Unsere Erde - Müllentsorgung
"Es gibt immer noch noch viel zu tun"

Gerhard Lusser ist seit 2001 Umweltberater beim Abfallwirtschaftsverband Osttirol.
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  • Gerhard Lusser ist seit 2001 Umweltberater beim Abfallwirtschaftsverband Osttirol.
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Gerhard Lusser ist seit 2001 Umweltberater beim Abfallwirtschaftsverband Osttirol. Wir haben mit ihm unter anderem über seine Arbeit, das Thema Recycling und die Trennmoral im Bezirk gesprochen.

Bezirksblätter: Was macht ein Umweltberater und welche Rolle spielt die Müllentsorgung dabei?
Gerhard Lusser:
"Der Beruf Umweltberater hat sich aus dem Titel Abfallberater entwickelt. Entstanden ist die ganze Geschichte dadurch, dass man gesagt hat, man muss den Leuten erklären, wie das Trennen geht, weil man kann nicht alles eingraben. In den 90er-Jahren sind die Mülldeponien der Gemeinden immer voller geworden und keiner wusste wohin mit dem Zeug. 1994 wurde die Verpackungsverordnung eingeführt, damals ist eigentlich auch der Beruf des Abfallberaters entstanden, da jede Gemeinde verpflichtet wurde, Abfallberatung durchzuführen. Zuständig sind wir nach wie vor für die Öffentlichkeitsarbeit. Das heißt, die Bevölkerung über den Sinn der Abfalltrennung aufzuklären. Als Grundprinzip herauskristalisiert hat sich jetzt weniger die Abfallreduktion, sondern viel mehr, dass unsere Abfälle wertvolle Rohstoffe sind, wenn sie richtig eingesetzt und richtig getrennt gesammelt werden. Bis 2005 wurden die Elektrogeräte alle über den Rest- und Sperrmüll entsorgt. Heute könnte man sich gar nicht mehr vorstellen, dass man diese Rohstoffe aus dem Kreislauf herausnimmt. Schließlich weiß jeder, dass in einer Tonne Handys mehr Gold drinnen ist, als zum Beispiel in einer Tonne Erz aus Südafrika. Das hat sich recht gut entwickelt, aber natürlich gibt es immer noch viel zu tun."

Wieviel Müll wird in Osttirol jährlich produziert?

"Im Durchschnitt werden im Bezirk jährlich rund 24.000 Tonnen Gesamtmüll produziert, also ca. 500 Kilogramm pro Einwohner. Allerdings ist hier auch die Tourismuszahl eingerechnet. Würde man diese herausrechnen, läge der Schnitt bei rund 400 Kilogramm pro Einwohner."

Wieviel davon sind Wertstoffe, die recycelt werden?

"Rund 14.000 Tonnen werden recycelt. Etwa 10.000 Tonnen Sperr- und Restmüll gehen über die Verbrennungsschiene bzw. die Sortieranlage. 1.500 Tonnen davon bleiben ungefähr übrig für die Deponie."

Wie beurteilen Sie die Trennmoral im Bezirk? Welche Probleme treten beim Recycling am Häufigsten auf?
"Die Trennmoral ist bei uns nicht viel anders, als im Rest von Österreich. Es muss sich einfach noch entwickeln, dass Abfall nicht gleich Abfall ist. Wir haben zum Beispiel nur 43 Prozent tatsächlichen Restmüll im Restmüll. Also mehr als die Hälfte gehört dort gar nicht hinein. 20 Prozent des Restmülls sind Bioabfall und zusätzlich 14 Prozent essbare Lebensmittel. Ohne jene Lebensmittel, die samt Verpackung in den Recyclingcontainern landen. Die Leute müssen verstehen, dass das eine Rohstoffsammlung ist, und je verschmutzter der Rohstoff ist, desto schlechter lässt er sich recyceln. Es ist zum großen Teil Bequemlichkeit der Leute. Über 90 Prozent wissen, dass sie etwas falsch machen, aber es ist ihnen wahrscheinlich nicht wichtig."

Können Sie bei der Trennmoral in den letzten Jahren eine Veränderung erkennen?

"Es ist ziemlich gleich geblieben. Sobald sich der Mensch nicht beobachtet fühlt, ist ihm im Prinzip alles egal. Da stellt er dann seinen Fernseher, seinen Radio oder seinen Teppich genau so zur Verpackungssammelstelle, wie die halbe Pizza im Pizzakarton. Es geht nur darum, den Abfall bequem loszuwerden, nicht um den Stoffkreislauf.

Welche Auswirkungen hat eine falsche Mülltrennung?

"Das ist ganz einfach: Wenn ich Sachen im Restmüll entsorge, die dort nicht hineingehören, zahle ich dafür, obwohl ich das Meiste davon kostenlos entsorgen könnte. Dazu kommt auch, dass Produkte, die fälschlich im Restmüll entsorgt werden, dem Recyclingkreislauf entnommen werden. Mit dem Verbrennen wird alles neutralisiert und zerstört und es entsteht eine tote Schlacke, die deponiert werden muss und durch die Neuproduktion muss irgendwo wieder Natur zerstört werden. Ein gutes Beispiel sind auch Verpackungen. Sind diese nicht entleert bzw. stark verschmutzt, ist der Waschaufwand in der Industrie oft zu hoch. Die Wirtschaft funktioniert nun mal auf Kosten-Nutzen-Faktor und wenn Verpackungen in so schlechter Qualität gesammelt werden, ist das Frischprodukt billiger und es wird mit dem Wiederverwerten nichts. Dann heißt es, schicken wir es in die Verbrennung und produzieren neu. Dadurch müssen wieder Ressourcen angezapft werden."

Gibt es Klassiker, die häufig falsch entsorgt werden?
"Wenn man von der Verpackungsschiene ausgeht - den Leichtverpackungen, auch gerne Plastik genannt - findet man sehr oft Säcke, die normalerweise im Gasthaus unter der Abwasch stehen, in denen sich zwei Drittel Verpackungen befinden und der Rest besteht aus Kaffeesatz, Zigarettenstummeln, Zitronenschalen, Teebeutel, usw. Das ist der Klassiker, der häufig vorkommt. Natürlich findet man bei den Leichtverpackungen auch Lebensmittel, Damenbinden oder Windeln, aber auch Kaffemaschinen, Schlauchboote oder Autoreifen. Gerne landen auch Elektrogeräte im Metall-Verpackungscontainer. Sicher wird vieles bewusst falsch entsorgt."

Ist illegale Müllentsorgung im Bezirk ein großes Problem?

"Gott sei Dank ist die Unart der illegalen Müllentsorgung in der freien Natur zurückgegangen. Früher war es häufiger mal ein Problem, dass irgendwo ein Kühlschrank im Wald gestanden ist. Das gibt es heute so gut wie gar nicht mehr. Aber es kommt sehr wohl vor, dass ein Fernseher zu einer Sammelinsel für Verpackungen hingestellt wird oder irgendwelche Elektrogeräte, alte Decken oder Ähnliches in den Containern landen. Das sind natürlich illegale Entsorgungen, weil jeder weiß, dass solche Sachen hier nicht hineingehören."

Was war bisher Ihr kuriosester Fund beim Kontrollieren der Sammelstellen?
"Neben Schlachtabfällen und toten Tieren, die teilweise in den Containern landen, waren zwei gehäutete und in Plastik eingewickelte Füchse wohl der kurioseste Fund."

Mehr Beiträge zu unserer Klimaserie finden Sie auf der Themenseite UNSERE ERDE

Gerhard Lusser ist seit 2001 Umweltberater beim Abfallwirtschaftsverband Osttirol.
Kuriose Funde sind bei der Kontrolle der Sammelstellen für Lusser keine Seltenheit. | Foto: Hans Ebner
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