Klinikum Wels Grieskirchen
Wie man Kindern im Notfall schnell und richtig hilft

Bei einem Säugling darf beim Öffnen der Atemwege der Kopf nicht überstreckt werden, er wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.
Bei Kindern über einem Jahr wird der Kopf überstreckt. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
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  • Bei einem Säugling darf beim Öffnen der Atemwege der Kopf nicht überstreckt werden, er wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.
    Bei Kindern über einem Jahr wird der Kopf überstreckt.
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Fieberkrampf, Atemnot, Verkehrsunfall − erleidet ein Kind einen Notfall, sind Eltern und beteiligte Erwachsene oft wie paralysiert.

OÖ. Doch bis die Rettung eintrifft, können wertvolle Minuten verstreichen. Deshalb ist es wichtig, auch als medizinischer Laie rechtzeitig die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

„Ein Kindernotfall ist, wenn sich ein Kind in einer kritisch kranken Situation befindet, durch welche Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz ohne adäquate Behandlung innerhalb einer gewissen Zeit abnehmen und es zu einem Herz‐Kreislauf‐Stillstand kommen kann“, erklärt Susanne Niedersüss‐ Markgraf, Ärztin für Kinder‐ und Jugendheilkunde am Klinikum Wels‐Grieskirchen und Spezialistin für Neonatologie und Kindernotfälle. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen schult sie zum Beispiel Eltern im Krankenhaus in der Neugeborenen-Reanimation.

Die häufigsten Kindernotfälle

Beim Erwachsenen liegen einem Notfall meist ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall zugrunde. Klassische Auslöser eines Kindernotfalls sind hingegen einerseits verschiedenste Formen von Beeinträchtigungen der Atmung, wie etwa Pseudokrupp. Zur zweiten großen Gruppe zählen andererseits Ursachen, wie großer Flüssigkeitsverlust bei Durchfällen, Erbrechen oder Traumen mit hohem Blutverlust. Auch neurologische Gründe, zum Beispiel Krampfanfälle, Unfälle und Vergiftungen, stellen Kindernotfälle dar. An der Gesamtheit der Einsätze im Notarztdienst sind Kindernotfälle sehr selten. Im Ernstfall entscheiden aber oft die Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsteams über Leben und Tod. Aus diesem Grund ist die Schulung von Laien in Erster Hilfe umso wichtiger.

Rettungskette beim Kind

Beobachtet ein erwachsener Laie einen Kindernotfall, empfiehlt Niedersüss‐Markgraf: „Selbstschutz geht vor Fremdschutz. Dann prüft man durch lautes Klatschen oder Ansprechen des Kindes oder über einen leichten Schmerzreiz, ob das Kind bei Bewusstsein ist. Ist ein Kind bewusstlos, ist das Grund genug, die Rettung zu alarmieren.“ Bei einem Erwachsenennotfall heißt es Call first, da oft ein Defibrillator benötigt wird. Beim Kind heißt es hingegen Call fast: Wenn nur eine Person vor Ort ist, werden zuerst Maßnahmen gesetzt und dann erst die Rettung verständigt.

Was der Laie tun kann

Bis das Notfallteam eintrifft, können Beteiligte wertvolle Hilfe leisten und die Maßnahmen A bis C durchführen:

  • A für Öffnen und Kontrollieren der ATEMWEGE
    Zuerst werden durch die richtige Positionierung des Kopfes die Atemwege geöffnet: Bei einem Säugling darf der Kopf dabei nicht überstreckt werden, da die Atemwege noch sehr eng sind und sich diese sonst verlegen können – der Kopf wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.

    Bei einem Säugling darf beim Öffnen der Atemwege der Kopf nicht überstreckt werden, er wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.
Bei Kindern über einem Jahr wird der Kopf überstreckt. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
    • Bei einem Säugling darf beim Öffnen der Atemwege der Kopf nicht überstreckt werden, er wird deshalb in eine neutrale Position gebracht.
      Bei Kindern über einem Jahr wird der Kopf überstreckt.
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Bei Kindern über einem Jahr wird bei der Kontrolle der Atemwege der Kopf überstreckt. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
  • Bei Kindern über einem Jahr wird bei der Kontrolle der Atemwege der Kopf überstreckt.
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Die Atemwege können etwa durch Erbrochenes, Speisereste oder Spielzeugteile verlegt sein. Ist ein Fremdkörper zu sehen bzw. greifbar, sollte man ihn entfernen. Keinesfalls sollte man aber versuchen, das Kind zum Erbrechen zu bringen. Ist kein Fremdkörper zu sehen, dann kontrolliert man durch Sehen, Hören und Fühlen, ob eine Atmung vorhanden ist.


 Durch Sehen, Hören und Fühlen können Eltern kontrollieren, ob eine Atmung vorhanden ist.
 | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
  • Durch Sehen, Hören und Fühlen können Eltern kontrollieren, ob eine Atmung vorhanden ist.
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  • B für BEATMUNG 
    Atmet das Kind nicht, dann beginnt man mit fünf sogenannten Initialbeatmungen. „Den Säugling am besten in der Neutralposition über Mund und Nase beatmen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man über beide Atemwege Luft einbringt, ist so größer“, erklärt Niedersüss‐Markgraf. 

    Atmet das Kind nicht, startet man mit fünf Initialbeatmungen, beim Säugling in der Neutralposition über Mund und Nase. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
    • Atmet das Kind nicht, startet man mit fünf Initialbeatmungen, beim Säugling in der Neutralposition über Mund und Nase.
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Bei Kindern über einem Jahr führt man eine Mund‐zu‐Mund‐Beatmung wie beim Erwachsenen durch, die Nase wird dabei zugehalten und der Kopf überstreckt.


Bei Kindern über einem Jahr führt man eine Mund‐zu‐Mund‐Beatmung wie beim Erwachsenen durch. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
  • Bei Kindern über einem Jahr führt man eine Mund‐zu‐Mund‐Beatmung wie beim Erwachsenen durch.
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  • C für Circulation (Kreislauf)
    Gibt das Kind nach diesen ersten fünf Beatmungen kein Lebenszeichen von sich − hustet nicht, schluckt nicht, atmet nicht − beginnt man mit der Herzdruckmassage. Hierbei kann man nichts falsch machen – auch nicht, wenn der Kreislauf des Kindes noch besteht. Wenn ein Kind nicht reanimationspflichtig ist, zeigt es das von selbst, zum Beispiel indem es schreit. „Die Herzdruckmassage hilft nur, wenn man sie schnell und fest genug macht, sonst ist sie sinnlos“, so die Expertin für Kinderreanimation.

    Die Herzdruckmassage hilft nur, wenn man sie schnell und fest genug macht, sonst ist sie sinnlos. | Foto: Klinikum Wels‐Grieskirchen / Nik Fleischmann
    • Die Herzdruckmassage hilft nur, wenn man sie schnell und fest genug macht, sonst ist sie sinnlos.
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    Die aktuellen Empfehlungen für den Laien lauten 30 Herzdruckmassagen im Wechsel zu zwei Beatmungen, eine Minute lang, nach dem gleichen Schema wie bei Erwachsenennotfällen. Denn: „Bevor man gar nichts macht, orientiert man sich an den Erwachsenenrichtlinien. Man hofft, in der ersten Minute der Basisreanimationsmaßnahmen den durch einen Atemstillstand entstandenen Herz‐Kreislauf‐Stillstand wieder reversibel machen zu können. Erst nach einer Minute greift man zum Telefon und alarmiert die Rettung, sofern dies nicht schon durch eine andere Person erfolgt ist.“

Der größte Fehler ist, nicht zu beginnen

Die Eltern sollten unbedingt mit einer Reanimation beginnen – letztlich ist es egal, wie − Hauptsache sie beginnen. Die Sauerstoffreserve bei einem Säugling beträgt zwei bis fünf Minuten, abhängig von Herzfrequenz, Hämoglobinkonzentration und anderen Parametern. Obwohl die alarmierte Rettung im Stadtgebiet binnen weniger Minuten vor Ort sein kann, ist die Zeit knapp.

Beispiele für Kindernotfälle

Der Fieberkrampf

Symptome: Während eines Fieberkrampfes sind Kinder nicht ansprechbar und zyanotisch, nach dem Anfall sehr müde. Der Krampf kann klassisch tonisch‐klonisch (Zucken der Extremitäten), tonisch (steife Extremitäten) oder aton (Muskeltonusverlust, „In‐sich Zusammensacken“) verlaufen, häufig begleitet durch ein Verdrehen der Augen, Speichelfluss, Blässe bzw. Blaufärbung der Haut, Stuhl‐ oder Urinabgang, nach dem Krampf treten Müdigkeit und Schläfrigkeit auf. Ein Fieberkrampf dauert meistens 30 bis 60 Sekunden – unter 15 Minuten gilt er als unkompliziert. Ein Atemstillstand tritt in der Regel nicht auf.
Maßnahmen: Ruhe bewahren, sicherstellen, dass sich das Kind nicht verletzt, wenn möglich in die stabile Seitenlage bringen. Kind genau beobachten, ob es weiterhin atmet und sich nach dem Krampf wieder stabilisiert. Alarmieren Sie bei jedem Fieberkrampf die Rettung!

Flüssigkeitsverlust

Symptome: Das Kind weist einen veränderten Bewusstseinszustand auf, wirkt apathisch, schläfrig, seine Reaktionen sind verzögert. Der Spannungszustand der Haut nimmt ab, die Schleimhäute sind trocken. Die Kinder haben keinen Harn, es kommen keine Tränen, wenn sie weinen. Bei Säuglingen kann eine eingesunkene Fontanelle erkennbar sein.
Maßnahmen: Reagiert das Kind nicht mehr, soll man die Rettung rufen. Solange es erweckbar ist, können Eltern das Kind selbst in die Ambulanz bringen.

Unfälle

Unfälle sind die häufigste Todesursache bei Kindern und Jugendlichen. Aufgrund der ungünstigen Körperhöhe sind Kinder oft Opfer von Verkehrsunfällen. Viele Schädel‐Hirn‐ Traumen enden tödlich, primär oder sekundär durch eine schwere Hirnschädigung. Neben Verkehrsunfällen ist auch die Ertrinkungsgefahr groß, etwa durch Schwimmbecken im Garten. Eine entsprechende Unfallprävention nimmt daher einen zentralen Stellenwert ein.

Vergiftung

Im Falle einer Vergiftung ist die erste Maßnahme, die Vergiftungszentrale in Wien unter +43 1 406 43 43 zu Rate zu ziehen.
Machen Sie folgende Angaben:
Was: möglichst genaue Bezeichnung der Substanz bzw. des Produkts (Medikament, Haushaltsmittel, Chemikalie, Pflanzenteil, Droge etc.)
Wie viel: möglichst genaue Mengenangabe: Anzahl von Tabletten, Kapseln, Dragees; Volumenangabe in Schlucken, Ess‐ oder Teelöffeln
Wer: Alter, Gewicht, Geschlecht und Zustand des Kindes
Wann: Zeitpunkt des Kontakts
Wo: Ort des Geschehens
Wie: Verschlucken, Einatmen oder Hautkontakt
Warum: unabsichtliche oder absichtlich herbeigeführte Vergiftung

Wenn das Kind erbrechen möchte, dann soll es erbrechen. Das Erbrechen darf aber nicht von Laien erzwungen werden, denn bei Verätzungen könnte dadurch zum Beispiel die Speiseröhre perforieren. Besser ist es, unter klinischen Bedingungen − falls indiziert − etwa Aktivkohle zu verabreichen. Beobachten Sie, wie sich das Kind verhält: Starkes Würgen, Speicheln oder auch Brechreiz sind Alarmsymptome, insbesondere bei blutigen Beimengungen − dann unbedingt die Rettung sofort alarmieren! Proben der eingenommenen Substanzen bzw. Verpackungen, Schachteln oder Flaschen müssen immer mit in die Klinik genommen werden, damit das schädigende Mittel exakt bestimmt werden kann.

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