Trafiken am Neubau
Diese zwei Standorte wird es bald nicht mehr geben
18 Tabakfachgeschäfte gibt es aktuell am Neubau. Bis Jahresende werden es nur noch 16 sein, denn zwei der ältesten Standorte werden für immer geschlossen.
WIEN/NEUBAU. Eine Familientraditon seit fast 100 Jahren: "Mein Großvater hat am 31. Oktober 1931 die Verschleißkonzession erhalten. Er war aus dem Ersten Weltkrieg blind zurückgekehrt. Meine Mutter hat seit ihrem 15. Lebensjahr in seiner Trafik gearbeitet. Lange Jahre war unser Standort der Kiosk bei der Kirche gegenüber, dort, wo heute der Berliner Döner ist", erzählt Josef Artinger. Er ist der Enkel des Gründers und Betreiber der Trafik am heutigen Standort in der Westbahnstraße 22. Artinger geht mit Jahresende 2024 in Pension. Der Standort wird danach "aus wirtschaftlichen Gründen" nicht mehr nachbesetzt, heißt es von der zuständigen Monopolverwaltung.
"Ich hatte schon im Vorjahr 489 Beitragsmonate, stehe seit 42 Jahren im Geschäft. Ich liebe meinen Beruf, aber jetzt freue mich auf die Pension und viel Ruhe und Natur im Waldviertel", sagt der 61-Jährige. Seine Stammkundinnen und -kunden werden ihn allerdings vermissen. Auch Dackel Enzo, der immer ein Leckerli bekommt, wenn das Herrchen hier einkauft. Eine Trafik ist eben nicht nur ein wichtiger Nahversorger, sondern auch eine Begegnungsstätte für Menschen aus der Nachbarschaft.
Gewinnspanne hat sich halbiert
"Die goldene Zeit der Trafiken war in den 1980ern, seither geht das Geschäft ständig zurück. Früher konnte eine Trafik eine ganze Familie ernähren, heute deckt sie gerade mal die Fixkosten. Die Spanne hat sich mehr als halbiert." Der Grund: Auch für die Trafiken sind die Mieten, Gehälter und Energiekosten gestiegen.
Anders als in anderen Branchen können Trafikanten nicht selbst auf gestiegene Kosten mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen reagieren. Die Preise für Tabakwaren, die noch immer rund 80 Prozent des Umsatzes einer Trafik ausmachen, werden nämlich durch das Tabakwarenmonopol vorgegeben.
Haus wird renoviert
Auch die Trafik in der Kaiserstraße 52 wird Mitte 2024 geschlossen. Da geht Silvana Adam, die seit 13 Jahren die Trafik betreibt, aus gesundheitlichen Gründen in Pension. Sie ist mit ihren 68 längst im Pensionsalter, auch wenn man ihr das auf den ersten Blick gar nicht ansieht.
„Den Standort hier im Haus gibt es seit fast 100 Jahren. Er wurde nach dem Ersten Weltkrieg für Kriegsversehrte eingerichtet. Natürlich hat sich in den letzten Jahren viel verändert, aber wir haben nach wie vor zahlreiche Stammkunden", so Adam. "Seit Corona merkt man aber stark, dass der Umsatz vor allem bei den klassischen Zigaretten zurückgeht. Viele Leute aus den Büros der Umgebung haben auf Homeoffice umgestellt und bleiben weg. Rauchen ist daneben ja auch längst ein gesundheitliches Thema."
Durch Gesundheitstrends und News Generation Products ist der Absatz der klassischen Zigarette sinkend und somit wird auch die Anzahl der Tabakfachgeschäfte weniger, bestätigt auch die zuständige Monopolverwaltung: "Wenn ein Standort nicht nachbesetzt werden kann, dann stärkt das meist die Nachbartrafik, die dadurch mehr verkauft, eventuell einen Zigarettenautomaten dazubekommt und so bessere Erträge erzielt."
Warum muss der Standort in der Kaiserstraße schließen? „Der Vermieter stellt das Geschäftslokal, in dem sich die Trafik befindet, künftig nicht mehr zur Verfügung. Das Haus stammt aus der Gründerzeit und ist in einem desolaten Zustand, unser Lager ist total feucht. Es muss alles von Grund auf saniert werden. Die Wohnungen, die hier entstehen sollen, werden schon jetzt im Internet beworben“, erklärt die Trafikantin. Sie geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge: „Der Kontakt zu meinen Kunden wird mir fehlen, aber mit 68 ist es wirklich höchste Zeit, nach einem arbeitsreichen Leben etwas zur Ruhe zu kommen.“
Auch bei zwei anderen Trafiken im 7. Bezirk gibt es Neuigkeiten: Die Trafik auf der Mariahilfer Straße 58 und die Trafik in der Zieglergasse 2 wurden jeweils ausgeschrieben und haben neue Besitzer gefunden.
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