"Im Moment ist es nicht gut, in Ungarn ein Roma zu sein..."
Internationaler Romatag mit Tagung und Konzert im OHO
Anlässlich des internationalen Romatages fand im Offenen Haus Oberwart eine Podiumsdiskussion zum Thema „Minderheitenschulen – Elitenbildung oder Segregation?“ statt. Zum Abschluss der Tagung trat die Band „Romano Rath“ auf.
„Eine Minderheitenschule muss ein Ort ohne Ausgrenzung sein, der für alle frei zugänglich ist. Sprachliche und kulturelle Vielfalt sind dort Normalität.“, betonte Univ.-Prof. Dr. Vladimir Wakounig in seinem Vortrag über die Schulentwicklung. Besonders in einer derart angespannten Situation, wie sie die Roma heute europaweit erleben, ist ein solcher Ort der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz notwendig. Josef Schmidt, Mitarbeiter im Verein Roma Service: „Für mich ist vorrangig, dass die Situation der Roma europaweit geklärt wird. Wenn die Lebenssituation der Roma sich verbessert, werden sich auch die schulischen Leistungen der Kinder verbessern.“
Die bei der Tagung anwesenden VertrerInnen des Gandhi-Stiftungsgymnasiums in Pécs (Ungarn) berichteten von der praktischen Umsetzung eines solchen Schulmodells, in dem Romakinder und –jugendliche ihre Kultur leben können.
Gandhigymnasium als Vorbild für gelebte Integration
Das Gymnasium mit Internat wurde im Jahre 1993 gegründet, damals besuchten 56 SchülerInnen die Schule, mittlerweile hat sich die Anzahl mehr als verdreifacht. Offenheit hat hier einen besonderen Stellenwert – alle SchülerInnen, egal ob Roma oder nicht, sind willkommen und betreiben einen aktiven Austausch zwischen den Kulturen. Durch gute Schulbildung wird den Kindern die Chance gegeben, an Universitäten oder Hochschulen zu studieren, denn noch immer werden Romakinder in Ungarn oftmals in Sonderschulen geschickt und damit der Möglichkeit beraubt, eine höhere Ausbildung abzuschließen. Die Schulleiterin der Minderheitenschule selbst, Gidáné Orsós Erzsébet, ist romastämmig und sollte ursprünglich eine Sonderschule besuchen. Ihrer resoluten Mutter, die das jedoch zu verhindern wusste, hat die Direktorin es zu verdanken, dass sie schließlich eine Hochschule absolvieren konnte und heute an ihrer Doktorarbeit im Bereich der Erziehungswissenschaften schreibt. Ebenso beherzt setzt sich Gidáné Orsós Erzsébet für die Gleichbehandlung der Roma in Ungarn ein: Über die Medien wandte sie sich an die Regierung, mit der Aufforderung den offenen Feindseligkeiten gegen die Volksgruppe Einhalt zu gebieten. „Wenn vorauszusehen ist, dass in einem Romadorf ein Aufmarsch rechter Gruppierungen stattfinden wird, lassen wir die Kinder aus den jeweiligen Dörfern, die in unserem Internat leben, über das Wochenende nicht nach Hause fahren.“, erzählt die Schulleiterin über die herrschende Angst vor gewalttätigen Übergriffen. Ihre Erzählungen schließt sie mit der bedrückenden Feststellung: "Im Moment ist es nicht gut, in Ungarn ein Roma zu sein."
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