100 Jahre Burgenland
Gattendorf 1923: Ehre mit einer Gegenstimme

- Dániel Graf Esterházy aus Gattendorf (1843 - 1923)
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Ehre, wem Ehre gebührt! Aber wem gebührt Ehre? Allen, die ihr Bestes für das Gemeinwohl unserer Gesellschaft geben. Daraus folgt, dass eigentlich viel mehr Menschen geehrt werden sollten, als tatsächlich ausgezeichnet werden.
Autorin Andrea Glatzer
GATTENDORF. Einem, dem das Ehrenbürgerrecht sehr früh im neu gegründeten Burgenland zugesprochen wurde, war Dániel Graf Esterházy aus Gattendorf. Er entstammt der uradeligen ungarischen Familie Esterházy, die sich im Laufe der Jahrhunderte aus dem Kleinadel zu einem führenden Magnatengeschlecht entwickelt hatte.
Günstige Eheschließungen
Die Herrschaft Gattendorf war 1623 durch Heirat eines seiner Vorfahren in den Besitz der Familie gekommen. Sein Urahn Dániel Graf Esterházy (1585 – 1654) heiratete die Miterbin der Herrschaft Gattendorf, Judith Rumi, zeugte mit ihr 16 Kinder und erbaute von 1629 bis 1635 das Neue Gattendorfer Schloss. Spätestens János Graf Esterházy verlegte nach der Heirat mit Therese Hoffer im Jahr 1723 seinen Hauptwohnwitz in das Schloss Gattendorf. Graf Kázmér Miklós Esterházy (1805 – 1870) der Vater des für die Ehrenbürgerschaft vorgeschlagenen Dániel Graf Esterházy, ein eleganter weltoffener Herr, zu dessen Freunden Franz Liszt und Franz Alt zählten, geriet in schwierige Besitzverhältnisse. Er hatte bereits ein schwer verschuldetes Vermögen übernommen. Gründe mögen in der Aufhebung der Zins- und Robotleistungen liegen, obendrein verspekulierte man sich und die Herrschaft Gattendorf war nicht mehr zu halten.
In Gattendorf geboren
Dániel Graf Esterházy wurde am 4. Juni 1843 in Gattendorf geboren. Er studierte bei den Jesuiten in Feldkirch, dann Rechtswissenschaften in Innsbruck, wo er zum Doktor promovierte. Er widmete sich religiös-caritativen Aufgaben und wurde auch päpstlicher Kämmerer.
Graf Dániel hatte das Glück, dass ihm in jungen Jahren das Vermögen seiner Tante, der Prinzessin Sophie Esterházy-Liechtenstein, die 1869 kinderlos verstorben war, zufiel.
Das Erbe einer Hofdame
Sein Recht, als Magnat im ungarischen Oberhaus (damals Magnatenhaus) zu stimmen, übte er nur ein einziges Mal aus, um gegen die Einführung der Zivilehe zu voten. Graf Dániel beschloss, den von seiner Tante ererbten Besitz zu verkaufen und sich auf Schloß Wiespach bei Salzburg (1878) mit seiner 10-köpfigen Kinderschar niederzulassen. Übrigens war jene Erbtante am Kaiserhof Obersthofmeisterin von Kaiserin Elisabeth.Die Prinzessin Esterházy-Liechtenstein war Hofdame der blutjungen Sisi, die von ihrer Schwiegermutter ausgesucht worden war. Kaiserin Elisabeth bevorzugte bekanntlich ungarische Hofdamen.
Abstimmung
Der Gattendorfer Gemeinderat verlieh dem Grafen Dániel Esterházy de Galántha in seiner Sitzung vom 3. Juni 1923, mit einer Gegenstimme, das Ehrenbürgerrecht.
Der Bürgermeister Veith Bartholits beantragte die Verleihung des Ehrenbürgerrechts für den Grafen zu dessen bevorstehenden 80. Geburtstag. Dem Beschluss waren intensive Beratungen voran gegangen mit der Begründung; „Die Ahnen des Herrn Grafen haben 300 Jahre im Ort gewohnt, waren Wohltäter der Kirche und Gründer der Schule gewesen“.
Einzige Gegenstimme
Johann Ringbauer, Gemeindevorstandsmitglied, stimmte als einziger gegen die Verleihung mit der Begründung, dass nur langjährige verdienstvolle Gemeindebeamte oder Bürger mit besonderen Verdiensten um die Gemeinde, dafür angebracht seien“. Der tiefere Grund für dessen Ablehnung mag vermutlich daran liegen, dass Graf Dániel zu jener Zeit schon lange nicht mehr in Gattendorf gewohnt hatte und seit 45 Jahren als Besitzer des Schlosses Wiespach in Salzburg lebte.
Zur Beurteilung des Beschlusses muss man bedenken, dass die meisten (bäuerlichen) Mitglieder immer noch monarchistisch und nationalungarisch ausgerichtet waren.
Ehre, wem Ehre gebührt! Aber wem gebührt Ehre?
Informationen zum Artikel stammen aus dem Gattendorfer Gemeinderatsprotokoll von den passionierten Historikern Ewald Metzl und Dr. Klaus Derks. Die Geschichte ist Teil des Buches "Pannonische Streifzüge" von Prof. Dr. Ingrid Nagl-Schramm und Andrea Glatzer.


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