Hauptproblem Wasserentnahmen
Nur 30 von 140 Seewinkel-Lacken übrig

Dieses Bild von der gut gefüllten Langen Lacke im Nationalpark Neusiedler See Seewinkel bei Apetlon ist lange her. | Foto: Klaus Michalek
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Bernhard Kohler vom WWF gilt als Experte bezüglich der Thematik der Bedrohung der Salzlacken im Seewinkel.

SEEWINKEL. Die RegionalMedien baten Kohler zum Gespräch und erfuhren zum Einen die Gründe für das Verlanden der Lacken und was dagegen unternommen werden sollte.

REGIONALMEDIEN: Was ist konkret die Ursache für die Austrocknung der Salzlacken im Seewinkel?

BERNHARD KOHLER: Wenn man zurückschaut, hat es an die 140 Lacken gegeben und diese Zahl ist mittlerweile auf unter 30 zurückgegangen. Der Grund ist zum einen die hundert Jahre intensive Entwässerung und die Ableitung durch das Kanalnetz. Das lies den Grundwasserspiegel sehr stark absinken. Und zum anderen haben in den letzten Jahren die landwirtschaftlichen Wasserentnahmen für die Beregnung massiv zugenommen. Da gibt es zwar Regelungen, aber diese sind nicht darauf ausgerichtet, die Bedürfnisse der Salzlaken zu berücksichtigen.

Wie kann man das verstehen?
Salzlacken brauchen einen sehr hohen Grundwasserstand, um langfristig erhalten zu bleiben. Sie füllen sich im Winter mit Wasser, führen dann im April, Mai ihren maximalen Wasserstand und über den Sommer sinkt der Wasserstand wieder und die meisten Lacken trocknen aus. Das ist vollkommen normal und in dieser Austrocknungsphase findet etwas sehr Wichtiges statt: Die Salzvorräte steigen aus dem Grundwasser, sammeln sich im Lackenbecken und verhindern Pflanzenwachstum. Dadurch bleibt die Lacke dauerhaft am Leben. Auf diese Weise haben sie 20.000 Jahre und länger gut gelebt. Jetzt aber wo der Grundwasserspiegel zu tief abgesunken ist, findet diese Erneuerung nicht mehr statt und die Lacken sterben. Ich bin selbst seit 70 Jahren im Seewinkel unterwegs und habe 15 bis 20 Lacken verschwinden sehen, dauerhaft.

Für Kohler zählen zwei Maßnahmen: Wasserentnahmen einschränken und vorhandenes Wasser rückstauen bzw. zurückhalten. | Foto: WWF Österreich
  • Für Kohler zählen zwei Maßnahmen: Wasserentnahmen einschränken und vorhandenes Wasser rückstauen bzw. zurückhalten.
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Was findet man nun auf den ehemaligen Lacken-Flächen?
Dort ist stattdessen Vegetation und die Lacke wird zu einer normalen Wiese. Die Wasserentnahmen sind hier jedenfalls jenseits jeder ökologischen Nachhaltigkeit, für die Landwirtschaft gerade noch nachhaltig. Die Lacken sind in einem wirklich bedrohlichen Zustand. Das ist insofern schlimm, als dass sie zu den sogenannten pannonischen Salzlebensräumen gehören, für welche in Österreich und im Speziellen im Burgenland eine europaweite Verantwortung gilt, gegen welche wir derzeit massiv verstoßen.

Was hat dies zur Folge für Natur aber auch Tourismus?
Der Nationalpark bietet natürlich einen wichtigen Schutz. Früher sind Lacken auch aktiv zerstört worden, indem sie verschüttet worden sind, das ist heutzutage nicht mehr möglich. Solange die großflächige Grundwasserentnahme weit über die Grenzen des Nationalparks hinaus nicht gelöst wird, geht es den Lacken weiter schlecht und die Gefahr ist, dass dieser wichtige Lebensraum verloren geht. Das hat für den Nationalpark schwerwiegende Folgen, vor allem für den Naturtourismus. Sind die Lacken weg, gibt es keine Vögel mehr und wir wissen ja mittlerweile über die Bedeutung des Nationalpark-Tourismus für die lokale Wirtschaft Bescheid.

Was können wir dagegen unternehmen?
Es sind zwei wichtige Dinge zu tun: Die Niederschläge und verfügbares Wasser müssen gestaut und dürfen nicht abgeleitet werden. Die andere Maßnahme ist natürlich, die Grundwasserentnahmen stark einzuschränken. D. h. so zu gestalten, dass der Wasserspiegel hoch genug bleibt, dass die Lacken ihre Salze regelmäßig erneuern können. Geschieht dies nicht, werden alle Lacken in wenigen Jahren aussterben. Es ist wirklich dramatisch, in der sehr aktuellen Trockenheit noch mehr denn je. Das Schicksal der Lacken ist also auch durch den Klimawandel bedingt. Aber dieser wird wieder vorübergehen, sage ich mal. Vielleicht bleibt es aber so trocken, auf das muss man sich auch einstellen.

Wie könnte das aussehen?
Wir haben generell bei uns das Problem, dass wir immer zu viel Wasser gehabt haben, aber wegen des Klimawandels sollten wir uns eigentlich auf die mitteleuropäische Wasserbewirtschaftung umstellen, die darauf ausgerichtet war, Wasser möglichst schnell zurückzuhalten und nicht abzuleiten, denn es kommt sicher eine trockene Phase nach. Die Lacken sind sozusagen ein Frühwarnsystem, weil jetzt kommen wir mit dem Grundwasser und Wasserstellen in einen Bereich, wo es sogar für die Landwirtschaft kritisch wird. Dazu gibt es Bestrebungen. Etwa wurde vom Nationalpark ein großes EU-Projekt eingerichtet, mit dem im zentralen Seewinkel Wasser rückgestaut werden soll. Das Projekt wurde jetzt im Oktober eingereicht und im Frühjahr 2023 werden wir wissen, ob es genehmigt wurde. Beginnen könnte man mit den Arbeiten demnach etwa im September 2023. Weiterhin offen bleibt aber die Frage, wie es mit den Grundwasserentnahmen weiter geht.

Warnung vor Sterben der Soda-Lacken im Seewinkel

Was raten Sie der Landwirtschaft?
Wenn man die Wirtschaft in der Region stärken will, muss man einerseits natürlich eine Lösung für die Landwirtschaft finden, also man wird sich auch in der Landwirtschaft umstellen müssen. Es wird in Zukunft einfach nicht gehen, dass man ein paar stark wasserbedürftige Kulturen anbaut. Da ist auch nicht einzusehen, warum der Seewinkel Erde für Produktionsgebiet sein muss. Kartoffeln werden bei uns auch in anderen Teilen von Österreich angebaut und im Seewinkel wachsen sie nur, wenn sie kräftig gewässert werden. Das ist zwar für die Betriebe wirtschaftlich interessant, aber es ist einfach nicht nachhaltig. Sparende Kulturen würden funktionieren, wie zum Beispiel Kräuter. Man muss weg von den bisherigen Vorhaben, hin zu einer gesunden Landwirtschaft, die wirklich mit den vorhandenen Ressourcen sparsam umgeht. Man sollte die Landwirtschaft nicht ausschließlich einschränken, sondern man muss sie neu ausrichten. Natürlich muss man an sämtlichen Ursachen arbeiten, aber selbst, wenn man jetzt beim Verkehr, dem Gasverbrauch usw. eine Vollbremsung hinlegt: Der Klimawandel hat schon begonnen.

Ist dafür eine Vorgabe von Regierungsseite notwendig?
Es muss auf jeden Fall eine neue Entnahmemenge festgelegt werden. Man hat das früher eigentlich auch einigermaßen festgelegt, das große Problem war bisher aber immer, dass das niemand überprüfen konnte. Wir reden hier von über 4.000 oder 5.000 Brunnen im Seewinkel aus welchem die Landwirtschaft Wasser entnimmt. Die sind zwar alle genehmigt und haben ihre Vorschriften wieviel Wasser sie entnehmen dürfen, aber ob das wirklich eingehalten wird, konnte das Land Burgenland niemals lückenlos überprüfen. Allein das ist ein totaler Missstand und muss in Zukunft streng überwacht werden. Zusätzlich braucht es neue Vorgaben, wieviel man entnehmen darf. Das, was jetzt genehmigt ist, ist einfach viel zu viel. Das ist mehr als die Menge, die überhaupt vorhanden ist. Im schlimmsten Fall geht diese Lebensordnung im Seewinkel zu Gunde und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region. Das Wichtigste ist, dass man neue Entnahmen festlegt und auch wirklich konsequenter Rückstau und Zurückhaltung.

Dieses Bild von der gut gefüllten Langen Lacke im Nationalpark Neusiedler See Seewinkel bei Apetlon ist lange her. | Foto: Klaus Michalek
Für Kohler zählen zwei Maßnahmen: Wasserentnahmen einschränken und vorhandenes Wasser rückstauen bzw. zurückhalten. | Foto: WWF Österreich

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