X-Akten Neunkirchen
Teufel verführt bei Marterln

- Stadtarchivleiter und Museumskustos Benedikt Wallner, Stadtarchäeologe Hannes Schiel und Museumskustos Vanessa Staudenhirz hinterfragen das Mysterium Marterl.
- hochgeladen von Eva R.
BEZIRK NEUNKIRCHEN. Geistertreffen beim Marterl im Ort? Sichtungen von schemenhaften Figuren oder dem Teufel? Was dahinter steckt.
Über Jahrhunderte werden schemenhafte Gestalten bei Marterln gesichtet. Selbst der Teufel soll dort warten, um Leute zu verführen.
Seit der Bronzezeit
Hannes Schiel, Stadtarchäeologe in Neunkirchen erklärt: "Marterl, in Hochdeutsch Bildstöcke, sind in ganz Europa zu finden und meistens als Wegmarkierungen zu sehen. Sie sind an wichtigen Kreuzungspunkten aufgestellt und werden seit der Bronzezeit verwendet. Später hat man sie auch genutzt, um eine Schutzfunktion einzubeziehen und hat ein Heiligenbild reingestellt." So bleibt der Teufel dem Marterl fern? Lachend meint Museumskustos Vanessa Staudenhirz: "Der Teufel wurde schon lange nicht mehr dort gesehen, weil man nicht mehr an ihn glaubt. Ein Metawesen nachzuweisen ist schwierig. Beweise, dass er exisitiert, hat man nicht." Das klingt ja beruhigend. Aber es gibt dort trotzdem gruselige Funde. Im Mittelalter wurden bestimmte Marterl genutzt, um dort Gericht zu halten. Zum Beispiel in Mollram, wo ein Gerichtsbankerl bei solch einem Marterl gestanden ist. Oder wie im Fall von Breitenau, wo die Grenze zwischen Neunkirchen und Wr. Neustadt war, die sogenannte Gerichtbarkeitsgrenze. Wenn jemand in Neunkirchen einen Mord oder eine Bluttat begangen hatte musste er zum Blutgericht nach Wr. Neustadt. Dieser Übergabepunkt war in Breitenau, wo die Bahnstraße mit Am Stadtweg kreuzt. In den 90ern hat man dort bei Grabungen Skelette gefunden. "Es geht in Breitenau die Mär um, das wären französische Soldaten gewesen, die dort während der napoleonischen Kriege gelagert hätten. Eher wahrscheinlich ist, dass man dort Selbstmörder, Verbrecher und ungetaufte Babys und Totgeburten verscharrt hat, damit sie nicht in den Himmel kommen. Der Gedanke war, in den Himmel kommst du nur, wenn du eine christliche Bestattung auf geweihtem Boden bekommst. Den Begrabenen hat man oft den Kopf abgeschlagen, damit sie den Weg in den Himmel nicht finden", berichtet der Archäeologe. Daher kommen wohl die aus Angst entstandenen Erzählungen über Geistertreffen. Im Brauchtum gibt es auch die Gestalt von Frau Perchta, die mit den ungetauften Kindern herumzieht, die verdammt sind, ewig als Geister herumzuspuken.
Zahlenmystik
"Es gibt Leute, die eine Zahlenmystik hinter den Abständen zwischen den Marterln suchen, um zum Beispiel das Datum des Weltuntergangs vorauszusagen," meint Schiel lachend. Staudenhirz bekräftigt: "Das ist total idiotisch, weil die Marterl über Jahrhunderte hinweg aus verschiedenen Gründen entstanden sind."
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