Stimmungsbild vom BRG Oberpullendorf
Wie es Schülern, Eltern und Lehrern in der Corona-Krise geht

- Die Schüler des BRG Oberpullendorf kommen mit dem Online-Unterricht grundsätzlich gut zurecht – er bleibt aber eine "absolute Notlösung"
- Foto: Irmgard Langer
- hochgeladen von Franz Tscheinig
Schüler, Eltern und Lehrer müssen sich zumindest noch bis 15. Mai gedulden, ehe der Schulbetrieb in Österreich stufenweise wieder hochgefahren werden soll. Doch wie geht es beispielsweise den 600 Schülern, ihren Eltern sowie rund 60 Professoren des BRG Oberpullendorf in der Corona-Krise? Ein Stimmungsbild
OBERPULLENDORF. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen werde, aber ich vermisse die Klasse, meine Freunde und die Schule an sich“, sagt ein Schüler des BRG Oberpullendorf nach über einem Monat im Home-Unterricht. Trotz solider Voraussetzungen im Umgang mit digitalen Medien sei der Umstieg vielen nicht leicht gefallen, berichtet Lehrer Markus Neuhold. "Die erste Woche wurde von vielen Lernenden als sehr schwierig beschrieben." Zurückzuführen sei dies auf die rasche Umstellung, die Serverüberlastung auf LMS und die Balance des Umfangs der Arbeitsaufträge.
Bedürfnis nach normalen Schulalltag
Nach Woche eins der "Überforderung für alle Beteiligten" konnten im Großen und Ganzen die Überlastungen „entschärft“ werden und es „läuft ganz gut“, wie dies die überwiegende Mehrzahl der Schüler bestätige. Trotz allem lasse sich aus den Berichten und Rückmeldungen eine zentrale Konstante ableiten: „das Bedürfnis einen normalen Schulalltag mit ihren Klassenkollegen und Lehrern zu erleben“.

- Die Schüler des BRG Oberpullendorf kommen mit dem Online-Unterricht grundsätzlich gut zurecht – er bleibt aber eine "absolute Notlösung"
- Foto: Irmgard Langer
- hochgeladen von Franz Tscheinig
Anfangs Überfoderung bei Eltern
Das Stimmungsbild innerhalb der Eltern ähnelt jenem der Schüler. „Die zweite Woche war besser als die erste Woche. Wir haben schon ein bisschen Routine. Es sind aber sehr viele Aufgaben zu bewältigen, die uns manchmal überfordern“, so ein Zitat eines Elternteiles. Engpässe auf der Lernplattform seien anfangs akzeptiert worden. "Die Lernplattform funktioniert aber jetzt sehr gut.“ Die häufig angesprochene Überforderung – insbesondere zu Beginn der Schulschließungen – lasse sich aber nicht allein auf die Schule und die Arbeitsaufträge der Lehrenden reduzieren, sondern in einigen Familien seien die Voraussetzungen für die Fernlehre nicht gegeben.
Alleinerziehende haben große Probleme
Alleinerziehende hätten große Probleme mit dem Alltagsmanagement, Schüler verfügen nicht immer über ein eigenes IT-Gerät oder in genügend Fällen werde das digitale Endgerät durch mehrere Benutzer innerhalb der Familie genutzt und stehe daher nicht jederzeit zur Verfügung, erklärt Neuhold. Dazu beispielhaft eine Mitteilung eines Elternteils an den Klassenvorstand: „Sehr geehrter Herr Mag., an der Tatsache, dass ich ihnen von meinem Handy schreibe, ist ersichtlich, dass die Hardware bei uns zu Haus ein knappes Gut ist. Kein Wunder bei drei Kindern.“
Feedback grundsätzlich positiv
Im Allgemeinen sei das Feedback der Eltern bezugnehmend auf das Engagement der Professoren ein äußerst positives. So habe es etwa flächendeckende Dankesworte der Eltern aller Klassen gegeben, die es in dieser Form in den letzten Jahrzehnten nicht gegeben habe. Seitens einzelner Eltern würden auch Vorteile in der jetzigen „Ausnahmesituation“ erkannt. Beispielsweise, dass deren Kinder mit großem Eifer bei der Sache sind, sie sinngemäß manchmal etwas gebremst werden müssen oder, dass Vorzüge für die persönliche Entwicklung „in Hinblick auf eine eventuelle Karriere inklusive Studium“ erkannt werden.
Lehrer: "Arbeitsaufträge werden größtenteils ausführlich und gut erledigt"
Zumeist positiv werden die Leistungen der Schüler in der engagierten Beantwortung der Aufgabenstellungen erwähnt. „Die Arbeitsaufträge werden auch größtenteils ausführlich und gut erledigt, wobei es ab und zu schon vorkommt, dass gewisse Angaben überlesen werden und nicht beantwortet werden oder die Antworten einfach sehr oberflächlich gehalten werden“, so die Rückmeldung eines Lehrenden. Als größte Herausforderung und zugleich auch als Tipp an alle Schüler wird das genaue Lesen der Aufgabenstellungen angeführt.
Krise wird auch als Chance aufgefasst
Auch über viele positive Überraschungen und „Highlights“ wird berichtet. Die derzeitige Krise werde auch als Chance aufgefasst, um „sich mit der Technik und der digitalen Welt etwas mehr auseinanderzusetzen“. Die Schwierigkeiten zu Beginn der Umstellung finden in ähnlicher Form auch bei den Professoren Erwähnung, die individuelle Anpassungsfähigkeit und Balance wurde mehrfach eingeräumt und die Selbstreflexion als Selbstverständlichkeit genannt.
Online-Unterricht als große Herausforderung
Die neue Form des Unterrichts stellt für einen Teil der Lehrenden – wohlgemerkt trotz solider digitaler Grundkompetenzen – eine große Herausforderung dar. „Ich bin es als Deutschlehrer zwar gewohnt, viel und andauernd zu korrigieren, aber das Wunderbare an meinem Beruf fehlt mir: der analoge Unterricht.“ Dazu weiters: „Nette digitale Lernspiele sind zwar eine Abwechslung, können jedoch diese meine bevorzugte Form des Unterrichtens nicht ersetzen: Ich kann Rollenspiele nicht durchführen, Erzählspiele im Klassenverband […] oder Kommunikationsübungen alleine führen sich ad Absurdum.“
"Absolute Notlösung"
Wenngleich sich der Umstieg für Lehrende, Lernende und Erziehungsberechtigte „eingespielt“ hat und „distance learning“ weitgehend zufriedenstellend verläuft, so bestehen weiterhin Bedürfnisse und Wünsche, die die digitale Welt nicht bedienen kann. Trotz guter Performance am Gymnasium Oberpullendorf bleibt der reine Fernunterricht eine „absolute Notlösung“. Es fehlt der Mensch, die Interaktionen, die Beziehungen, das Soziale, das Zwischenmenschliche. Daher auch die Bemerkung einer Professorin: „Ich hoffe, der Schulalltag kehrt bald zurück.“
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.