Serie "Die Hygienefalle" Teil 5: Der Antibiotika-Krieg
Jede Antibiotika-Kur ist ein Angriff auf unsere schützenden Bakterien und kann Schäden auslösen. HIER lesen Sie alle Geschichten zur Hygienefalle.
Seit es Antibiotika gibt, wird davor gewarnt, dass Bakterien resistent werden könnten und die Heilmittel irgendwann nicht mehr wirken. Aus Sicht der aktuellen Forschung rund um die enorme Bedeutung des Mikrobioms – der Vielzahl an nützlichen Mikroben die mit uns leben – kehrt sich diese alte Sorge ins Gegenteil um: Denn nun zeigt sich gerade die Wirkung der Antibiotika als vordringliches Problem.
Massensterben im Darm
„Augmentin macht alles hin“, lernen die Medizinstudenten in den Vorlesungen zum Effekt eines der meist verschriebenen Arzneimittel Österreichs. Und der Merksatz beschreibt es treffend: Denn diese sogenannten Breitband-Antibiotika führen in Darm, Hals, Nase, überall im Körper, zu einem Massensterben der Bakterien. Manche Kinder sind nach einer derart massiven Antibiotika-Kur sogar nahezu steril – fast alle ihrer Bakterien sind tot.
Und das kann schlimme Folgen haben: Wenn sich bei der Neubesiedlung des Darmes die falschen Bakterienarten verbreiten, kann dies enorme Auswirkungen auf die Funktion von Immun- und Nervensystem haben, die mit dem Mikrobiom eng zusammenarbeiten. Zahlreiche Studien zeigen, dass bei Kindern mit jeder Antibiotika-Verschreibung das Risiko von Allergien und Autoimmunerkrankungen ansteigt. Auch Entwicklungsstörungen, wie ADHS oder Autismus, beginnen oft mit Darmproblemen. Sogar bei psychischen Erkrankungen spielen Bakterien eine bisher vollständig unterschätzte Rolle: Kürzlich fanden Wissenschaftler heraus, dass 80 Prozent unserer Glückshormone im Darm erzeugt werden.
Der erste Anlass für die Verschreibung von Antibiotika ist meist eine Mittelohrentzündung. Jürgen Windeler, Direktor des Kölner Instituts IQWiG und Deutschlands oberster Medizinprüfer, warnt die Kinderärzte: „Bei unkomplizierten Verläufen schaden Antibiotika mehr als sie nützen.“
Zu vielen Ärzten hat sich diese Erkenntnis noch nicht durchgesprochen. Antibiotika werden nach wie vor allzu sorglos verordnet. Auch um rechtlich auf der „sicheren Seite“ zu sein und sich gegen mögliche Klagen zu schützen. „Die Eltern haben großen Einfluss auf die Verschreibung“, sagt der Kinderarzt Herbert Renz-Polster. „Denn wenn sie Antibiotika regelrecht fordern, so traut sich kaum noch ein Arzt, diesem Wunsch nicht nachzugeben.“
Rückstände aus dem Stall
Wenn Tiere regelmäßig mit Antibiotika gefüttert werden, so nehmen sie rascher an Gewicht zu. Seit zehn Jahren ist diese Praxis in der EU verboten. Dennoch werden in Mastbetrieben noch immer etwa gleich viele Antibiotika verbraucht, wie in der Humanmedizin. Durch die Gülle kommt Antibiotika auf die Felder und damit auch ins Gemüse. Studien aus den USA zeigen, dass dies auch für die Konsumenten Auswirkungen hat: In den am meisten belasteten Regionen herrscht das höchste Übergewicht.
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