Ernüchternde Erntezeit
Wo die Freude endet und der Dank beginnt

- Um sich vor der extremen Hitze zu schützen, wurde Julian Tröscher und seine Familie kreativ.
- Foto: Tröscher Julian
- hochgeladen von Victoria Rosenberger
Die diesjährige Ernte zeigt bei Getreidearten wie Gerste und Weizen nur etwa die Hälfte des langjährigen Durchschnitts, während Hackkulturen wie Soja und Mais ebenfalls unter den Erwartungen bleiben. Die Erträge bei Dauerkulturen wie Obst und Wein sind geringer, jedoch mit insgesamt guten Qualitäten. Besonders in der Bio-Landwirtschaft ist ein Strukturwandel gefragt.
BEZIRK OBERPULLENDORF. Die Ernte 2024 sieht in der Bio- Landwirtschaft des Burgenlandes nicht besonders rosig aus. Neben den Wetterbedingungen gibt es aber auch andere große Herausforderungen denen die Landwirte ausgesetzt sind. Franz Traudtner, Obmann der Bio-Austria Burgenland äußert sich zur angespannten Situation in der Landwirtschaft, insbesondere im Biobereich, und hebt einen bevorstehenden Strukturwandel hervor. Traudtner berichtet von den besonderen Herausforderungen in diesem Jahr, wie extremen Wetterbedingungen, darunter sowohl Trockenheit als auch extreme Feuchtigkeit. Die hohen Temperaturen führten zu einem Anstieg von Schädlingen wie Reiswanzen und Blattläusen sowie zu Pilzinfektionen aufgrund von übermäßigem Niederschlag. Diese Bedingungen haben die Qualität der Ernte erheblich beeinträchtigt, was oft nur eine Verwendung als Futter zulässt. Er betont die Notwendigkeit von vorausschauenden Maßnahmen zur Bodenfruchtbarkeit, um das Agrarsystem widerstandsfähiger gegenüber Natur, Klima und politischen Einflüssen zu machen.
Marktbedingungen sind ein Problem
Die Marktbedingungen und Preise haben die Planung der Ernte stark beeinflusst, da die Ernte eingebracht werden muss, um betriebliche Defizite zu minimieren. Die Rekrutierung von Mitarbeitern bleibt eine Herausforderung, da " niedrige Erträge und hohe Betriebskosten den wirtschaftlichen Erfolg zur Lotterie machen", so Traudtner.
Für die kommende Saison rät Franz Traudtner, von Investitionen abzusehen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die aktuelle wirtschaftliche Lage führt zu hohen Produktionskosten, die sich nicht in den Preisen der agrarischen Urproduktion widerspiegeln. Auch betont er die Notwendigkeit ständiger Anpassungen an die Herausforderungen des Klimawandels. Dazu gehören die Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit der Böden und der Schutz vor extremen Wetterereignissen durch Schutzeinrichtungen wie Auffangbecken und Windschutzanlagen. Er warnt vor neuen Schädlingen und Krankheiten, die durch den Klimawandel begünstigt werden.

- Die Familie Tröscher bei der Kartoffelernte im September. Die Sonnenschirme schützten vor der extremen Hitze.
- Foto: Julian Tröscher
- hochgeladen von Victoria Rosenberger
Biohof Tröscher aus Weppersdorf
Auch Julian Tröscher, Junglandwirt aus Weppersdorf, beschreibt die Ernte auf seinem Biohof in diesem Jahr als durchwachsen. Die Herbstaussaat war vom feuchten Vorjahr geprägt, was sich in der diesjährigen Ernte widerspiegelt, während die Frühjahrsaussaat gut verlief. Der Sommer war jedoch sehr trocken, was besonders die Kartoffeln und Gemüse beeinflusste. Obwohl der Ertrag nicht optimal war, zeigt sich Julian insgesamt zufrieden, vor allem mit der Haferernte in Speisequalität. Er hofft auf einen trockenen Herbst, um das noch ausstehende Soja zu ernten, das er im Juni gepflanzt hat.
Neben Getreide wie Weizen, Gerste, Hafer und Sonnenblumen baut Julian auch Gemüse an und hält Legehennen. Julian Tröscher betreibt den Gemüseanbau und die Direktvermarktung auf seinem Biohof in Weppersdorf zusammen mit seiner Familie. Ohne die Unterstützung seiner Familie, wäre dies nicht möglich, denn vieles– von der Unkrautregulierung bis zur Ernte – wird händisch gemacht, abgesehen von den Kürbissen, Kartoffeln und dem Getreide. Er baut eine breite Palette an Gemüse an, darunter Fisolen, Pastinaken, Karotten, Sellerie, Porree, Tomaten, Salat, Paprika, Kraut, und mehr, die in seinem Ab-Hof Verkauf erworben werden können.
Landwirtschaft mit zweitem Standbein
Julian Tröschers Leidenschaft für die Landwirtschaft ist groß, zum Glück ist er aber finanziell nicht allein auf die Ernte angewiesen, da er ein zweites Standbein hat. „Mein Traum wäre es natürlich, komplett von der Landwirtschaft leben zu können“, erklärt er.
Eine besondere Erinnerung aus diesem Jahr war die Kartoffelernte im September, die unter extremer Hitze stattfand. Die Familie montierte bunte Sonnenschirme auf die Erntemaschine, was die Situation sowohl erträglicher als auch humorvoll machte. Im Gegensatz zum Vorjahr, als die Kartoffelernte durch zu viel Feuchtigkeit verfault war, fiel sie dieses Jahr trotz der Trockenheit zufriedenstellend aus.
Ein besonderes Anliegen für Julian ist der Bodenaufbau und die Fruchtfolge, um den natürlichen Kreislauf in der Landwirtschaft zu erhalten. Herausforderungen, wie fehlende Abnehmer oder volle Lagerhäuser, kennt er jedoch nur zu gut: So musste er 2021 mit vollen Anhängern Hafer warten, bis Lagerkapazitäten frei wurden. Trotz der Schwierigkeiten blickt er optimistisch in die Zukunft, hofft auf mehr Regeneration der Böden und nachhaltigere Erträge in den kommenden Jahren.
Biohof Hofer aus Ritzing
Die Familie Hofer, die seit über 20 Jahren den Biohof Hofer in Ritzing führt, steht vor großen Herausforderungen. Die Getreideernte war schlecht, genauso wie im Vorjahr. Das Wetter – ein kaltes, feuchtes Frühjahr und ein heißer, trockener Sommer – hat den Ertrag massiv beeinträchtigt. Besonders im Bio-Anbau ist das Unkraut außer Kontrolle geraten. Dazu kommen hohe Saatgutkosten, niedrige Preise für das Endprodukt und gekürzte Förderungen. Ohne ihre zusätzlichen Standbeine wäre der Hof finanziell nicht tragbar.
"Die Produktionsstandards sind hoch, gleichzeitig sind Konsumenten oft nicht bereit, mehr für Lebensmittel zu zahlen." Christine Hofer, Landwirtin des Biohofes Hofer in Ritzing.
Besonders im Ackerbau ist die Lage angespannt, während gleichzeitig große Mengen an Lebensmitteln im Müll landen. Dazu kommt der Klimawandel, der durch extreme Wetterbedingungen die Ernten beeinträchtigt. Für eine Umstrukturierung wie den Bau eines Laufstalls sind die Auflagen und Investitionen einfach zu hoch. Christine Hofer sieht eine klare Verantwortung bei der Politik und fordert eine stabile Regierung, die die Bauern nicht vergisst: „Jeder Einzelne muss umdenken – weniger Lebensmittelverschwendung und mehr Bewusstsein für regionale Produkte sind notwendig,“ so Christine Hofer.
Wirtschaftlicher Druck hoch
Julian Tröscher spürt die Veränderungen in der Wirtschaft. Die steigenden Saatgutpreise und sinkenden Ankaufspreise erhöhen den wirtschaftlichen Druck. So vermerkt er, dass so manche Landwirte ihr Saatgut mittlerweile nach dem Preis auswählen müssen.
Trotz allem zeigt sich Julian Tröscher flexibel und anpassungsfähig, sowohl bei den angebauten Kulturen als auch im Umgang mit den unterschiedlichen klimatischen Herausforderungen. „Kein Jahr gleicht dem anderen“, betont er.
Franz Traudtner fordert abschließend eine Steigerung des Absatzes biologisch, regional und saisonal erzeugter Produkte und plädiert für eine Reduktion von Abhängigkeiten sowie den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Er ruft dazu auf, von der "Geiz ist geil"-Mentalität abzurücken und regionale Wertschöpfungsketten zu fördern, um eine nachhaltige Zukunft für die Landwirtschaft zu sichern.
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