Zweiter Bildungsweg
Schuhmacher-Lehrling mit 43

Florian Leitner (Mitte) mit seinen Lehrherren Dietmar Mühlleitner (li.) und Stefan Hütter. | Foto: M&H
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  • Florian Leitner (Mitte) mit seinen Lehrherren Dietmar Mühlleitner (li.) und Stefan Hütter.
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Der 43-jährige Florian Leitner hatte beruflich eigentlich erreicht, was sich viele wünschen: Einen sicheren Job bei einer renommierten Bank mit einem guten Verdienst und Benefits. Nach mehr als 20 Jahren merkte er jedoch, dass ihn das nicht mehr glücklich macht. 

OÖ. Auf einen Tag im Büro, folgte oft ein Besuch bei seinem Freund Michael Schachinger, der Orthopädieschuhmacher-Meister ist, in seiner Werkstatt "Schuach" in Ried im Innkreis. Dort übte Leitner spaßeshalber kleine Hilfstätigkeiten aus. Das ging so über mehr als drei Jahre. Der zweifache Vater entdeckte dabei immer mehr seine Leidenschaft fürs Handwerk. Das Gedankenkarussell rund um eine mögliche berufliche Veränderung fing an zu kreisen:

"Mit Anfang 40 wirft man nicht einfach alles hin und macht was anderes. Man befindet sich in einem anderen Lebensabschnitt und hat schließlich eine andere Verantwortung als mit Mitte 20 – zum Beispiel gegenüber den Kindern", berichtet Leitner. Deshalb habe er lange mit seiner Entscheidung gehadert.

In seiner aktuellen Situation ging es ihm zunehmend schlechter und die innere Stimme, die Komfortzone zu verlassen, wurde lauter: "Ich hab noch mindestens zwei Jahrzehnte bis zur Pension, die wollte ich in einem Job verbringen, der mich erfüllt und nicht im immer gleichen Alltagstrott absitzen," sagt der Rieder.

Einerseits konnte er diese Lebensentscheidung nicht unverantwortlich überstürzen, andererseits hatte er das Gefühl, dass die Uhr für ihn ticke: "Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit 50 fängt man eher nicht mehr mit einer Lehre an." 

Ausbildung bei M&H in Mattighofen

Anfang 2022 machte Leitner sich schlau, welche Möglichkeiten es für ihn gäbe, um eine Lehre als Orthopädieschuhmacher zu absolvieren. Nachdem er wusste, dass es Förderungen und Unterstützungen gibt, wagte er es, seinen Bankjob zu kündigen. 

"Der Weg bis zur Entscheidung war ein langer und schwerer, mit vielen Fragen und inneren Konflikten. Doch wenn man einmal den Mut für den ersten Schritt aufgebracht hat, dann beginnt es zu laufen."

Schnell fand Leitner dann auch den passenden Lehrbetrieb, wo er im Herbst 2022 mit seiner Ausbildung begann: M&H in Mattighofen (Bezirk Braunau). Die beiden Firmenchefs und Meister, Dietmar Mühlleitner und Stefan Hütter lehren dem Nachwuchs das "Schusterhandwerk" von der Pike auf und noch mehr:  "Unser Hauptgeschäft sind die orthopädischen Schuhe. Aber wir produzieren eben auch Maßschuhe, Taschen und Gürtel", erklären die beiden Lehrherren. 

Im Frühling startet die Berufsschule in Schrems (NÖ): "Ich bin schon gespannt, ob ich in meiner Klasse der Älteste bin," scherzt Leitner. Voraussichtlich wird der frisch gebackene "Lehrbub" im Frühling 2024 seine Abschlussprüfung machen. 

Der neue Alltag und die Zukunft

Am meisten gefällt ihm jetzt, dass er jeden Tag etwas Neues dazu lernt, etwas mit seinen Händen schafft und die Zeit bei abwechslungsreichen, handwerklichen Tätigkeiten schnell vergeht. Doch wo sieht er sich als "fertiger Schuster" in zehn Jahren? Gemeinsam mit seinem Freund Michael "Schuach" Schachinger, bei dem alles begann, spinne er schon an ein paar Ideen und Projekten, die sie irgendwann in weiterer Zukunft gemeinsam umsetzen wollen. 

An die Pension denkt der 43-Jährige nun aber nicht mehr: "Ich glaube, wenn man etwas macht, wofür man brennt, dann will man das auch sein Leben lang tun. Ich bin sehr glücklich, dass ich meinen Alltag nun mit einer Arbeit füllen kann, die mir Spaß macht und mir wieder Sinn in meinem beruflichen Leben gibt. Vielleicht gehöre ich mal zu denjenigen, die man aus der Werkstatt tragen muss."

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