Befreiungsfeiern
Sorge vor neuem Faschismus dominiert Gedenken

- Niemals Nummer- immer Mensch! Mit aussagestarker Symbolik wie hier in Gusen beging die Bewusstseinsregion die diesjährigen Gedenkfeiern.
- Foto: Eckhart Herbe
- hochgeladen von Eckhart Herbe
"Niemals Nummer, immer Mensch!" Unter diesem einprägsamen Motto gingen 74 Jahre nach der Befreiung die diesjährigen Gedenkfeiern über die Bühne. So unterschiedlich Besucher und Schauplätze auch waren - eine Sorge dominierte viele der Wortmeldungen, aber auch die unausgesprochenen Gefühle von ausländischen wie einheimischen Teilnehmern: Der wiedererstarkende Nationalismus und Rechtsextremismus in Europa.
St. Georgen, Gusen, Mauthausen. Es sind ermutigend positive Bilder, wenn sich Jugendliche aus Polen, Italien, Deutschland und vielen anderen Ländern gemeinsam mit einheimischen Teenagern treffen, über Schulprojekte und Austausch die Wunden von einst heilen und neue positive Beziehungen schaffen. So etwa beim internationalen Jugendtreffen am Stollensystem Bergkristall und im Aktivpark4222 im Rahmen der Gedenkfeiern.
Wachsamkeits-Appell an Jugendliche
An sie wendete sich der Luxemburger Guy Dockendorf, Vorsitzender des Internationalen Mauthausenkomitees, dessen Vater drei österreichische KZ´s überlebt hat, mit einem eindringlichen Appell: "Ihr müsst weiterführen, was die immer weniger werden Menschen, die diese unselige Zeit persönlich erlebt haben und die schmerzhaft daraus gelernt haben, bald nicht mehr können: Europa vor einem Rückfall in Menschenverachtung, neuen Nationalismus und Faschismus zu bewahren, die zu dieser Katastrophe geführt haben!" Dockendorf spricht die bevorstehenden Europawahlen an, das Infragestellen von Menschenrechten, den schmutzigen und menschenverachtenden Wahlkampf rechter Parteien, die zunehmend öfter Regierungsverantwortung tragen.
Erstarken der Rechtsextremisten in Europa
Ein Thema, das auch Allesandro Padovani aus Langesteins Partnergemeinde Sesto San Giovanni beim Festakt in Gusen eindringlich bewusst macht: "Aus meiner Stadt wurden 570 Menschen deportiert, 233 starben in KZ´s. Seit zwei Jahren dürfen Rechtsextreme mit Erlaubnis unseres Innministers Matteo Salvini wieder offiziell bei uns demonstrieren. Eine Beleidigung aller Opfer. Und angesichts heute erneut zu Nummern und Statistiken anonymisierter Menschen auf Flüchtlingsbooten eine eindringliche Mahnung, in welche fatale Richtung wir uns wieder bewegen!" Als starkes Symbol wurden stellvertretend für alle Opfer die Häftlingsnummern einiger Gusener Lagerinsassen mit deren Namen überklebt und den Menschen so ihre Identität zurückgegeben, ehe die Tafeln von Jugendlichen in die Gedenkstätte getragen wurden.
Mahnung zu Humanität auch in Mauthausen
Demütigung, Raub der Identität, Degradierung zu Individuen letzter Klasse, Missbrauch von Migranten und Flüchtlingen als Feindbilder, neuer Nationalismus und die zum Sturm auf europäische Werte blasende rechte Parteienallianz, auch unter österreichischer Beteiligung: Das Thema prägt die sonntägliche große Gedenkfeier mit rund 9.000 Teilnehmern im KZ Mauthausen. Bischof Manfred Scheuer warnte beim ökumenischen Gottesdienst davor, Menschen, die „anders sind", zu verachten. Das stehe an der Wurzel von Terror und Barbarei. Die SP-Nationalrätin und gedenkpolitische Sprecherin Sabine Schatz aus Ried wies auf die "vielen kleinen Anfänge" hin. Terror hätte nicht erst in Mauthausen oder Auschwitz begonnen. Wenn heute die Pressefreiheit angegriffen würde, Minister sich über den Rechtsstaat stellten, Menschen zu Tieren degradiert und bewusst rechtsextreme Sprachmuster verwendet würden, dann müssten in Europa wie bei uns die Alarmglocken läuten. LH Thomas Stelzer sah es in seiner Wortmeldung als persönliche Aufgabe, alles dafür zu tun, dass Oberösterreich ein Land der Weltoffenheit und der Toleranz bleibt und Extremismus unterbindet.Radikale Ideologien stellten für unser Land eine Gefahr dar und hätten in einer freien und liberalen Gesellschaft keinen Platz.
Die nachfolgenden Bilder zeigen Impressionen der Gedenkveranstaltungen beim Stollensystem Bergkristall am 3.Mai und am Memorial des KZ Gusen am 4. Mai.
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