"Männer machen mehr Theater!"

- Jasmin Pelzmann (Frauenfussball), Verena Eberhardt (Radsport) und Kristin Hetfleisch (Grasski) finden ihren Sport einfach spitze.
- hochgeladen von Michael Strini
Die Bezirksblätter sprachen mit drei Sportlerinnen aus dem Bezirk Oberwart, Kristin Hetfleisch, Verena Eberhardt und Jasmin Pelzmann, über ihren Sport, Beruf und Ziele.
BEZIRK OBERWART (ms). Sportlerinnen aus dem Bezirk Oberwart feiern viele Erfolge. Dennoch ist der Frauensport oftmals im Schatten der Männerdomäne. Die Bezirksblätter Oberwart sprachen mit drei Sportlerinnen aus drei verschiedenen Sportarten.
Grasski-Gesamtweltcupsiegerin Kristin Hetfleisch steht vor der Matura, Radsportlerin Verena Eberhardt ist Sportstudentin und Fußballerin Jasmin Pelzmann berufstätige Mutter.
Das Interview
Wie seid ihr zu eurem Sport gekommen?
Verena: Habe zuerst etwa fünf Jahre lang leistungsmäßig Rope Skipping gemacht und bin dann über Christopher und die Familie Imrek zum Radsport gekommen. Im bssm musste ich mich dann entscheiden, welche Sportart ich machen will. Die Wahl fiel auf den Radsport, nachdem ich ein Jahr beides machte."
Kristin: "Ich durchs Schifahren. Habe als Kind viel ausprobiert. Durch Gschwandtner Hans kam ich zum Grasski, er meinte ich muss das auch versuchen. Damals war auch Leichtathletik noch sehr wichtig für mich. Fürs bssm war mir dann Grasski wichtiger."
Jasmin: "Mein Bruder hat angefangen und ich wollte das auch machen. Bei mir war es eigentlich immer nur der Fußball."
Was fasziniert euch bei euren Sportarten?
Kristin: Das Gefühl am Start zu stehen!
Verena: Wenn ich mich aufs Radl setze ist das ein Gefühl der Freiheit. Auch die Abfahrten sind ein geiles Gefühl hinunterzusausen. Man kommt auch viel herum in der Welt.
Kristin: "Und man lernt auch viele Leute kennen."
Wie sehen eure Freunde, Familien und Bekannte zu euren Sportarten?
Verena: Manche verstehen es voll, andere weniger. Mit denen habe ich aber dann eh weniger zu tun. Sie verstehen dann mich und meine Lebenseinstellung nicht, denn der Sport ist sehr wichtig für mich und wird immer so bleiben. Meine Familie und Freunde finden es super, dass ich das mache und unterstützen mich auch."
Kristin: "Verwandtschaft steht hinter mir und auch meine Freunde verstehen es - auch wenn ich mal nicht mit ihnen fortegehen kann. Sie müssen es auch, denn es gehört zu mir dazu, fertig!"
Jasmin: Freunde und Verwandte stehen zu mir, Jason (Sohn) bleibt auch nichts anderes über."
Wo seht ihr dir größten Unterschiede in eurem Sport zwischen Männer- und Frauenbereich?
Verena: Wehleidig sind wir beide, wenn wir stürzen. Der größte Unterschied ist wohl das Preisgeld. Wir fahren natürlich weniger Kilometer. Wenn sie 200 fahren, fahren wir 140. Ein bisserl Unterschied muss sein. Die Rennen sind gleich schwer und intensiv. Das Preisgeld ist dann aber unterschiedlich."
Kristin: "Das Preisgeld ist auch bei uns ein Unterschied. Die Rennen sind meist gleich lang, auch wenn manchmal der Damenstart doch etwas hinunter verlegt wird, weil doch vom körperlichen ein Unterschied besteht.
Jasmin: Männer machen eindeutig mehr Theater als Frauen! Wenn du ein Männermatch anschaust, wird das deutlich. Es wird z.B. bei Fouls viel mehr "geschauspieltert" und übertrieben. Männerfußball ist sicher beliebter und auch finanziell gibt es da einen Riesenunterschied - auch was Fernsehübertragungen betrifft.
Verena: Das stimmt. Straßenrennen von Frauen werden fast nie übertragen außer der WM. Auf der Bahn sieht es etwas anders aus, da werden Frauen und Männer übertragen.
Fühlt ihr euch da benachteiligt (Rahmenbedingungen, finanziell, usw.)?
Verena: Benachteiligt würd ich nicht sagen. Im Verband gibt es immer mehr Frauenprojekte. Das hat vor einigen Jahren begonnen. Es sind uns auch Trainingslager mit dem Nationalteam finanziert worden. Wir bekommen aber viel weniger Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit und den Leuten, weil auch im TV viel weniger gezeigt wird. Zeitungsmäßig passt es ganz gut."
Kristin: Ich fahre Grasski, weil mir der Sport so viel Spaß macht und ich es für mich selber mache. Darum spielt das andere weniger eine Rolle. Auch bei den Medien ist es ziemlich ausgeglichen."
Jasmin: Männerfußball ist eben noch viel beliebter und dadurch auch medial um einiges präsenter. Aber auch da hat sich in den letzten Jahren ein wenig getan."
Was wünscht ihr euch für euren Sport?
Verena: Für mich, dass der Radsport nicht immer sofort mit Doping verbunden wird. Es ist noch immer so, vor allem nach dem Fall Bernhard Kohl. Wenn ich gefragt werde, was machst du für eine Sportart und Radsport sage, kommt sofort "Tust du dopen?". Das soll endlich verschwinden, weil es einfach nicht fair ist. Früher war es so, dass es flächendeckend gemacht wurde, aber heute ist es doch anders. Vor allem im Frauenradsport ist das kaum ein Thema. Darum wünsche ich mir, dass der Sport nicht immer damit verbunden wird."
Kristin: "Da wir nur eine Randsport sind, werden wir auch vom ÖSV nur als Stiefkind behandelt. Da sollte sich doch etwas ändern. Im Burgenland hat sich sehr viel getan. Österreichweit werden wir noch immer etwas belächelt."
Jasmin: "Es gibt nach wie vor Leute, die meinen, Frauen haben nichts am Fußballplatz verloren und gehören an den Herd. Das sollte sich ändern. Es kommt auch bei Trainings vor, dass Leute beim vorbeifahren, blöd was aus dem Auto rufen. Da gibt es noch etliche Vorurteile. Es gibt aber auch Leute, die im Vorbeigehen, bei einem Match dann verblüfft sind, "wie gut Frauen eigentlich Fußballspielen können"."
Was habt ihr für 2016 für Ziele?
Jasmin: "Klassenerhalt!"
Verena: "Wenn möglich der U23-Titel im Einzelzeitfahren und auf der Straße und bei der EM Top 5 fahren. Ist etwas hochangesetzt, aber das möchte ich erreichen. Auf der Bahn möchte ich, sofern die Staatsmeisterschaften stattfinden können (Anmerkung: Im Vorjahr mussten sie aufgrund der Flüchtlingswelle abgesagt werden), meine Titel verteidigen."
Kristin: "Gesamtweltcup und die Vorbereitung auf die große WM 2017 in Kaprun. Natürlich auch ein Sieg in Rettenbach, was aber heuer etwas schwierig wird, weil Rettenbach genau ein Wochenende vor meiner mündlichen Matura stattfindet. Fällt heuer unglücklich zusammen. Ich bin sicher mit dem Kopf nicht ganz in Rettenbach, darum wird das im nächsten Jahr eines meiner wichtigsten Rennen."
Welche Sportarten verfolgt ihr sonst noch?
Kristin: Natürlich Schifahren! Ich schaue auch gerne Fußball und kicke gerne mit den Burschen in der Schule. Auch Laufen tu ich gerne."
Verena: Aktiv boxe ich gerne und laufen. Passiv schaue ich gerne Schifahren und Schispringen, im Sommer Handball, Volleyball und Fußball. Wenn ich Zeit habe, schaue ich halt, was gerade läuft."
Jasmin: "Ich tu Laufen und gehe auch ins Fitness Center. Ich schaue Fußball, Schifahren eher nicht, auch wenn ich selbst Schi fahre."
Was sind für euch die größten Herausforderungen im Alltag - auch bezüglich Bewältigung "Beruf und Sport" und wo holt ihr euch Entspannung?
Kristin: In letzter Zeit finde ich kaum Entspannung. Ich dachte mir, es wird schon nicht so schlimm. Aber jetzt muss ich noch mehr schauen, wie ich beides verbinden kann, weil in letzter Zeit kam das Training schon etwas zu kurz und das finde ich schade. Ich will aber studieren und da brauche ich die Matura. Ich freue mich auf den Sommer, weil da kann ich mich dann wieder voll auf den Sport konzentrieren. Ich gehe gerne in Oberdorf laufen, um den Kopf ein wenig freizukriegen."
Verena: "Ich schlage auf Sandsäcke und gönne mir in letzter Zeit gerne auch mal eine Massage, was ich früher nicht so machte. Ich lege auch gerne mal einen Thermentag ein."
Jasmin: Für mich ist die Herausforderung, alles unter einen Hut zu bringen: Die Arbeit, mein Training, Jasons Training und Schule, sowie Haushalt. Es geht sich alles irgendwie aus. Jetzt überkreuzt sich aber auch sein und mein Training. Es geht irgendwie, aber einer muss immer zurückstecken. Und zum runterkommen, laufen, Fitness Center oder Fußballspielen, dort kann man sich beim Ball treten, richtig abreagieren."
Wie schaut ein typischer Tag in eurem Leben aus?
Jasmin: "Um 6 Uhr steh ich auf, wecke Jason mal auf. Das dauert dann eh 10-15 Minuten, bis er aufsteht. Um dreiviertel Sieben ist er aus dem Haus. Ich mache dann Haushalt oder wenn ich mag, gehe ich ins Fitness Center. Vom 11 bis vier arbeite ich, danach eben Aufgabe machen, Haushalt und Training fahren."
Kristin: "Aufstehen, mit Hund spazieren gehen, halb acht Uhr beginnt die Schule. Stundenmäßig ist es zurzeit unterschiedlich, aber meist bis eins Unterricht. Nachmittag noch lernen. Training teile ich noch selber ein, im Frühjahr wird es sicher stressiger, wenn ich Trainingszeiten vorgegeben habe. Da gehe dann Grasskifahren oder in die Kraftkammer, was eben ansteht und abends dann weiter lernen.
Verena: Bei mir ist es momentan total unterschiedlich. Es gibt ruhige Tage und dann vollbepackte. Es gibt die Uni. Vorlesungen sind auf freiwilliger Basis, ich nehme mir zwei bis drei Vorlesungen pro Woche vor. Wenn ich aber trainiere, muss ich mir das dann selbst erarbeiten. Wichtig ist, dass ich Tage habe, wo ich lerne, auf der Uni bin und trainiere. Ich trainere auch Kinder vom RLM Wien auf der Bahn. Vor Prüfungszeit ist es extrem stressig. Insgesamt ist es aber einfacher die Zeit einzuteilen, als in der Schulzeit."
Welche Symbolkraft hat für euch der Sport?
Kristin: Da fällt mir der Iran ein. Ich war zwei Wochen bei der Junioren-WM. Ist immens interessant, weil es ist dort völlig anders. Ich esse zwei Wochen nur Reis, weil alles andere vertragen wir hier nicht. Dann hat es 40 Grad und wir müssen langärmlig und mit Kopftuch herumlaufen. Man lernt auch viele Menschen kennen. Im Vorjahr habe ich ein Mädchen in meinem Alter kennengelernt, das mir viel über ihre Kultur erzählt hat. Dadurch bekommt man auch einen ganz anderen Einblick."
Verena: Wenn du im Sport Gemeinsamkeiten findest, ist es egal, wie alt du bist, woher du bist, wie du ausschaust oder aus welcher Schicht du kommst. Beispiel Fußball - da sind manche gleich die besten Freunde, wenn sie als Fans der gleichen Mannschaft zujubeln. Sport verbindet sicher - egal ob aktiv oder passiv."
Jasmin: Ich bin auch ihrer Meinung.
Was ist für Österreich bei den Olympischen Spielen in Rio und der Fußball-EM in Frankreich möglich? Wie werdet ihr diese Großereignisse verfolgen?
Kristin: Es ist im Vorhinein schwer zu sagen. Ich werde versuchen, etwas anzuschauen, weil es mich interessiert. Ich feuere natürlich unsere SportlerInnen auch entsprechend an."
Jasmin: "Ich werde es mir natürlich anschauen und hoffen, dass wir vorne dabei sind, so weit es eben geht. Prognosen sind schwierig, weil viel möglich ist, aber wir können es in Frankreich weit schaffen."
Verena: "Man erhofft sich als Österreicherin natürlich Medaillen. Der mediale Druck ist aber sehr oft enorm und auch übertrieben. Wenn es dann weniger sind, sind die Leute schon wieder unzufrieden."
Kristin: "Ich kann aus eigener Erfahrung von der letzten WM sprechen. Ich habe am zweiten Tag, mein Handy am Zimmer lassen, weil ständig nur Anrufe kamen, "wann machst denn endlich die erste Medaille?". Mir ging es eh schon schlecht genug, weil es nicht so lief und auf den letzten Tag warten musste, bis die Bronzene gelang. Und wenn dann ständig manche Medien nachfragen, wann kommt sie endlich, ist das schon nervend. Und ich bin sicher, bei anderen ist das bestimmt noch viel extremer - vor allem bei Olympischen Spielen."
Persönliche Fragen
Wer ist euer sportliches Vorbild
Verena: Weltmeisterin Pauline Ferrant-Prevot, hat viel erreicht und kommt sehr sympathisch rüber
Kristin: Seit zehn Jahren Hermann Maier
Jasmin: Habe kein wirkliches Vorbild
Welche drei Dinge nehmt ihr auf eine einsame Insel mit?
Kristin: Mein Hund, Wasser und ein Boot für die Heimfahrt
Verena: Taschenmesser, Hut, Wasser
Jasmin: Jason, Sonnencreme, Buschmesser
Wo seht ihr euch in 5 bis zehn Jahren?
Jasmin: In zehn Jahren bin ich schon zu alt zum Fußballspielen, außer ich nehme mir die Moni (Gerzova, die heuer 43 wird) zum Vorbild, aber ich glaube weniger. Fünf Jahre drucke ich schon noch durch.
Kristin: Ich möchte mein Studium abgeschlossen haben und Weltmeisterin sein.
Verena: Ist das Wunschdenken? Bei Kristin ist das möglich, ich würde das auch gern sagen, aber bei mir wäre das ein ziemliches Wunschdenken. Ich sage aber WM-Medaillengewinnerin und abgeschlossenes Studium. Ich werde im Bereich Sportwissenschaften bleiben, auch wenn es natürlich schön wäre, meinen Sport zum Beruf zu machen."
Sind olympische Spiele für euch vielleicht auch ein Thema?
Verena: "Natürlich, Teilnahme wäre spitze!"
Kristin: "Wir haben eine neue FIS-Vorsitzende, die gut mit dem Olympischen Komitee kann. Ich hoffe, natürlich, dass auch Grasski olympisch wird. Ob ich es noch erlebe, glaube ich weniger, aber vielleicht meine Schwester Tina, sollte sie diesen Weg einschlagen. Es wäre aber schön, weil dann hat der Sport gleich einen ganz anderen Stellenwert."
Jasmin: "Kann natürlich für den Frauenfußball mehr Anerkennung bringen und vielleicht Meinungen ändern, damit es nicht mehr heißt "nur mehr hinterm Herd". Könnte Österreich es dahin schaffen, wäre es großartig." (Anmerkung: Bei den Olympischen Spielen kämpfen 12 Frauenteams um Gold, drei davon aus Europa)
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