„Braune Propaganda“empört

9.000 Flugblätter mit rechtsradikalem Inhalt wurden kürzlich in Lienz verschickt

Der Freitod zweier Osttiroler Jugendlicher vor acht Jahren wurde benutzt, um in einem Flugblatt unter anderem zum Spenden aufzurufen.

BEZIRK (ebn). Die Bewohner des Lienzer Talbodens staunten nicht schlecht über die auffällige Beilage, die sie vergangenen Donnerstag in ihrer Post fanden.

„Haben sie es schon vergessen?“ prangte in feurigen Buchstaben und umrahmt von Stacheldraht vor einer Bergkulisse (siehe Bild). Die beiden auf dem Flugblatt abgebildeten Jugendlichen galten der rechten Szene zugehörig und wurden im Dezember 2001 erhängt in einem Wald aufgefunden.

Seither war eine gewisse Ruhe in der Szene eingekehrt. Mit den verteilten Flugblättern wurden jedoch wieder alte Wunden aufgerissen. Nicht nur das Instrumentalisieren der beiden Burschen für höchst zweifelhafte Zwecke stößt bei der Bevölkerung auf Unverständnis, auch die Abbildung der Grabsteinfotos löste bei den meisten Betrachtern Kopfschütteln aus. Bei den betroffenen Familien herrscht Entsetzen darüber, wie pietätlos mit ihren Söhnen umgegangen worden ist.

Dass am Ende des Textes mit den Worten „Danke für jeden Groschen, für jede Form der Unterstützung. Danke im Namen der Wahrheit und der Freiheit“ auch noch zum Spenden aufgerufen wird, schlägt dem Fass endgültig den Boden aus.

Post muss zustellen
Dem zuständigen Postbeamten kam das Flugblatt ebenfalls nicht ganz geheuer vor und er leitete seine Bedenken an die Rechtsstelle der Post weiter.

Obwohl mehrere eindeutig der rechten Szene zuzuordnende Wortlaute und Redewendungen wie z. B. Maulkorbgesetz, Patriotenprozess, „menschenverachtendes Verbotsgesetz“ oder „mit völlig demokratischen Mitteln für Volk und Heimat einsetzen“ in den Texten zu finden waren, befanden die Juristen der Post, dass sich der Flugzettel im Rahmen der freien Meinungsäußerung befindet. „Wir müssen die Flugblätter zustellen, alles andere wäre Zensur“ so Stephan Fuchs, Pressesprecher der Post.

Die Familien der beiden verstorbenen Burschen haben inzwischen einen Anwalt eingeschaltet. Was dieser jedoch erreichen kann ist fraglich, da die Wortwahl zwar hart an der Grenze des Erträglichen vorbeischrammt, aber eben doch noch im legalen Bereich ist. Ob die Veröffentlichung der beiden Grabsteinfotos ohne Genehmigung der Angehörigen legal ist, bleibt ebenfalls zu klären.

Die Sicherheitsdirektion Innsbruck ist mit der Sache befasst, „aber das bloße Versenden per Post ist nicht strafbar“ so Direktor Edelbert Kohler.

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