und Fisch weisen eine hohe Proteindichte auf und tragen unter anderem zu einer normalen Muskelfunktion bei. Gleiches gilt für Insekten: Grillen, Heuschrecken und Co. werden daher schon heute bei mehr als zwei Milliarden Menschen als wahre Superfoods angesehen.
Insektenprodukte seit 2017
Dass die kleinen Krabbler voller essenzieller Nährstoffe stecken, weiß Christoph Thomann schon lange. Er ist Gesundheitsmanager und Gründer von "ZIRP Insects", einem Unternehmen, das seit 2017 Lebensmittel aus Insekten produziert und vertreibt. Vor allem Buffalowürmer, Mehlwürmer und Heimchen (bzw. Hausgrillen) kommen hier zum Einsatz.
Diese stammen aus europäischen Zuchtbetrieben, etwa aus Holland, Belgien, Frankreich, aber auch aus Deutschland und Österreich. „Unsere Insekten werden speziell für den menschlichen Verzehr nach den höchsten Lebensmittelstandards gezüchtet. Sie sind kein Wald- und Wiesenfang oder Tierfutter“, hebt Thomann hervor. Das Team von ZIRP rät auf ihrer Website auch dringend davon ab, Insekten aus freier Wildbahn zu fangen und zu essen. Diese stehen nämlich unter Naturschutz und sind für das Ökosystem essenziell, da sie zum Beispiel Pflanzen bestäuben oder als Nahrungsmittel für andere Lebewesen dienen.
Schokolade mit Wurm gefällig?
ZIRP verkauft unter anderem Proteinriegel mit Buffalowurm-Mehl, Back- und Kochmischungen mit Insektenprotein für die schnelle Küche oder „Schokolade mit Wurm“ – also mit knusprigen Würmern verfeinerte Schokolade. Auch der "Zuper Burger" – also Burger-Pattys mit Gemüse und gemahlenen Insekten – ist Teil des Sortiments, ebenso wie gewürzte oder ungewürzte Buffalo- und Mehlwürmer oder Heimchen. Diese dienen zum Beispiel als Zwischenmahlzeit oder als Topping für Müsli und Co.
Das fünfköpfige Team, bestehend aus vier Mitarbeitern und einer Freelancerin, hat für die Zukunft noch einiges geplant, vor allem weitere Fleischersatzprodukte sowie Snacks sollen die Produktpalette künftig erweitern. Für Interessierte gibt es zudem ein besonderes Angebot: In speziellen Kochkursen in Wien kann zusammen mit einem Spitzen-Koch ein Fünf-Gänge-Menü kreiert werden – natürlich mit Insektenprodukten.
Guter Nährstofflieferant
Mit den wechselwarmen Tierchen beschäftigt sich Thomann bereits seit 2011 und erklärt: "Insekten liefern die mit Abstand qualitativ hochwertigsten tierischen Proteine für uns Menschen. Sie bestehen aus allen Aminosäuren in sehr guter Zusammensetzung, haben aber auch viele andere wichtige Nährstoffe – großteils ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe, Mikro- und Makronährstoffe, zum Beispiel Vitamin B12, Eisen, Kalzium und Zink."
Mit insektenbasierter Ernährung kann laut ZIRP aber nicht nur die Gesundheit gefördert, sondern auch dem Klimawandel entgegengewirkt werden: So stammen die Futtermittel für die Insekten zum Beispiel aus Nebenströmen der landwirtschaftlichen Produktion und Lebensmittelverarbeitung, etwa aus Gemüseüberresten oder Altbrot. Also ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.
Außerdem nehme die Insektenproduktion weniger Platz und Wasser in Anspruch, als dies bei der Zucht von Säugetieren der Fall ist. Die verursachten Treibhausgas-Emissionen sind somit minimal, beschreibt ZIRP die Vorteile der Insektenzucht.
Insekten essen – keine Neuheit
Insekten kriechen, fliegen oder krabbeln also nicht nur in Wiesen und Wäldern umher, sie landen auch immer öfter auf unseren Tellern. Die Gliederfüßer in den Speiseplan zu integrieren, ist eigentlich keine Neuheit, betont Thomann: "Insekten wurden schon immer vom Menschen gegessen, darum vertragen wir sie auch so außerordentlich gut."
Das sei auch an unseren Vorfahren und nächsten Artverwandten, wie Grünen Meerkatzen und Pavianen zu erkennen: "Diese Affenarten ernähren sich zum größten Teil pflanzlich, essen aber auch Insekten, um ihren Proteinbedarf zu decken."
Allergien gegen Insekten sind dabei nicht ausgeschlossen, kommen aber nicht sehr häufig vor: „Wenn man Allergien gegen Krusten- und Schalentiere hat, kann man auch gegen Insekten allergisch sein – wobei das wirklich nur sehr selten der Fall ist“, meint Thomann.
Medien in der Verantwortung
Nun genießen Insekten jedoch nicht das allerbeste Image, viele empfinden sie als lästig oder gar eklig. Hier sieht Thomann ganz klar auch die Medien in der Verantwortung. Er ärgert sich, wenn in Medienbeiträgen in Zusammenhang mit dem Insektenverzehr von „unappetitlich“ oder „ekelhaft“ die Rede ist. Seiner Meinung nach gehe es darum, den Menschen die Angst und Scheu vor Insekten zu nehmen.
"Wir von ZIRP haben die Aufgabe, köstliche Produkte zu entwickeln, aber natürlich kann der Bildungsauftrag nicht nur von uns als Unternehmen kommen. Auch Medien und alle, die Öffentlichkeitsarbeit machen, sind dazu angehalten. Wir reden hier von einer möglichen Lösung, wie wir als Menschen überleben und den Planeten schützen können und da haben wir alle eine Verantwortung.“ Die meisten Menschen haben aus seiner Sicht heutzutage immer noch Vorurteile gegenüber Insektenproteinen, die vor allem auf Unwissenheit beruhen würden.
Auch die Formulierung "Zukunftsproteinquelle von morgen" findet Thomann problematisch: "Morgen ist immer so weit weg und unverbindlich, egal ob es um Ernährung geht oder allgemein um nachhaltige Lebensstile. Wir müssen unsere Ernährungsweise heute ändern, sonst haben wir kein Morgen", schließt er.
Zur Sache
Auf der Website von "ZIRP Insects" findest du weitere Informationen zum Unternehmen. Dieses kann auch für Caterings oder Vorträge gebucht werden. Hier kannst du sehen, wann der nächste Insektenkochkurs startet.
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