Arzneimittelengpass in Oberpullendorf
"Wir sind an der Front und baden das aus"

- Baumrock Saskia (PKA) aus der Apotheke zum Mohren in Oberpullendorf.
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Laut dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), sind in ganz Österreich aktuell rund 550 von insgesamt 18.750 zugelassenen Medikamenten, nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Auch in Oberpullendorf leiden die Apotheken unter den Engpässen. Die Folgen: Längere Wartezeiten und enorme Personalbelastung.
OBERPULLENDORF. Die Apotheken im Bezirk stehen seit gut einem halben Jahr vor einer großen Herausforderung in punkto Medikamentenengpass. Auch im Hinblick der aktuellen Grippewelle in Österreich, sieht es hinsichtlich der umfassenden Versorgung der Bevölkerung mit entsprechenden Arzneimitteln, nicht gut aus. Die ApothekerInnen kommen an ihre Grenzen.
Auf Ersatzprodukte zurückgreifen
Die RegionalMedien Burgenland haben bei den Apotheken im Bezirk nachgefragt und sind auf gestresste, aber auch besorgte MitarbeiterInnen gestoßen. "Fast gar nichts" gäbe es mehr, in der Schlossapotheke in Lackenbach. Sobald Arzneimittel wieder lieferbar sind, werden sie in einer größeren Menge nachbestellt, was wiederum viel Geld kostet. Am meisten von den Lieferschwierigkeiten betroffen sind die unterschiedlichen Antibiotika, die gleichzeitig auch zu den wichtigsten Medikamenten zählen. Sind diese nicht lieferbar, muss man Ersatzantibiotika finden, mit ähnlichen Wirkstoffen und teilweise anderen Dosierungen. Darüber hinaus fehlen gängige Grippemittel und Hustensäfte, bei denen man aber relativ gut ausweichen kann. Auch Insulin fehlt manchmal, wie zum Beispiel in der Apotheke zur Hl. Margarethe in Lockenhaus. Die Situation ist schwierig - PatientInnen, die Insulin benötigen, brauchen dieses auch dringend und können nicht darauf warten.
Situation unvorhersehbar
Das größte Problem, welches sich im Gespräch mit den ApothekerInnen herauskristallisiert hat, ist die Unvorhersehbarkeit der Medikamentenengpässe. Die Apotheke zum Mohren in Oberpullendorf muss täglich mit dieser Ungewissheit zurechtkommen. Eine mögliche Lieferung ist nur eine Momentaufnahme, denn ob ein Arzneimittel in vier Tagen wieder verfügbar sein wird oder nicht, lässt sich nicht voraussagen. Eine gewisse Planbarkeit ist daher für die ApothekerInnen komplett ausgeschlossen.
"Die Kommunikation zwischen Arzt und uns ist für beide sehr zeitintensiv. Das heißt wir telefonieren sicher drei Stunden am Tag - nur in punkto Arzneimittelersatz. Das stresst unsere Leute. Bei jedem zweiten Rezept fehlt etwas, wodurch wir auch längere Wartezeiten haben, und somit einen höheren Stressfaktor beim Personal", so Mag. Alfred Szczepanski, Konzessionär in Oberpullendorf.
Das Telefon klingelt ständig
Auch in Weppersdorf in der Apotheke Zum Schwarzen Adler, hofft man auf eine baldige Besserung der Situation. Das Telefon klingelt laut Mag. Andreas Norden so oft, dass kaum mehr Zeit für den täglichen Betrieb bleibt. Bei 80% der ausgestellten Rezepte seien Medikamente dabei, die nicht verfügbar sind, und somit durch Ersatzprodukte ausgetauscht werden müssen. Das dauert doppelt so lange - was sowohl für die PatientInnen als auch für die MitarbeiterInnen in den Apotheken mühsam und aufwendig ist.

- Wichtige Arzneimittel fehlen. Darunter Antibiotika, Grippemittel, Hustensäfte und teilweise auch Insulin.
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Die MitarbeiterInnen leiden
Für Mag. Alfred Szczepanski aus Oberpullendorf, stehen vor allem die negativen Auswirkungen der Engpässe auf seine MitarbeiterInnen im Vordergrund. Durch die ständigen Bemühungen, an ausreichend Arzneimittel zu gelangen, kann der übliche Tagesbetrieb nicht annähernd so schnell wie sonst bewältigt werden.
"Das ist eigentlich die tägliche Mühsamkeit und Arbeit, die wir haben, und die dazukommt zum normalen Service. Denn wir müssen ja trotzdem verantwortungsbewusst arbeiten. Der tägliche Betrieb darf darunter nicht leiden, daher ist es für uns sehr anstrengend."
Doch nicht nur für die Apotheken sei es schwierig, auch die Ärzte kämpfen mit den Auswirkungen im Alltag. Ein Arzt schickt eine PatientIn in die Apotheke, und kurz darauf kommt diese wieder zurück, da es das gewünschte Medikament nicht gibt und auch kein Ersatzprodukt. Es sei ein ständiges Hin und Her, man wisse dabei oft nicht mehr, an wen man sich wenden soll.
“Hier ist dann der Engpass angekommen und wir sind an der Front, und wir baden das aus.” Es ist ein riesiger Aufwand, der nicht bezahlt wird. Die Ärzte und Apotheker am Land bemühen sich wirklich, und investieren Zeit und Arbeitskraft, damit alle Menschen und Kinder das Arzneimittel bekommen, das sie brauchen", erklärt Szczepanski.
Verständnisvolle KundInnen
Laut den Apotheken im Bezirk, zeigt die Kundschaft vorwiegend Verständnis für die MitarbeiterInnen, aufgrund der aktuellen Lieferschwierigkeiten und verlängerten Wartezeiten. Aus deren Sicht, kann man sich nur schwer in die Lage der ApothekerInnen versetzen, und demnach auch nicht wissen, wieviel Arbeit tatsächlich hinter den Kulissen passiert. Dennoch sei die burgenländische Bevölkerung sehr verständnisvoll gegenüber den regionalen Apotheken. Man hoffe nun auf eine baldige Besserung der Situation, unter anderem auch für die Arbeitskräfte, um eine "normale Arbeit" wieder möglich zu machen.


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