Gasflaschen in Baumgarten
Täter nach Explosion in Mehrparteienhaus in Anstalt eingewiesen

- Bewacht und in Handschellen vorgeführt: Der 60-jährige Explosions-Verursacher.
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Weil ihn Kinderlärm der Nachbarn nervte, öffnete ein 60-jähriger Busfahrer in seiner Wohnung die Ventile zweier Gasflaschen und betätigte sein Feuerzeug. Ohrenbetäubend, wuchtig und zerstörerisch die darauffolgende Explosion in dem Mehrparteienhaus in Baumgarten. Motiv: Selbstmord. Mit der Option, auch andere Mieter zu töten. Der Täter überlebte. Und wurde jetzt, nach seinem Prozess im Landesgericht Eisenstadt, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
BAUMGARTEN. Dass es nur Verletzte und keine Todesopfer gab, grenzt an ein Wunder. Immerhin, so die Staatsanwältin, hatte der Angeklagte am 31.10.2022 zwei Propangasflaschen in seiner Wohnung positioniert. In der Küche und im Wohnzimmer. „Dann drehte er bei den großen Behältern die Ventile auf und hat das Gas mit einem Feuerzeug entzündet. Unter anderem, um sich selbst umzubringen!“
Verletzung von Nachbarn in Kauf genommen
„Es ist zu einer massiven Explosion gekommen. Er selbst wurde dabei durch die Wohnung geschleudert und war bewusstlos. Die Druckwelle verursachte Schäden am Mehrparteienhaus sowie an anderen Wohnungen!“, schilderte die Anklägerin. Weiters führte sie aus, dass der Beschuldigte durch die herbeigeführte Explosion bewusst in Kauf genommen hatte, auch andere Menschen, im speziellen Nachbarn und deren Kinder, zu verletzten bzw. zu töten.

- Richterin Karin Lückl (links), Vorsitzende des Schöffensenats Karin Knöchl und Starverteidiger Rudolf Mayer.
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Forderung nach Einweisung
Aufgrund einer prognostizierten „paranoiden Schizophrenie“ geht von dem nicht zurechnungsfähigen Angeklagten eine große Gefahr aus, dass er unter Einfluss seiner Geisteskrankheit weitere Straftaten bis hin zu Tötungsdelikten begehen könnte, schilderte die Staatsanwältin die aktuelle Situation. Deshalb forderte sie die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Täter arbeitete als Buslenker
Staranwalt Dr. Rudolf Mayer, der den Täter vertrat, berichtete über eine wesentliche Zustandsverbesserung seines Mandanten, der derzeit in einer speziellen Vollzugsanstalt medizinisch betreut wird. „Seit unserem ersten Treffen ist mein Klient ein neuer Mensch geworden. Daher wird in diesem Prozess zu klären sein, ob eine Therapie hinter Mauern nötig ist!“ Dann beschrieb der Verteidiger das bisherige Leben des 60-jährigen Kroaten, der in Baumgarten wohnte und seit 2003 als Buslenker im Burgenland berufstätig war.

- Der Angeklagte wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
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Angeklagter bekannte sich schuldig
Im Jahre 2016 hielt der Mann, so der Anwalt, den Lärm aus den anderen Wohnungen nicht mehr aus. Führte deshalb beim Bezirksgericht Mattersburg drei Verhandlungen gegen seine Nachbarn. „Die Prozesse haben ihm aber nichts gebracht. Denn offenbar nahm er, aufgrund seiner beginnenden Krankheit, die Geräusche intensiver und stärker wahr, als das zwei Lärmgutachten ergaben! Er ist bezüglich des Ventilöffnens der Gasflaschen, dem Entzünden und der Explosion vollinhaltlich geständig. Bekennt sich schuldig. Wird dazu aber keine weitere Aussage vor Gericht machen!“
"Ein bisschen Störungen habe ich noch..."
Auf Richterbefragung erklärte der Angeklagte lediglich, dass er seit 5 Jahren unter Geräuschempfindlichkeit litt, hin-und-wieder Schlaftabletten nahm und fallweise Halluzinationen hatte. „Durch die verabreichten Medikamente, die ich in der Justizanstalt bekomme, fühle ich mich jetzt viel besser!“ Da hakte der anwesende psychiatrische Gutachter ein: „Haben sie noch ähnliche Probleme?“ „Nein, das ist ziemlich weg!“ „Was heißt ziemlich?“ „Na ein bisschen habe ich noch solche Störungen!“ Der Angeklagte weiter: „Ich bin seit 5 Monaten in Haft und bekomme Therapie. Seit eineinhalb Monaten geht es mir besser! Aber ich brauche noch einige Zeit im Gefängnis, bis ich das alles selbst und in Freiheit machen kann!“

- Szenerie vom Einsatzgeschehen am 31. Oktober 2022 in Baumgarten.
- Foto: Freiwillige Feuerwehr Mattersburg
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"Bunte Ideen" zu Geräuschen
Nach diesem Selbsteingeständnis des Angeklagten führte der Psychiater aus, dass der Beschuldigte eine eigene Wahrnehmung von Geräuschen hatte, die sein Leben beeinträchtige. „Gefolgt von bunten Ideen, was das alles ist! Das ist aber schwer mit der Realität in Einklang zu bringen!“ Weiters kam bei den Ausführungen des Experten zum Vorschein, dass der Täter durch seine Krankheit die Schuld bei anderen sah, in dem Fall bei den Nachbarn.
Wollte seine Peiniger bestrafen
Ein dadurch ausgelöstes Ohnmachtsgefühl koppelte der Mann mit der Feststellung, dass er so nicht weiterleben will. „In diesem Zusammenhang wollte er auch seine Peiniger bestrafen!“ Dabei kam dem 60-Jährigen die fatale Idee mit den Gasflaschen. „Seine psychischen Probleme, sein Wahn und die Halluzinationen nahmen schließlich eine fulminante Entwicklung. Mit, im wahrsten Sinn des Wortes, einem explosiven Höhepunkt!“

- Verwüstungs-Spuren nach der wuchtigen Explosion im Mehrparteienhaus.
- Foto: Freiwillige Feuerwehr Mattersburg
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Geisteskrankheit und besondere Gefährlichkeit
Von „Grenze überschritten“ und „Rücksichtslosigkeit“ sprach der anerkannte Gutachter ebenso, wie von Unzurechnungsfähigkeit. Ehe er zur Feststellung kam: „Ich halte eine bedingte Entlassung für zu früh. Hier liegt eine schwere Geisteskrankheit und eine besondere Gefährlichkeit vor. Daher sind die Voraussetzungen, so meine Empfehlung, für eine Einweisung in eine Anstalt gegeben!“
Unterbringung in "geschlossener" Anstalt
Dieser Meinung schloss sich auch der Schöffensenat an und verordnete diesen Schritt. Mit dem Zusatz, dass eine Prüfung zwecks bedingter Entlassung möglich ist - so es nachweisbare Therapie-Erfolge gibt. Da sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger den Richterspruch annahmen, ist das Urteil bereits rechtskräftig.





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