Interview mit Sylvia Scherhaufer
Die Jagd in Niederösterreich wird weiblicher
Die Jagdverband-Generalsekretärin über die Rückbesinnung aufs Wildbret, mehr Jägernachwuchs trotz Veganer-Hypes und die Stellung der Jäger mitten in der Gesellschaft. Das Gespräch führte Christian Trinkl.
Frau Scherhaufer, Wie elitär ist die Jagd eigentlich?
Das kommt einem so vor, weil auch viele bekannte Persönlichkeiten jagen, in Wirklichkeit sind wir aber mittendrin in der Gesellschaft. Hier in Gerolding sind es etwa nur Einheimische, die hier wohnen – vom Bauern über den Arbeiter bis zum Akademiker, von jung bis alt.
Wie schaut es mit dem Jägernachwuchs in Zeiten des Veganer-Hypes aus?
Wir haben sogar einen steigenden Zulauf. Es gibt heute sehr viele Quereinsteiger, etwa über die Hundeausbildung oder über den Trend des bewussten Lebens. Weg vom Fleisch aus der Massentierhaltung, hin zum Wildbret – quasi sein eigenes Fleisch aus der Natur bekommen.
Sie jagen seit elf Jahren – ist die Jagd noch eine Männerdomäne?
Früher war die Jagd für Frauen noch ein Tabu, heute ist jeder fünfte Jungjäger eine Frau. Es wird also immer selbstverständlicher, dass auch Frauen jagen gehen.
Die Jagd, Stichwort Gatterjagd, wird ja oft kontrovers diskutiert. Für welches Standing der Jagd in der Öffentlichkeit kämpfen Sie als Generalsekretärin?
Der Jäger ist nicht die Deix-Figur, die alkoholisiert durch den Wald geht. Jäger sind ganz normale Leute. Die Tätigkeit hat aber eben mit dem Töten von Lebewesen zu tun, darum stehen wir immer im öffentlichen Diskurs. Wir wollen generell zeigen, dass wir dem Wild verpflichtet sind. Es geht um das Bewusstsein, dass wir für Gleichgewicht in der Natur sorgen. Die Jagd erfüllt – ehrenamtlich – eine wichtige Aufgabe in der Mitte der Gesellschaft.
Gleichzeitig zum veganen Zeitgeist steigt aber auch die Nachfrage nach Wildfleisch wieder.
Ja, und da haben wir noch einiges Potenzial nach oben. Aktuell sind nur 0,7 Prozent des konsumierten Fleisches Wildbret. Wir unterstützen, etwa mit YouTube-Tutorials, unsere Jäger bei der Vermarktung des Fleisches. Es gibt kein gesünderes, klimafreundlicheres Fleisch als Wildbret direkt aus der Region vom Jäger ums Eck.
Also jetzt im Herbst zuschlagen.
Wildbret ist saisonal, aber es ist viel länger verfügbar als man glaubt – also nicht nur bei den Wildwochen im Wirtshaus. Die Jagdsaison beginnt im April und geht bis in den Dezember – jeweils mit unterschiedlichen Wildarten.
Wie stellen Sie denn sicher, dass nicht zu viel gejagt wird?
Die Jäger wollen das Gleichgewicht in der Natur erhalten. Sensible Wildarten, das Rebhuhn etwa, erlegen die Jäger in vielen Revieren gar nicht mehr. Stattdessen freuen sie sich über jede neue Rebhuhn-Kette (Anm.: Familie), die sie in ihrem Revier beobachten können.
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