So barrierefrei ist Mattersburg

MATTERSBURG. Ab Anfang 2016 darf es laut Behinderten-Gleichstellungsgesetz bei öffentlich zugänglichen Gebäuden keine Diskriminierung mehr geben. Die Gebäude wie zum Beispiel Schulen oder Amtsgebäude müssen für alle Mitmenschen – somit also auch für Rollstuhlfahrer oder sehbehinderte Mitmenschen –zugänglich sein.

Schadenersatzforderungen

Das bedeutet zum Teil umfangreiche Umbauten. Denn im schlimmsten Fall können von den Betroffenen Schadenersatzforderungen gestellt werden. Wir haben uns deshalb gemeinsam mit dem Rollstuhlfahrer Hannes Knopf umgesehen, wie es in Mattersburg generell und im Speziellen in öffentlichen Gebäuden in unserer Bezirkshauptstadt derzeit mit der Barrierefreiheit steht.

Keine WCs vorhanden

Nach einem Stadtrundgang steht für Hannes Knopf ganz klar fest, dass Mattersburg nicht besonders barrierefrei ausgerichtet ist. Speziell bei öffentlichen Toiletten ortet der 26-jährige Programmierer dringenden Handlungsbedarf: „Es ist – mit Ausnahme jenes im MEZ – schlichtweg keines vorhanden.“

Wenig geeignete Arztpraxen

Auch bei für Rollstuhlfahrer geeigneten Arztpraxen scheint die Auswahl ziemlich eingeschränkt. „Die meisten sind in alten Gebäuden untergebracht und wurden nie für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung adaptiert“, so Knopf.

Unüberwindbare Stufen

Bei Gastronomiebetrieben spart Knopf nicht mit Kritik: „Für Rollstuhlfahrer ist Barrierefreiheit nur eingeschränkt bis fast gar nicht vorhanden, da meist nur für uns unüberwindbare Stufen ins Lokal führen.“

Gutes Gehsteignetz

Lob hingegen kommt vom 26-Jährigen für die Nahversorger, Banken und Versicherungsanstalten, die beinahe alle gänzlich barrierefrei sind. Ansonsten bezeichnet Knopf die Einkaufsmöglichkeiten im Stadtzentrum als „eher eingeschränkt“.
„Auch das Gehsteignetz ist für Rollstuhlfahrer wirklich gut ausgelegt. Leider sind die Pflas-tersteine, die vielerorts verlegt sind, nicht der ideale Untergrund für uns“, so Knopf.

Bezirksgericht

Das Bezirksgericht ist auch für Rollstuhlfahrer gut zu erreichen und dank seines ebenerdigen Eingangs komplett barrierefrei. Einen Lift und behindertengerechte Toiletten suchte man jedoch vergeblich. „Wir waren uns dieser Situation bewusst und seit vergangener Woche sind die Umbauarbeiten an behindertengerechten Toiletten bereits im Gange“, versichert die stellvertretende Vorsteherin der Geschäftsstelle, Brigitte Luckenberger. Dass kein Lift in die obere Etage führt, stellt für Hannes Knopf keinerlei Benachteiligung dar. „Wenn tatsächlich zu Rechtsberatungen der Verhandlungssaal im Parterre geöffnet wird und der zuständige Richter dafür herunter kommt, sehe ich keinerlei Beeinträchtigung für uns Rollstuhlfahrer“, so der 26-Jährige.

Bezirkshauptmannschaft

Die Bezirkshauptmannschaft stellt für Hannes Knopf das Vorzeigemodell für Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden in der Bezirkshauptstadt dar. Sowohl die Erreichbarkeit als auch die Parkplatzsituation und die Zugänglichkeit der BH sind für den 26-Jährigen top. „Die Gänge sind wie auch die Türen der einzelnen Büros breit genug, um mit dem Rollstuhl problemlos hinzugelangen“, zeigt sich Knopf begeistert. Auch beim Lift – die Knöpfe sind weiter unten angeordnet und somit für Rollstuhlfahrer leicht erreichbar – wurde an die Bedürfnisse von Menschen mit körperlichen Einschränkungen gedacht. Ebenso sind die Toiletten, groß genug, um mit dem Rollstuhl gänzlich umdrehen zu können, ohne irgendwo anzustoßen.

Rathaus

Das Rathaus ist für Rollstuhlfahrer sehr gut erreichbar, und der Behindertenparkplatz direkt vor dem Gebäude ist, ebenso wie die flach ansteigende Auffahrtsrampe, ideal. Auch die Amtsräume im Erdgeschoß sind gut erreichbar. Lift gibt es zwar keinen, was laut Knopf jedoch kein Problem ist, da der Parteienverkehr ebenerdig stattfindet und sich somit keinerlei Hinderniss ergibt. „Lediglich die Toilettenanlage ist ein absolutes No-Go. Die Tür ist zu schmal, und selbst wenn man mit einem schmaleren Rollstuhl reinkommen würde, ist nicht wirklich ausreichend Platz vorhanden“, kritisiert Knopf. „In Kürze soll die Entscheidung über einen Neubau oder eine Generalsanierung fallen. Dann wird auch dieses Manko behoben“, verspricht Amtsleiter Karl Aufner.

Wirtschaftskammer

Die Wirtschaftskammer ist für Rollstuhlfahrer aufgrund mehrerer Stufen beim Eingang nicht zugänglich, und auch im Gebäudeinneren ist von Barrierefreiheit nichts zu erkennen. „Wir sind uns dieser Situation bewusst, und es gibt bereits Überlegungen, hier eine Veränderung herbeizuführen. Dies ist allerdings bei einem so alten Gebäude sehr schwer realisierbar, daher wurde auch schon ein Standortwechsel angedacht“, erklärt Regionalstellenleiter Anton Bauer, der betont, dass es diesbezüglich noch nie Beschwerden gab.