Haftstrafe und Freisprüche
Viele Rätsel um brutale Schlägerei in Oberwart bleiben ungelöst
Serienrippenbrüche, Brustkorbprellung, Schnittwunden, Abschürfungen. Schwere Verletzungen eines von mehreren Schlägern verprügelten und getretenen Opfers. Inklusive Handy-Raubes und Drohung unter Vorhalt einer Pistole: „Beim nächsten Mal bist hin!“ Drei Angeklagte mussten sich wegen dieser brutalen Prügelei vor einem Lokal in Oberwart nun im Landesgericht Eisenstadt verantworten.
OBERWART. In einem Lokal in der Oberwarter Innenstadt kam es am 24. April 2021 in den frühen Morgenstunden - wie berichtet - zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Gästen. Mit gegenseitigen Beschimpfungen wie „Nazi“ und „Jugo“. Nach anfänglicher Beruhigung der Lage setzte sich der Streit vor dem Eingang des Nachtclubs fort. Der in einer brutalen Schlägerei mündete.
Brutale Schlägerei, Waffe, Raub
Mit nunmehr unterschiedlichsten Schilderungen und massivsten Widersprüchen von Zeugen und Beschuldigten, die im Saal 1 des Landesgerichtes Eisenstadt aussagen mussten. Die Staatsanwältin führte aus, dass die Angeklagten, alle aus dem Bezirk Oberwart, einen Mann niedergeschlagen, getreten, schwer verletzt und ihn seines Handys beraubt haben. Dabei sei auch eine Waffe im Spiel gewesen. Erst als ein Zeuge „Die Polizei kommt gleich“ gerufen hatte, hätten die Schläger von ihrem stark blutenden Opfer abgelassen und seien geflüchtet.
13-fach Vorbestrafter: "War selbst Opfer"
Dieser Darstellung widersprachen alle Beschuldigten. Der 34-jährige Erstangeklagte, 13-fach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung (5x), Diebstahl (3x), Raub (1x), gab lediglich zu, dem Opfer einen Kopfstoß gegeben zu haben. „Im Zuge einer Rangelei bin ich schließlich mit dem Mann zu Boden gestürzt. Dort schlug ich ihn einmal links und einmal rechts gegen den Kopf. Dann bin ich selbst von 4 -5 unbekannten Arabern geschlagen, getreten und verletzt worden!“
11-fach Vorbestrafter: "War betrunken"
Der Zweitangeklagte (31), 11-fach vorbestraft, unter anderem wegen Raub, erklärte wiederum, beim Beginn der Schlägerei gar nicht mehr vor Ort gewesen zu sein. Daran, dass er kurz darauf in einem Lokal geprahlt hätte, einen Mann brutal zusammengeschlagen zu haben, konnte sich der Beschuldigte vor dem Schöffensenat nicht mehr erinnern. Seine Gedächtnislücken begründete er mit: „Ich war stark betrunken!“ Im damaligen Polizei-Verhör allerdings benannte er sehr wohl zahlreiche Details...
"Weiß nix" und "Hab nix gesehen"
Eine abweichende Sichtweise zu seiner bisherigen Verantwortung schilderte auch der dritte Angeklagte, ein 20-jähriger Arbeitsloser. Abseits von „Weiß nix!“ über „Hab nix gesehen“ folgte ein: „Ich wurde von Unbekannten selbst zu Boden gerissen!“ Mit der Ergänzung: „Aber sonst hab ich nix mitbekommen!“ Erinnern konnte er sich dann aber doch daran, dass „10-15 Personen anwesend waren!“ Die er nicht gekannt und nicht verstanden hat, weil „die ausländisch geredet haben!“
Keine Erklärung zum Kieferbruch der Freundin
Alle drei Beschuldigten zeigten sich zudem völlig ratlos, wo, wie bzw. durch wen die Freundin des Erstangeklagten, die mit im Lokal und dann auch vor dem Club gewesen ist, zu ihrem doppelten Kieferbruch gekommen ist. Sie selbst zeigte sich bei der Einvernahme vor der Polizei wortkarg, wie ein befragter Polizist vor Richterin Gabriele Nemeskeri aussagte. „Sie hat ihren Lebenspartner gedeckt und auch wegen seiner Waffe gelogen, weil sie anfangs angegeben hatte, dass es ihre Schreckschusspistole sei!“
Stiefelähnliches Hämatom am Rücken
Der Kriminalist weiter: „Ihre Verletzungen stammen, laut Arztgutachten, nicht nur von einem einzigen Schlag. Zudem hatte sie ein stiefelähnliches Hämatom am Rücken. Ob sie jedoch aktiv an der Schlägerei beteiligt war, konnte nicht einwandfrei geklärt werden!“ Bezüglich der Täter lieferten auch weitere Zeugen nicht die erhofften, eindeutigen Identifizierungen, weil, so die Erklärungen unisono, die 5 - 6 Rambos mit Kapuzen bedeckt waren. Arabische Prügler hat aber niemand wahrgenommen.
"Bin nur ein paar Meter weit gekommen"
Punkto Wahrheitsfindung war das Opfer, Mitte 40, Lkw-Fahrer aus dem Bezirk Oberwart, ebenfalls keine große Hilfe. Denn bei seiner Befragung gab er an: „Ich war stark alkoholisiert. Bin nur ein paar Meter weit gekommen, dann weiß ich nichts mehr. Da hat man mich schon zusammengeschlagen. Ich erinnere mich erst wieder an ein Blaulicht. Und als ich mein Handy gesucht habe, war es weg!“
Staatsanwältin: "Täter machen sich zu Opfer!"
Im Abschlussplädoyer erklärte die Staatsanwältin, dass sich „die Täter hier im Prozess zum Opfer machen, weil es eine einfache Ausrede ist" und sich zudem an wenig bis nichts mehr erinnern konnten oder wollten. Sie halte viele Aussagen der Angeklagten für Lügen, im Gegensatz dazu glaube sie den Zeugen. Die Verteidiger sahen das naturgemäß anders und erklärten ihre Mandanten für nicht schuldig.
Freisprüche und 9 Monate Haftstrafe
Nach 20 Minuten Beratung folgte das Urteil des Schöffensenats: Freispruch mangels Beweise für die Angeklagten 2 und 3. Der Erstbeschuldigte wurden wegen Körperverletzung zu 9 Monaten Haft verdonnert und muss dem verprügelten Lkw-Fahrer 500 Euro Schmerzensgeld bezahlen. Nicht rechtskräftig, da die Staatsanwältin keine Erklärung abgab. Ein vierter Beschuldigter, der wegen eines Einbruches mit auf der Anklagebank saß, wurde ebenfalls freigesprochen.
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