Lesung: Mord im Café
Hochspannung herrschte am 19. Juni im Buch-Café in Wiener Neustadt.
Jungautorin Elisabeth Martschini las aus ihrem Debütroman „GlücksFälle“. Mit ihren Erzählungen über das Leben und Sterben(lassen) in dem fiktiven Kurort Bad Au verschaffte sie den interessierten Zuhörerinnen einen vergnüglichen Abend. Gastgeberin und Buchhändlerin Manuela Grabherr-Gappmayer versorgte das Publikum außerdem mit kulinarischen Kleinigkeiten. Der Roman „GlücksFälle“ kann auch nach der Lesung noch bei ihr erstanden werden.
Zu Person und Inhalt:
Elisabeth Martschini, geboren 1981 in Baden bei Wien, Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft und der Deutschen Philologie an der Universität Wien. Derzeit Lektorin an der Pädagogischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag.
Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zur rumänien- deutschen Literatur und zur Literatur des Mittelalters.
Ein Todesfall bringt das Leben in der idyllischen Kleinstadt Bad
Au in Aufruhr. Ein harmloser, wenn auch etwas lästiger Gast
des Café Sisi bricht sich das Genick, als er über die vereiste Treppe seines Wohnhau- ses stürzt. Unfall oder Mordfall?
Was sich für Inspektor Obermayer zunächst eindeutig als Ungeschicklichkeit mit fata- ler Folge darstellt, ändert sich jedoch im Laufe der Zeit, denn die Serie ungeklärter To- desfälle geht weiter.
Elisabeth Martschini unterhält und fesselt – auch durch ihr außergewöhnliches Sprachgefühl – mit ihrem ersten Kriminalroman durch eine subtile Betrachtung eines Kleinstadtgefüges, in welchem sich unter der ordentlichen Oberfläche so mancher menschliche Abgrund verbirgt.
„Sie sind schon wieder da, siehst du“, zischte Frau Hildegard Binsen dem treuen Hirschhauser beim Betreten des Café Sisi ins Ohr. Und tatsächlich saßen die drei ver- kappten alten Jungfern wieder an einem der kleinen Tische mit den runden Marmor- platten, drei Tassen Kaffee und drei, bereits zur Hälfte verzehrte, Stück Torte vor sich.
„Na, lass sie doch, lass sie“, meinte Alois Hirschhauser, der nicht verstehen konnte, was seine Begleiterin so sehr an den drei Damen störte. Was auch immer es war, wurde aber doch nicht als so störend empfunden, dass das Paar Binsen und Hirsch- hauser nicht am Nebentisch Platz genommen hätte. Alois Hirschhauser bestellte wie üblich eine Melange, während Hildegard Binsen sich heute an einen Caffe Latte wag- te. Nachdem ihr wider Erwarten das chinesische Essen in dem Lokal hinter dem Rat- haus geschmeckt hatte, war sie auf ihre alten Tage experimentierfreudiger geworden und traute sich auch über so ein neumodisches italienisches Zeug. Das hätte man ihr so natürlich nicht sagen dürfen. Also das mit dem neumodischen italienischen Zeug schon, das waren sogar in etwa ihre eigenen Worte gewesen, aber die alten Tage hät-
te sie jedem, sogar ihrem alten Freund Alois, sehr übel genommen. Dieser schwieg denn auch oder äußerte sich doch nicht näher dazu, sondern sagte nur zu Petra Sandor: „Für mich bitte außerdem die Somlauer Nockerl.“
„Aber Alois“, fuhr Hildegard Binsen ihn an, „das kannst du doch nicht vor dem Mittagessen bestellen!“
„Wieso nicht“, fragte der pensionierte Friseur und fügte an die junge Frau Sandor gewandt hinzu: „Die sind doch schon fertig, oder?“
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