Wasserqualität untersucht
Hohe Keimzahlen trüben St. Georgener Gusenidyll

- Im Babyelefanten-Abstand erklärt Grünen-Fraktionsobfrau Renate de Kruijff der achtährigen Livia die unsichtbare Gefahr im Gusenwasser beim Kinderspielplatz.
- Foto: Eckhart Herbe
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In die "neue Gusen" im St. Georgener Ortsgebiet ist die Natur zurückgekehrt. Neben Pflanzen und Tieren freut sich auch die Bevölkerung über das Idyll. Der Fluss und seine wieder vorhandenen Sand - und Schotterbänke sind im Sommer gerne genutzte Orte zum Entspannen und Baden. Das optisch klare Wasser lädt dazu ein. Kräftig getrübt wird die Freude aber durch einen bakteriologischen Wassergütetest, den Grünen-Fraktionsobfrau Renate de Kruijff heuer durchgeführt hat. Die erhobene Keimbelastung ist alarmierend.
ST.GEORGEN/GUSEN. Mit der rund einen Kilometer langen Gusenpromenade, die nach dem Hochwasserschutz und damit verbundener Renaturierung ab 2015 entstanden ist, haben die St. Georgener ihren Fluss zurückbekommen und ein attraktives Naherholungsgebiet dazu. Die Gusen war in Zeiten unserer Groß- und Urgroßeltern ein beliebtes Badeparadies. Die „Badeanstalt“ lockte bis in die 1960er-Jahr sogar scharenweise Linzer an (die Bezirksrundschau berichtete heuer im Mai), ehe der Fluss in den 1970ern ohne ökologische Bedenken brutal begradigt und kanalisiert wurde. Kombiniert mit lange Zeit ungeklärten Abwässern von Anliegergemeinden, Industrie- und Gewerbebetrieben und hohen Phosphateinträgern aus der Landwirtschaft verschwand die Gusen als lebenswerter Natur- und Freizeitraum für Jahrzehnte aus dem Bewusstsein der Bevölkerung.
Stichproben beim Kinderspielplatz gezogen
"Wir alle sind begeistert, wie rasch sich aus der Steinwüste eine üppige Naturoase entwickelt hat, in der unser Kinder auf Entdeckungsreise gehen. Mehr und bessere Zugänge zum Wasser wurden auch beim Bürgerbeteiligungsprojekt im September oft angeregt", freut sich Renate de Kruijff, Fraktionsobfrau der örtlichen Grünen und direkte Gusenanrainerin. Was die zweifache Mutter allerdings brennend interessiert, ist die hygienische Qualität des Wasser, in dem vor allem kleinere Kinder im Sommer begeistert plantschen und Dämme bauen. Sie hat daher an der beliebten Badebucht beim Kinderspielplatz zwischen Ende Juli und Ende August dreimal Wasserproben gezogen, mikrobiologisch im Labor untersuchen lassen und die Ergebnisse mit Experten der Universität für Bodenkultur (BOKU) bewertet.
Keimzahl weit über den Grenzwerten
Die Ergebnisse ihrer Stichproben sind ernüchternd. An allen drei Tagen lag die Keimanzahl sowohl bei den in hoher Konzentration Durchfall und Erbrechen auslösenden E-Colibakterien, als auch bei den für Harnwegsinfekte und Entzündungen verantwortlichen Enterokokken weit über den Limits. Beide sind an und für sich harmlose Darmbakterien, die über Fäkalien von Mensch und Tier ins Wasser gelangen. Ihr übermäßiges Vorhandensein deutet aber auch auf weit gefährliche Mikroorganismen wie Salmonellen hin. "Öffentlich untersuchte Badeplätze werden ab einem Wert von 1.000 Keimen pro 100ml Wasser bei E-Coli und 400 bei Enterokokken behördlich gesperrt. Meine Proben lagen bei beiden Bakterienarten an allen drei Tagen weit darüber. Der Rekord bei den Colibakterien war am 25. August mit fast bei 2.300 Keimen pro 100ml, jener der Enterokokken am 28. Juli mit rund 700", so Renate de Kruijff. Sie betont allerdings, dass für eine umfassende Bewertung wegen schwankender Wasserführung mehr und öfter Proben gezogen werden müssten und sieht auch keinen akuten Umweltskandal. Aber die Extremwerte der Stichproben würden trotzdem nachdenklich stimmen.
Unzureichend Kläranlagen und Gülle als Auslöser
Flüsse sind, anders als die meisten durch Ringkanäle geschützten Seen, gefährdeter für Verschmutzungen. Fäkalieneinträge stammen aus Feldern, wo Mist oder Gülle ausgebracht wurden, und aus älteren Kläranlagen. Oberhalb von St. Georgen leiten sechs Gemeinden und Abwasserverbände (RV Gallneukirchner Becken, RV Mittlere Gusen, Neumarkt im Mühlkreis, Reichenau, Unterweitersdorf, Hirschbach) geklärtes Abwasser in die Gusen. Deren üblicherweise im Sommer geringe Wassermenge verschärft die Situation. "So verdünnt sich Abwasser aus dicht besiedelten Gebieten wie Gallneukirchen weit weniger als in großen Flüssen wie der Donau. Anders als im Gebirge ist durch geringes Gefälle bei uns am Unterlauf auch der Sauerstoffeintrag und damit die Selbstreinigungskraft viel geringer", so die grüne Gemeinderätin, die Experten der BOKU beigezogen hat. Viele der typisch wasserarmen Mühlviertler Flüsse hätten ähnlich gelagerte Probleme am Unterlauf im flachen Donaubecken, abhängig von der konkreten Belastung an Mittel- und Oberlauf.
Bessere Kanalisation und Rückhaltebecken nötig
Bei Starkregen und Hochwässern gehen ältere Regenrückhaltebecken und Kläranlagen oft über, vermischen sich Schmutz- und Oberflächenwasser, welches dann mit allem, was darin kreucht und fleucht, in die Flüsse gelangt und dort die Keimzahl sprunghaft erhöht. Viele Wolkenbrüche bei Sommergewittern flussaufwärts sind Lokalereignisse, die sich zeitverzögert heuer mehrfach bei schönstem Badewetter in St. Georgen unangenehm bemerkbar machten: "Urplötzlich schwappte eine trübe Suppe aus der Gallneukirchner Gegend bei uns vorbei, wurde die klare Gusen plötzlich schmutzig braun. Es gibt den alten Spruch, dass das Wasser über sieben Steine fließen muss, um wieder sauber zu werden. Der ist leider falsch. Mein Rat für kommenden Sommer an die Eltern: Wenn es plötzlich trüb wird - raus aus dem Wasser mit den Kids!"
Appell an Wasserlandesrat
Renate de Kruijff will den für Wasserwirtschaft zuständigen Landesrat Wolfgang Klinger (FPÖ) und noch einige andere mit der Wasserqualität von Flüssen befasste Stellen offiziell mit ihren Messergebnissen konfrontieren und Verbesserungsmaßnahmen, etwa bei Kläranlagen oder in der Kanalisation, anstoßen.
Der Hygienebericht im Detail und eine Anfang des Jahres publizierte Untersuchung der chemisch-physikalischen Wasserqualität der Gusen sind auf der Homepage der St. Georgener Grünen nachzulesen.
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