Das ehemalige Rasocherhaus am Jauerling
Manche werden sich noch daran erinnern, als die Eltern oder Großeltern über Ausflüge zum Rasocherhaus am Jauerling erzählten. Das Rasocherhaus war in der Zwischenkriegszeit und auch danach ein beliebtes Ziel am Jauerling. Es bot Wanderern und Touristen ganzjährig Unterkunft und Verpflegung. Das Rasocherhaus war ursprünglich ein Bauernhaus und befand sich im Nahbereich der Bergstation des heutigen Skilifts. Ein altes Hütten-Standblatt der Sektion Österreichischer Gebirgsverein nennt Frau Marie Rasocher als Eigentümerin. Im Jahr 1926 wurde mit der Eigentümerin ein Übereinkommen geschlossen, aufgrund dessen das Haus als Schutzhütte der genannten Sektion geführt wird. Vor Jahren wurde das Haus abgetragen und existiert somit heute nicht mehr. In Antiquariaten finden sich noch einige alte Ansichtskarten des Rasocherhauses.
Herr Rasocher war Offizier im Ersten Weltkrieg. Meine Tante erzählte, dass sie als junges Mädchen, gemeinsam mit zwei Freundinnen, nahe dem Rasocherhaus unterwegs war. Wegen Schneetreiben und einbrechender Dunkelheit verloren die drei jungen Damen die Orientierung und riefen verzweifelt um Hilfe. Herr Rasocher hörte die Hilferufe und machte sich mit seinem Schäferhund auf den Weg, um die Verirrten zu finden. Möglicherweise hat er ihnen das Leben gerettet.
Leider erlitt Herr Rasocher ein tragisches Ende. Er wurde im Wald tot aufgefunden. Der Volksmund meinte, Rasocher wäre ermordet worden, was aber nicht stimmen dürfte. Es ging das Gerücht um, er wäre, als das Unglück geschah, auf dem Weg zur Burg Oberranna (nahe Mühldorf am Jauerling) gewesen, um seinen Freund, den Burgherrn Laurent Deleglise, zu besuchen. Deleglise galt als geheimnisvolle und schillernde Person. Einheimische sprachen davon, er sei aus den USA zugewandert. Was er in den USA oder anderswo beruflich tat und warum er sich für die Auswanderung nach Österreich entschied, wusste niemand so genau. Im Jahr 1930 erwarb er die Burg Oberranna.
Wer sich für die Herren Rasocher und Deleglise näher interessiert, möge sich in den Gasthäusern oder Heurigenlokalen der Orte Mühldorf und Spitz an der Donau ein wenig umhören. Beide ruhen im Friedhof Mühldorf-Niederranna. Das Grab von Herr Laurent Deleglise deckt eine schwere Steinplatte.
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